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News: Die frühe Welt der RNA

War es nun das Ei oder die Henne? Die Frage, wer zuerst da war, gestaltet sich für Evolutionsforscher, die dem Anfang des Lebens auf der Spur sind, noch komplizierter. Statt zwei gibt es gleich drei mögliche Kandidaten um den ersten Platz: Fing das Leben mit DNA, RNA oder Proteinen als wichtigstem Molekül an? Die Hinweise häufen sich zugunsten der RNA. Sie kann nicht nur Informationen speichern, sondern auch chemische Reaktionen katalysieren. Und sie vermag den Übergang zur Welt der Proteine selbst zu vermitteln, indem sie mehrere Aminosäuren gezielt aneinanderheftet. Einer neuen Studie zufolge können geeignete RNA-Moleküle die zwischengeschalteten Transport-RNAs selbst mit Aminosäuren bestücken.
In heutigen Zellen herrscht strikte Arbeitsteilung: Die DNA ist der Langzeitspeicher für die genetische Information, als "Arbeitspferde" fungieren die Proteine, und die RNA wirkt als Zwischenglied. Muß ein bestimmtes Protein synthetisiert werden, macht die Zelle eine RNA-Kopie von dem entsprechenden DNA-Abschnitt. An diese sogenannte mRNA (für messenger RNA) binden tRNAs (für transfer RNA), an deren Ende Aminosäuren sitzen. Abhängig von dem genetischen Code auf der mRNA paßt stets nur eine spezifische tRNA mit der dazugehörigen Aminosäure an die nächste freie Stelle. Hat diese ihren Platz eingenommen, wird das schon produzierte Teilprotein an die neue Aminosäure gebunden, bis Schritt für Schritt das neue Protein vollständig ist.

Die Beladung der tRNA mit frischen Aminosäuren stellt einen wesentlichen Schritt des Prozesses dar. Normalerweise stellen Enzyme die Verbindung her, doch der Biochemiker Hiroaki Suga von der State University of New York in Buffalo glaubte, RNA-Moleküle mit enzymatischen Eigenschaften – die Ribozyme – müßten dazu auch in der Lage sein. Mit seinen Kollegen machte er sich auf die Suche nach einem kompetenten Ribozym. Die Forscher erstellten unterschiedliche RNA-Sequenzen, die sie im Reagenzglas mutieren ließen und einer künstlichen Evolution unterwarfen: Nur jene RNAs, die bestimmte Bedingungen erfüllten, durften sich vermehren. Am Ende einer langen Kette von zufälligen Veränderungen und strenger Selektion entstand schließlich ein RNA-Molekül, daß die aktivierte Aminosäure Glutamin binden und auf die korrekte Position der zugehörigen tRNA übertragen kann (Nature Structural Biology vom Januar 2000).

Die Synthese verläuft noch sehr ineffizient – nur fünf Prozent der tRNA erhielten im Experiment tatsächlich ein Molekül Glutamin –, doch die Aminosäure befand sich sehr genau an der richtigen Stelle. Damit hat Suga gezeigt, daß zumindest prinzipiell RNAs früher einmal Aufgaben durchgeführt haben könnten, die dann von Proteinen übernommen wurden, die sie selbst produziert haben.

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