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Objekt des Monats: NGC 1637 – Geheimtipp am Winterhimmel

Das Sternbild Orion zieht mit seinen Nebeln am Winterhimmel alle Blicke auf sich, so dass man leicht die lohnenden Objekte in seiner Nachbarschaft übersieht. So können wir im angrenzenden Sternbild Eridanus bereits unerwartet tief in den extragalaktischen Raum blicken. Die Galaxie NGC 1637 gehört zu den Objekten, die zu Unrecht eher wenig Beachtung finden.
Komposition aus drei Bildern, die den offenen Sternhaufen Trumpler 14, den Kugelsternhaufen Messier 15 und die Galaxie NGC 2276 zeigt.
Jeden Monat stellen wir ein kosmisches Objekt vor, das sich mit Amateurmitteln beobachten lässt. Das kann ein Sternhaufen oder Planetarischer Nebel in unserem Milchstraßensystem oder eine weit entfernte Welteninsel sein. Diesen Monat steht die Galaxie NGC 1637 im Mittelpunkt.

Die Galaxie NGC 1637 befindet sich im nördlichsten Bereich des sich weit nach Süden erstreckenden Sternbilds Eridanus (siehe SuW 12/2022, S. 54). Damit steht sie in unseren Breiten noch nicht zu tief am Firmament und überrascht Beobachter, die sich abseits des Orions auf Galaxienpirsch begeben. Sie ist zwar nur 10,8 mag hell, mit einer Größe von ungefähr 4,0 × 3,2 Bogenminuten jedoch vergleichsweise kompakt, so dass sie sich recht gut von einem dunklen Himmel abhebt.

Erste Beobachtungen

William Herschel entdeckte NGC 1637 am 1. Februar 1786 und beschrieb ihren Anblick in seinem 18,7-Zoll-Reflektor wie folgt: »Ziemlich hell, sehr groß, unregelmäßig rund, heller in der Mitte, leicht auflösbar, fünf oder sechs Bogenminuten Durchmesser.« In Herschels Terminologie bedeutete »leicht auflösbar« nicht unbedingt ein Erkennen von einzelnen Sternen, sondern allgemein die Sichtbarkeit von Strukturen. Diese Art von unregelmäßiger Helligkeitsverteilung über der Galaxienscheibe wird im englischen Beobachterjargon heute als »mottling« bezeichnet, was mit »fleckig« oder »gesprenkelt« übersetzt werden kann.

William Herschels Sohn John beschrieb das Objekt im Jahr 1827 sehr ähnlich, ohne jedoch auf die Natur dieses nebelhaften Objekts hinzuweisen. Es war dann der irische Astronom Lord Rosse, der 1848 vermutete, dass es sich um eine Spiralgalaxie handelt. Gemeinsam mit seinem Assistenten beobachtete er NGC 1637 mehrfach in Birr Castle durch sein für die damalige Zeit sehr großes Spiegelteleskop mit rund 1,8 Meter Öffnung. Dennoch blieben Lord Rosse Zweifel an der Spiralstruktur. Beispielsweise notierte er am 26. Dezember 1856: »Habe den starken Verdacht, dass es eine rechtsdrehende Spirale ist, aber die Ausläufer des Nebels sind sehr schwach.«

Mit oder ohne Balken?

Aufnahmen im visuellen Spektralbereich zeigen bei NGC 1637 zwar keinen auffälligen Balken, es gibt allerdings einen geraden Staubstreifen auf der Südostseite der Kernregion. Dies führte in den letzten Jahren zu einer Klassifikation als Balkenspirale. Einige Astronomen verorten sie indes eher bei den gemischten Balkenspiralen, also Mischtypen aus regulären Spiralgalaxien und Balkenspiralen. Im 20. Jahrhundert wurde NGC 1637 dagegen noch als reine Spiralgalaxie mit weit geöffneten Armen angesehen. Ihre Entfernung beträgt ungefähr 38 Millionen Lichtjahre, wobei die in zahlreichen Arbeiten bestimmten Werte von etwa 24 bis 58 Millionen Lichtjahre reichen. Die meisten Berechnungen basieren auf Beobachtungen von Cepheiden – veränderlichen Sternen, deren absolute Helligkeit unabhängig bestimmt werden kann – sowie auf Untersuchungen der Supernova SN 1999em, die am 29. Oktober 1999 in NGC 1637 aufleuchtete. Mit dieser Entfernung hätte die Galaxie einen wahren Durchmesser von zirka 40000 Lichtjahren und wäre weniger als halb so groß wie unser Milchstraßensystem, vergleichbar mit der Dreiecksgalaxie Messier 33 in der Lokalen Gruppe.

Im inneren Bereich zeigt NGC 1637 eine symmetrische Struktur mit zwei Armen, während sich weiter außen nur ein Arm über 180 Grad auf der Ostseite nach Norden windet. Das Fehlen eines Pendants auf der gegenüberliegenden Seite verleiht der Galaxie ein asymmetrisches Erscheinungsbild (siehe »Aus zwei mach eins«). Des Weiteren ist die Galaxienscheibe im Nordosten ihres Zentralbereichs ausgedehnter und besitzt dort eine höhere Flächenhelligkeit. Dieses eher atypische Aussehen – verbunden mit der geringen Flächenhelligkeit der äußeren Strukturen – mag der Grund sein, aus dem der erfahrene Beobachter Lord Rosse stets ein wenig an der Spiralform zweifelte.

Aus zwei mach eins | Das Bild zeigt einen kleinen Ausschnitt aus einer Aufnahme, die Gerald Rhemann am 11. März 2023 in Namibia erstellt hat. Dort fotografierte er eigentlich den Kometen C/2023 E3 ZTF (außerhalb des Ausschnitts), der an NGC 1637 vorbeizog. Man erkennt die symmetrische Struktur der Galaxie mit zwei Armen im Innenbereich sowie den weiter außen liegenden einzelnen Arm. Gerald Rhemann benutzte einen 30,5-Zentimeter-Astrografen (f/3,6) von ASA mit einer Astrokamera ZWO ASI 6200MM Pro und belichtete insgesamt 34 Minuten, wobei er LRGB-Filter verwendete.

Der Anblick im Teleskop

Das Aufsuchen von NGC 1637 bei den Koordinaten α = 04h 41,5m, δ = –02° 51’ ist verhältnismäßig einfach (siehe »Nah am Himmelsjäger«): Die Galaxie steht etwas nördlich der Mitte zwischen den rund 4 mag hellen Sternen My Eridani (μ Eri) und Ny Eridani (ν Eri). Im 13-Zentimeter-Refraktor zeigen sich zwei 10 mag helle Sterne 7 Bogenminuten nördlich und 6,5 Bogenminuten südsüdöstlich von ihr. Der teleskopische Anblick bestätigt zugleich, dass diese Galaxie für ein 50-Millimeter-Fernglas zu anspruchsvoll ist.

Nah am Himmelsjäger | Im nördlichsten Teil des Sternbilds Eridanus, nur ein Grad westlich der Grenze zum Orion, befindet sich die Spiralgalaxie NGC 1637. Das Dreieck aus den Sternen My Eridani, Ny Eridani und 51 Eridani kann beim Aufsuchen hilfreich sein.

Bei der zum Aufsuchen verwendeten Vergrößerung von etwa 20-fach zeigt sich NGC 1637 im 130-Millimeter-Refraktor als sehr kleiner, von Nordosten nach Südwesten ausgerichteter Nebelfleck (siehe »Eine ungewöhnliche Spirale«). Das Zentrum erscheint wenig verdichtet, und das Feld wirkt überraschend sternreich. Eine 55-fache Vergrößerung offenbart einen 11 mag hellen Stern 2,5 Bogenminuten nordöstlich des Zentrums. Der Halo von NGC 1637 reicht nicht ganz bis zu diesem Vordergrundstern, aber es wird klar, dass das bei 20-facher Vergrößerung wahrgenommene längliche Aussehen der Galaxie teilweise auf ihn zurückzuführen ist.

Eine ungewöhnliche Spirale | Michael Fritz erstellte diese Zeichnung des visuellen Eindrucks der Galaxie NGC 1637 nach Beobachtungen bei Vergrößerungen von 20- bis 150-fach. Das Gesichtsfeld durchmisst 15 Bogenminuten. Norden ist oben.

Michael Fritz sieht die Galaxie bei 55-facher Vergrößerung 2,5 bis 3 Bogenminuten groß, leicht oval in Richtung Nordnordost nach Südsüdwest, jedoch ohne einen klar definierbaren Umriss. Bei 90-facher Vergrößerung und mit viel Geduld schälen sich dunklere Gebiete im Halo heraus, am deutlichsten im Nordosten. Eine 150-fache Vergrößerung erweist sich auf Grund der eher geringen Flächenhelligkeit bereits als schwierig. Einen wirklichen Kern kann Michael Fritz nicht ausmachen, blickweise erscheint allerdings eine geringfügig hellere, 0,5 Bogenminuten große zentrale Region. Deren Längsachse scheint etwas gegen die Hauptachse des Halos verkippt zu sein und sich von Ostnordost nach Westsüdwest zu erstrecken. Ein sehr schwacher Stern liegt ein wenig außerhalb des Halos im Westnordwesten.

Zu Redaktionsschluss waren lediglich zwei Fotos von NGC 1637 in unserer Online-Bildergalerie. Falls wir Sie überzeugen konnten, dass die Galaxie ein interessantes Beobachtungsobjekt ist und Sie die Chance zum Fotografieren ergreifen, freuen wir uns auf Ihre Einsendungen unter www.spektrum.de/leserbilder/astronomie/.

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