Galaktische Jets: Die Gasstrahlen massereicher Schwarzer Löcher
Mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array ALMA in Chile gelangen zwei Astronomenteams Einblicke in die Entstehung riesiger Gasstrahlen, der so genannten galaktischen Jets, die in der Nähe der zentralen massereichen Schwarzen Löcher innerhalb von Galaxien freigesetzt werden. Ein Team um Francoise Combes vom Observatoire de Paris nahm die aktive Galaxie NGC 1433 unter die Lupe, während die Forscher um Ivan Marti-Vidal vom schwedischen Onsala Space Observatory das weit entfernte Objekt PKS 1830-211 untersuchten.
Mit der rund 32 Millionen Lichtjahre von uns entfernten Welteninsel NGC 1433 im südlichen Sternbild Pendeluhr wählten die Astronomen um Combes ein vergleichsweise nahes Objekt und machten sich somit die hohe räumliche Auflösung von ALMA im Bereich der Submilimeterwellen zu Nutze. Die bei den Beobachtungen entstandenen Karten erreichen eine Auflösung von einer halben Bogensekunde pro Bildpunkt, was in der Entfernung von NGC 1433 einer Ausdehnung von nur 78 Lichtjahren entspricht.
Zu ihrer Überraschung stießen Francoise Combes und ihre Koautoren auf eine ausgeprägte Spiralstruktur im molekularen Gas im Zentralbereich von NGC 1433. Sie verdeutlicht, wie das Gas auf das zentrale Schwarze Loch zuströmt und sein unmittelbares Umfeld erreicht. Zudem zeigen sich auf den Bildern von ALMA zwei Gasstrahlen, die mit rund 200 Kilometer pro Sekunde vom Schwarzen Loch wegstreben und je nur etwa 150 Lichtjahre lang sind. Derart kleine Strukturen wurden bislang in keiner Galaxie außerhalb unseres Milchstraßensystems beobachtet. Die Forscher vermuten, dass diese Gasstrahlen der innerste und schnellste Teil eines großen Materieausstroms sind. Durch diesen werden rund sieben Sonnenmassen pro Jahr aus der aktiven Galaxie ausgeworfen.
Mit einer Rotverschiebung von z = 2,5 ist die Strahlung, die uns von PKS 1830-211 erreicht, rund elf Milliarden Jahre alt. Sie stammt aus einer Zeit, als unser Universum nur rund ein Fünftel seines heutigen Alters aufwies. Das Objekt ist also eine junge Galaxie, die noch sehr aktiv und hell ist. Zudem wird ihre Strahlung von einer Gravitationslinse abgelenkt und verstärkt, so dass wir von ihr zwei Bilder am Himmel sehen. Die Gravitationslinse entsteht durch die Schwerkraft einer massereichen Galaxie, die im Vordergrund und zufällig direkt in der Sichtlinie steht.
Bei ihren Beobachtungen mit ALMA waren die Astronomen um Ivan Marti-Vidal zufällig Zeuge, wie eine größere Menge an Materie das zentrale Schwarze Loch erreicht und dabei hell aufleuchtet. Mit ALMA lassen sich beide Bilder von PKS 1830-211 als solche erkennen, aber keine Strukturen innerhalb von ihnen. Bei den Messungen über einen längeren Zeitraum hinweg zeigte sich, dass die Gesamthelligkeit beider Bilder gleichzeitig um bis zu 30 Prozent variieren kann. Dabei zeigen sich feine Unterschiede in Farbe und Intensität bei den beiden Bilder der Galaxie. Aus diesen konnten die Forscher Rückschlüsse auf die dort vorhandenen Strukturen ziehen. Als PKS 1830-211 plötzlich heller wurde, überprüften die Astronomen um Marti-Vidal, ob sich dieses Ereignis auch in anderen Wellenlängenbereichen widerspiegelte. Tatsächlich fing das Large Area Telescope LAT auf dem Gammastrahlensatelliten Fermi der NASA ein deutliches Signal auf, das auf energiereiche Vorgänge in PKS 1830-211 hinweist.
Diese Ergebnisse sind nur ein Vorgeschmack dessen, was ALMA im Vollbetrieb zu leisten vermag. Zum Zeitpunkt der Beobachtungen war nur ein Bruchteil der insgesamt 64 Antennen einsatzbereit. Nun sind alle Antennen aufgebaut und werden nach und nach in das System integriert. Damit steigen Empfindlichkeit und räumliche Auflösung beträchtlich an, so dass man auf die Ergebnisse gespannt sein darf.
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