News: Die Grenzen des Wachstums
Tim Karels und Rudy Boonstra von der University of Toronto in Scarborough haben sich die kleinen Nagetiere näher angeschaut. Um den Einfluss von Nahrung und Räubern auf die Lebensgemeinschaft zu testen, untersuchten sie vier verschiedene Populationen: Die erste Gruppe war vor Räubern durch einen elektrischen Zaun geschützt, die zweite wurde regelmäßig gefüttert, die dritte erhielt gleichzeitig Schutz vor Räubern und Futter und die vierte diente – ohne diese Vorzüge – als Kontrollgruppe.
Die bevorzugten Populationen nahmen daraufhin stark zu. Der Räuberausschluss hatte dabei die geringste Wirkung, die Population verdoppelte sich "nur". Die gefütterte Gruppe verzehnfachte sich, genossen die Ziesel beide Vorzüge, dann vermehrten sie sich um das Zwanzigfache (Nature vom 23. November 2000).
Jetzt wollten die Forscher wissen, was passiert, wenn sie wieder Räuber zuließen und die Fütterungen einstellten. "In den Populationen mit hoher Dichte – die auftrat, als die Ziesel sowohl Schutz als auch Futter hatten – beobachteten wir zuerst, dass die Weibchen die Reproduktion stoppten," erzählt Karels. "Sie wurden trächtig, unterbrachen aber die Reproduktion irgendwann zwischen Trächtigkeit und dem Zeitpunkt, bei dem die Jungen normalerweise nach der Entwöhnung aus dem Bau auftauchen." Offensichtlich unterbrechen die Weibchen die Fortpflanzung, um so ihre eigene Überlebenschancen bei den härter gewordenen Bedingungen zu steigern. "Tiere können ihre Reproduktionsrate in Abhängigkeit von bestimmten Umweltbedingungen steuern", erläutert der Forscher weiter, "und eine dieser Umweltbedingungen ist die Populationsdichte." Mit Hilfe dieser dichteabhängigen Regulation ihrer Fortpflanzung schaffen es die Ziesel, starke Populationsschwankungen durch zufällige Ereignisse – wie strenge oder milde Winter – zu dämpfen. Doch auch diese Selbstregulation schützt die Zieselpopulationen nicht vor starken Schwankungen. Nachdem eine Gruppe ihr Areal fast kahl gefressen hatten, überlebten 93 Prozent der scheinbar gesunden Tiere den nächsten Winterschlaf nicht. Wahrscheinlich reichte das angefressene Fettpolster für die Überwinterung nicht aus.
"Keine Population wächst ohne Grenzen", fasst Boonstra die Ergebnisse zusammen. "Die zentrale Frage der Populationsökologie ist: Was reguliert ihre Zahl? Und die Antwort ist oft: Die Population selbst."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 13.3.2000
"Ein Gesetz für die Natur"
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