Paläogenetik: Die Gruft der vielen Tuberkulosestämme
Die tödlichen Stämme des Tuberkulose-Erregers entstanden vor Jahrtausenden wohl in Ostasien, waren zur Römerzeit längst nach Europa gelangt und veränderten sich hier im Mittelalter weiter. Spätestens im 18. Jahrhundert, dem Höhepunkt einer neuen Welle von Massenausbrüchen, kursierten in Europa dann mehrere unterschiedliche Stämme von Mycobacterium tuberculosis, berichten nun Forscher, nachdem sie 26 Mumien von vor Jahrhunderten verstorbenen Tbc-Opfern auf alte Genspuren der Keime hin durchleuchtet haben. Die in einer Gruft der Dominikanerkirche von Vác in Ungarn bestatteten Körper waren zwischen 1745 und 1808 beerdigt worden. Acht von ihnen waren einst an Tbc erkrankt und fünf mit mindestens zwei verschiedenen Genotypvarianten des Erregers infiziert.
Dabei waren die Stämme des 18. Jahrhunderts allerdings verwandt: Alle gehörten zur so genannten Stammlinie 4 des Erregers, die in Europa, Amerika und Teilen Afrikas kursiert und der schon in der römischen Antike bekannten Keimlinie entstammt. Auch heute noch gehen rund eine Million Tuberkuloseopfer pro Jahr auf das Konto dieses Stamms des Erregers. Mindestens sechs weitere Linien sind in anderen Teilen der Welt vertreten, vor allem in Asien.
In der Gruft fanden sich auch die Mumien einer Mutter und ihrer Tochter: Die hier bestattete Terézia Hausmann war das Kind von Anna Schöner, die 1793 gestorben war. Zur Überraschung der Forscher konnten in beiden Körpern die exakt identischen zwei Tuberkulosesubstämme nachgewiesen werden: Wahrscheinlich kursierte der Keimmix im Haushalt und wurde so weitergegeben, vermuten die Forscher. Unmittelbar tödlich kann er aber nicht gewesen sein, denn Frau Hausmann verstarb 28-jährig erst vier Jahre nach ihrer Mutter.
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