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Ungewöhnliches Massengrab: Die Hinrichtungen von Halberstadt

Neun Skelette in einer Grube deuten auf einen gescheiterten Überfall. Wurde hier vor 7000 Jahren eine Räuberbande exekutiert?
Menschlicher Schädel im Sand

Ein jungsteinzeitliches Massengrab im Süden von Halberstadt gibt Rätsel auf: Die neun enthaltenen Leichen stammen fast ausschließlich von erwachsenen Männern, die vermutlich brutal hingerichtet wurden. Wie die Arbeitsgruppe um Christian Meyer vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt berichtet, starben alle Opfer durch einen gezielten Schlag meist auf den Hinterkopf und wurden anschließend verscharrt. Massaker und Massengräber sind aus jener Epoche vor etwa 7000 Jahren einige bekannt, doch in den meisten Fällen enthalten sie Männer, Frauen und Kinder aller Altersklassen. Die Opfer von Halberstadt dagegen waren sieben ortsfremde Männer zwischen 25 und 40 Jahren, ein mit 16 bis 20 Jahren jüngerer Mann und vermutlich eine Frau zwischen 21 und 26 Jahren. Wie das Ausgrabungsteam in »Nature Communications« berichtet, deutet hier alles darauf hin, dass eine Gruppe gefangener Personen fremder Herkunft kontrolliert getötet wurde.

Die 2013 bei Ausschachtungsarbeiten entdeckten Überreste lagern am Rand einer länger bekannten Siedlung der Linearbandkeramik-Kultur der Jungsteinzeit und unterscheidet sich deutlich von den 38 anderen Gräbern der Siedlung, die je ein sorgfältig beerdigtes Individuum enthielten. Die neun Opfer des Massakers dagegen wurden regellos und ohne Beigaben in ihre Grube geworfen, nachdem man ihnen die Schädel eingeschlagen hatte. Zusätzlich zeigten Analysen der verschiedenen Strontiumisotope in den Zähnen, dass die Opfer nicht aus der Region stammten – die lokale Geologie erzeugt einen Strontium-Fingerabdruck in der Nahrung, der sich in den Zähnen nachweisen lässt. Was vor etwa 7000 Jahren in Halberstadt so anders war als an den Orten anderer Massaker, ist unklar. Womöglich sieht man dort die Kehrseite jener Vorgänge, auf die andere Massengräber hindeuten: Während dort Gehöfte überfallen und ihre Bewohner abgeschlachtet wurden, konnten sich die Jungsteinzeit-Menschen von Halberstadt eventuell erfolgreich wehren – und machten mit den Angreifern anschließend kurzen Prozess.

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