Membranen: Die Kosten einer biochemischen Fusion
Ob Viren ihre betrügerische Erbsubstanz in eine Zelle einschleusen, gesunde Zellen Signalstoffe in den Körper ausschütten oder teure kosmetische Liposomen die Hautalterung aufhalten sollen - bei diesen und unzähligen anderen Vorgängen verschmelzen Membranen miteinander. Wie genau dieser wichtige Prozess abläuft, ist äußerst schwierig zu erforschen. Ein raffinierter Modellversuch verrät, wie viel Energie nötig ist, um den Ablauf überhaupt in Gang zu setzen.
In praktisch jedem Schulbuch für das Fach Biologie ist in dem Kapitel über Zellbiologie mehrfach zu lesen, dass "die Membranen miteinander verschmelzen". Will die Zelle einen Stoff nach draußen transportieren, verpackt sie ihn in eine Hülle, die an den Rand der Zelle verschoben wird, wo "die Membranen miteinander verschmelzen" und die Substanz ist freigesetzt. Viele Viren machen es umgekehrt. Sie bestehen im Wesentlichen aus Erbmaterial, das in eine schützende Membran verpackt ist. Kommt der richtige Kontakt zur Wirtszelle zustande, "verschmelzen die Membranen miteinander" und die Infektion hat begonnen. Neuerdings versuchen Mediziner den gleichen Trick: Sie füllen Wirkstoffe in Membranvesikel ein, die im Körper ihre Zielzelle suchen, und dort ... – Sie wissen schon.
Angesichts der Bedeutung fusionierender Membranen wissen Forscher erstaunlich wenig darüber, wie der vielzitierte Prozess eigentlich abläuft. Membranen in Aktion zu vermessen, ist nämlich gar nicht so einfach. Ähnlich wie Seifenblasen sind sie aus Unmengen hochbeweglicher Einzelmoleküle aufgebaut, die sich in Reih und Glied aneinandergelagert haben und eine annähernd zweidimensionale Schicht bilden. Auf der einen Seite zeigen alle diese so genannten Detergentien- oder Tensidmoleküle ihre wasserliebenden Köpfchen, auf der anderen strecken sie die fettliebenden Enden heraus. In Wasser verbinden sich schnell zwei einlagige Membranen mit den fettigen Seiten zu einer Doppelschicht, die dann nach außen hin rundherum gut mit dem Wasser harmoniert. So eine zweischichtige Membran ist die Grundlage der biologischen Membranen, die zusätzlich mit speziellen Proteinen und Zuckern ausgestattet werden.
Damit zwei doppelschichtige Membranen verschmelzen können wie kleine Seifenblasen, die sich zu einer großen vereinigen, müssen einige Teilschritte erfolgen. Zunächst müssen die beiden Membranen sich ausreichend weit einander nähern, das störende Wasser an der Kontaktstelle also verdrängen. Anschließend müssen die Tensidschichten aufbrechen, ihr Gegenstück auf der Partnermembran finden und sich mit diesen zusammenlagern. Und schließlich nimmt das frisch vereinte System eine neue geometrische Form ein. Insgesamt ein mehrstufiger Prozess, der auf jeder Ebene Energie benötigt oder abgibt.
Welche Aktivierungsenergie nötig ist, um die Fusion anzutreiben, haben Bill Hamilton vom Oak Ridge National Laboratory in Tennessee und seine Kollegen erstmals semi-experimentell ermittelt. Als Baustein für ihre Modellmembran wählten die Forscher das Tensid CPCI in einem Gemisch mit Hexanol. Fusionieren Membranen aus dieser Substanz, entstehen schwammartige Gebilde mit verzweigten Röhren und Hohlräumen. Der Ablauf des Verschmelzungsvorgangs ist jedoch der gleiche wie bei biologischen Systemen. Mit zwei Zylindern, die in entgegengesetzte Richtungen rotieren, zerriss Hamiltons Team die Membranschwämme zu Beginn der Messungen in getrennte Stücke. Nach dem Stoppen der Zylinder fusionierten die Membranen erneut, diesmal im Licht eines Lasers und abgetastet vom Strahl einer Neutronenquelle. Aus dem Streumuster, das hinter der Probe austrat, konnten die Wissenschaftler berechnen, dass eine Aktivierungsenergie von 170 Milli-Elektronenvolt die Verschmelzung möglich macht – etwa so viel wie in einer echten chemischen Bindung steckt.
Dieser Wert markiert eine untere Grenze. Die meisten anderen Membranen sind starrer als das CPCI-Exemplar und verlangen deshalb eine höhere Aktivierungsenergie. "Was leicht einzusehen ist", sagt Hamilton. "Es wäre fatal, wenn lebende Zellen aus Versehen Kanäle öffnen oder bei jedem Zusammenstoß fusionieren würden." Dennoch dürften Biochemiker und Biophysiker das Ergebnis mit großem Interesse aufnehmen. Schließlich handelt es sich um den ersten fundierte Zahlenwert auf dem Gebiet und damit um einen wertvollen Anhaltspunkt bei der Planung eigener Versuche. Und Ideen für spätere Anwendungen liefern die Bücher über Zellbiologie in übergroßer Auswahl.
Angesichts der Bedeutung fusionierender Membranen wissen Forscher erstaunlich wenig darüber, wie der vielzitierte Prozess eigentlich abläuft. Membranen in Aktion zu vermessen, ist nämlich gar nicht so einfach. Ähnlich wie Seifenblasen sind sie aus Unmengen hochbeweglicher Einzelmoleküle aufgebaut, die sich in Reih und Glied aneinandergelagert haben und eine annähernd zweidimensionale Schicht bilden. Auf der einen Seite zeigen alle diese so genannten Detergentien- oder Tensidmoleküle ihre wasserliebenden Köpfchen, auf der anderen strecken sie die fettliebenden Enden heraus. In Wasser verbinden sich schnell zwei einlagige Membranen mit den fettigen Seiten zu einer Doppelschicht, die dann nach außen hin rundherum gut mit dem Wasser harmoniert. So eine zweischichtige Membran ist die Grundlage der biologischen Membranen, die zusätzlich mit speziellen Proteinen und Zuckern ausgestattet werden.
Damit zwei doppelschichtige Membranen verschmelzen können wie kleine Seifenblasen, die sich zu einer großen vereinigen, müssen einige Teilschritte erfolgen. Zunächst müssen die beiden Membranen sich ausreichend weit einander nähern, das störende Wasser an der Kontaktstelle also verdrängen. Anschließend müssen die Tensidschichten aufbrechen, ihr Gegenstück auf der Partnermembran finden und sich mit diesen zusammenlagern. Und schließlich nimmt das frisch vereinte System eine neue geometrische Form ein. Insgesamt ein mehrstufiger Prozess, der auf jeder Ebene Energie benötigt oder abgibt.
Welche Aktivierungsenergie nötig ist, um die Fusion anzutreiben, haben Bill Hamilton vom Oak Ridge National Laboratory in Tennessee und seine Kollegen erstmals semi-experimentell ermittelt. Als Baustein für ihre Modellmembran wählten die Forscher das Tensid CPCI in einem Gemisch mit Hexanol. Fusionieren Membranen aus dieser Substanz, entstehen schwammartige Gebilde mit verzweigten Röhren und Hohlräumen. Der Ablauf des Verschmelzungsvorgangs ist jedoch der gleiche wie bei biologischen Systemen. Mit zwei Zylindern, die in entgegengesetzte Richtungen rotieren, zerriss Hamiltons Team die Membranschwämme zu Beginn der Messungen in getrennte Stücke. Nach dem Stoppen der Zylinder fusionierten die Membranen erneut, diesmal im Licht eines Lasers und abgetastet vom Strahl einer Neutronenquelle. Aus dem Streumuster, das hinter der Probe austrat, konnten die Wissenschaftler berechnen, dass eine Aktivierungsenergie von 170 Milli-Elektronenvolt die Verschmelzung möglich macht – etwa so viel wie in einer echten chemischen Bindung steckt.
Dieser Wert markiert eine untere Grenze. Die meisten anderen Membranen sind starrer als das CPCI-Exemplar und verlangen deshalb eine höhere Aktivierungsenergie. "Was leicht einzusehen ist", sagt Hamilton. "Es wäre fatal, wenn lebende Zellen aus Versehen Kanäle öffnen oder bei jedem Zusammenstoß fusionieren würden." Dennoch dürften Biochemiker und Biophysiker das Ergebnis mit großem Interesse aufnehmen. Schließlich handelt es sich um den ersten fundierte Zahlenwert auf dem Gebiet und damit um einen wertvollen Anhaltspunkt bei der Planung eigener Versuche. Und Ideen für spätere Anwendungen liefern die Bücher über Zellbiologie in übergroßer Auswahl.
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