Ausstellung: Die Kunst der Reiterkönige
Goldbesetzte Kleider, prunkvolle Trinkhörner - das nomadische Reitervolk der Skythen versammelte nicht nur aggressive Eroberer, sondern auch begabte Goldschmiede und Kunsthandwerker. Eine umfassende Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe bietet Einblicke in eine vergangene Zeit.
Lange, rotblonde Haare fallen dem Mann aus dem mittelasiatischen Altai-Gebirge über die Schulter. Am Hinterkopf hat er sie zu mehreren Zöpfen geflochten, die Stirn wird von einem Haarpony verdeckt. Beinahe friedlich liegt er da, die Beine leicht angewinkelt, den nackten Körper nur von einer kunstvollen Schultertätowierung bedeckt – und einem grazilen Stoff, den ihm die Kuratoren des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe dezent über die Hüfte drapiert haben. Denn die schmale Gestalt im abgedunkelten Glaskasten ist eine Eismumie aus dem rätselhaften Reitervolk der Skythen, das zwischen dem 8. und 3. Jahrhundert v. Chr. die Geschichte des eurasischen Steppenraumes prägte. Und seit dem 15. Februar ist er auch das zentrale Schaustück einer Ausstellung über sein Volk.
Eroberer mit Liebe zur Kunst
Tierornamente prägten die skythische Kultur
Solche aus Gold geschlagenen Tierstatuen oder Tierreliefs sind das Markenzeichen der Skythen. Pferde, Panther oder Steinböcke, Fische, Vögel oder Hirsche – es gibt kaum ein Tier des Steppenraumes, das die Nomaden nicht in Gold gebannt haben. Auch die mythischen Greife, die der Ausstellung den Namen geben, finden sich in ihrem Repertoire. Der so genannte Tierstil der Skythen ist auf allen ihren Relikten zu finden. Das Hamburger Museum zeigt prachtvoll verzierte Dolche, Halsketten oder Trinkhörner, aber auch goldbesetzte Trensen oder Goldfäden, die um den Schweif der Pferde gewickelt wurden.
Eislinsen konservierten antike Artefakte
Neben den zahlreichen beeindruckenden Goldfunden aus den Königsgräbern der Skythen wirken die wahren Höhepunkte der Ausstellung beinahe unscheinbar. Denn hinter dicken dunkelblauen Vorhängen warten in mehreren stark gekühlten Räumen zahlreiche Alltagsgegenstände der Skythen aus weitaus vergänglicherem Material: aus Stoffen, Holz und Leder. Hier finden sich gemusterte Stoffreste, Kleider aus Seide, eine mit Applikationen besetze Satteldecke und zahlreiche Utensilien für den Pferdefreund – alles ebenso kunstvoll verziert wie die Schmückstücke aus Gold.
Wie das Leben in der kargen Steppenlandschaft vor über zweitausend Jahren gewesen sein muss, verdeutlichen die Kuratoren zudem mit einer Fernseh-Dokumentation über Mittelasien, welche die Weite der Landschaft und die rauen Bedingungen dort auch ohne Ton anschaulich vermitteln kann. Mit diesen Eindrücken im Kopf fällt es leicht, der enormen Fülle an Artefakten bis in den mitteleuropäischen Raum zu folgen, wo sich skythische und europäische Kultur zu vermengen begannen. Eine beeindruckende Zusammenstellung, die sich dem Reitervolk der Skythen auf eindringliche Weise zu nähern vermag – ihm die Rätselhaftigkeit aber dennoch nicht nehmen kann.
"Königsgräber der Skythen. Im Zeichen des Goldenen Greifen" heißt die Schau, die bis zum 25. Mai im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe präsentiert wird. Mehr als 6000 Originale haben die Kuratoren zusammengetragen, um sich so dem Reitervolk aus Mittelasien zu nähern, von dem der griechische Geschichtsschreiber Herodot einst schrieb, dass ihm niemand entrinnen könne, es selbst jedoch nicht zu fassen sei – weil die Skythen ihre Wohnstätten mit sich führten und als Bogenschützen zu Pferde nahezu unbezwingbar seien.
Eroberer mit Liebe zur Kunst
Doch die Skythen waren nicht nur meisterhafte Eroberer, die in ihrer Blütezeit von Südsibirien aus bis nach Mitteleuropa vordrangen. Zahlreiche Funde aus den Königsgräbern des Nomadenvolkes zeugen auch von den ungewöhnlichen kunsthandwerklichen Fertigkeiten der Bogenschützen. Denn in den Hügelgräbern, die zwischen China und Russland als leichte Erhöhungen in der Steppe emportreten, fanden Archäologen sagenhafte Schmuckstücke und Haushaltsgegenstände aus Gold – so filigran gearbeitet, dass einem auch heute noch der Atem stockt, wenn man die teilweise winzigen Stücke betrachtet.
Tausende dieser Arbeiten hat die Hamburger Ausstellung zusammengetragen und auch in ihrer Bedeutung recherchiert. Sie sind bis auf wenige antike Quellen das einzige, was von dem reisenden Volk Zeugnis ablegen kann, denn eine Schriftsprache ist von den Skythen nicht überliefert. Die Besucher müssen daher mit Artefakten begnügen – diese jedoch sind mehr als beeindruckend.
So zeigen die Kuratoren in Hamburg etwa eine Rekonstruktion der Kleider eines Fürstenpaares aus der autonomen Republik Tuwa, das 600 v. Chr. in einem der so genannten Kurgan-Hügelgräber bestattet wurde. Ihre leuchtend roten Kleider aus gegerbtem Leder und Filz sind über und über mit winzigen Panthern und Ebern aus Gold besetzt. Auf der spitzen Filzkappe des Fürsten prangen Hirsche und Pferde aus Goldblech, und sogar der asymmetrische Bogen des Mannes sowie der Dolch der Fürstin sind mit goldenen Applikationen besetzt.
Tierornamente prägten die skythische Kultur
Solche aus Gold geschlagenen Tierstatuen oder Tierreliefs sind das Markenzeichen der Skythen. Pferde, Panther oder Steinböcke, Fische, Vögel oder Hirsche – es gibt kaum ein Tier des Steppenraumes, das die Nomaden nicht in Gold gebannt haben. Auch die mythischen Greife, die der Ausstellung den Namen geben, finden sich in ihrem Repertoire. Der so genannte Tierstil der Skythen ist auf allen ihren Relikten zu finden. Das Hamburger Museum zeigt prachtvoll verzierte Dolche, Halsketten oder Trinkhörner, aber auch goldbesetzte Trensen oder Goldfäden, die um den Schweif der Pferde gewickelt wurden.
Die Pferde nahmen bei den Skythen eine zentrale Stellung ein. Sie zierten zahlreiche Gegenstände, die Kleidung und sogar die Haut des Reitervolkes: Männer und Frauen trugen kunstvolle Tätowierungen, in denen naturgetreue Abbildungen von Tier- und Pflanzenwelt in komplexe Ornamente überführt wurden. Auch die Eismumie aus dem Altai-Gebirge zwischen Russland, der Mongolei, China und Kasachstan trug auf ihrer Schulter ein galoppierendes Pferd. Die Vierbeiner waren den Skythen so wichtig, dass sie ihnen sogar bis ins Grab folgten: 600 Tiere fanden Archäologen in einem der Kurgane, angeordnet um das Grab des bestatteten Fürsten.
Eislinsen konservierten antike Artefakte
Neben den zahlreichen beeindruckenden Goldfunden aus den Königsgräbern der Skythen wirken die wahren Höhepunkte der Ausstellung beinahe unscheinbar. Denn hinter dicken dunkelblauen Vorhängen warten in mehreren stark gekühlten Räumen zahlreiche Alltagsgegenstände der Skythen aus weitaus vergänglicherem Material: aus Stoffen, Holz und Leder. Hier finden sich gemusterte Stoffreste, Kleider aus Seide, eine mit Applikationen besetze Satteldecke und zahlreiche Utensilien für den Pferdefreund – alles ebenso kunstvoll verziert wie die Schmückstücke aus Gold.
Dass die mehr als zweitausend Jahre alten Funde so gut erhalten sind, verdanken sie dem Klima der Tundra: In vielen der Hügelgräber bildeten sich durch Wassereinlagerungen Eislinsen, die wegen der niedrigen Temperaturen nicht wieder auftauten – und so die Grabbeigaben aufs Beste konservierten. Auf diese Weise blieben auch einige Kleidungsstücke erhalten, die den Archäologen tiefe Einblicke in die Kultur der Skythen erlauben: Meterlange Filzstrümpfe etwa, die gegen die beißende Kälte schützten – und Röcke und Hosen, die so groß sind, dass gleich zwei Menschen hinein passen würden.
Wie das Leben in der kargen Steppenlandschaft vor über zweitausend Jahren gewesen sein muss, verdeutlichen die Kuratoren zudem mit einer Fernseh-Dokumentation über Mittelasien, welche die Weite der Landschaft und die rauen Bedingungen dort auch ohne Ton anschaulich vermitteln kann. Mit diesen Eindrücken im Kopf fällt es leicht, der enormen Fülle an Artefakten bis in den mitteleuropäischen Raum zu folgen, wo sich skythische und europäische Kultur zu vermengen begannen. Eine beeindruckende Zusammenstellung, die sich dem Reitervolk der Skythen auf eindringliche Weise zu nähern vermag – ihm die Rätselhaftigkeit aber dennoch nicht nehmen kann.
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