Weltraumschrott: Die letzten Stunden des Röntgensatelliten Rosat
Am Wochenende ist es so weit: Der ausgediente Röntgensatellit Rosat wird unkontrolliert in die Erdatmosphäre eintreten und - zumindest teilweise - verglühen.
![Der Röntgensatellit Rosat Der Röntgensatellit Rosat](https://static.spektrum.de/fm/912/f2000x857/%20RosatWerbe.jpg)
© EADS Astrium (Ausschnitt)
© EADS Astrium (Ausschnitt)
Der Röntgensatellit Rosat | Von 1990 bis 1999 aktiv war der deutsche Röntgensatellit Rosat. Nun steht sein Wiedereintritt in die Erdatmosphäre unmittelbar bevor, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt rechnet damit, dass der Satellit am 22. oder 23. Oktober 2011 abstürzt, wobei Trümmer die Erdoberfläche erreichen werden.
Am 22. Oktober wird der Satellit noch dreimal über Deutschland hinwegziehen, gegen 13:34, 15:06 und 16:37 Uhr MESZ. Den wahrscheinlichsten Absturztermin geben verschiedene Quellen übereinstimmend mit dem Vormittag des 23. Oktober an. Allerdings beträgt die Unsicherheit der Prognosen rund 10 Stunden. Das macht es auch schwierig, den Absturzort vorherzusagen, denn Rosat umrundet in knapp 90 Minuten einmal den gesamten Erdglobus.
Update 1 vom 22.10.2011, 19.30 Uhr: Aktualisierte Prognosen für den Absturzzeitpunkt von Rosat schwanken nun zwischen 4.30 Uhr MESZ und 15.30 Uhr MESZ am 23. Oktober. Im ersten Bereich dieses Zeitfensters fliegt Rosat hauptsächlich über die Ozeane, so dass ein Absturz über bewohntem Gebiet sehr unwahrscheinlich ist. Europa wäre dann außerhalb der Risikozone. Im zweiten Teil des Zeitfenster wären noch zwei Überflüge über Deutschland möglich: Gegen 12.54 Uhr MESZ (etwa auf der Linie Bad Bergzabern – Bamberg) und gegen 14.25 Uhr MESZ (entlang einer Linie vom Emsland nach Schwedt/Oder).
Update 2 vom 22.10.2011, 23.30 Uhr: Das DLR veröffentlichte um 22.00 Uhr eine aktuelle Prognose, die den erwarteten Wiedereintrittszeitpunkt von Rosat auf die Zeitspanne zwischen 1.30 Uhr MESZ und 7.00 Uhr MESZ am 23. Oktober einengt. In dieser Zeit führt die Bahn von Rosat nicht über Europa, sondern hauptsächlich über die Weltmeere sowie über Teile des amerikanischen Doppelkontinents, Afrika und Asien.
Rosat hat eine Masse von insgesamt 2,4 Tonnen. Das DLR schätzt, dass rund 1,7 Tonnen davon die Gluthitze des Wiedereintritts überstehen und in rund 30 Trümmerstücken zur Erde fallen werden. Der größte Teil davon dürfte auf die so genannte Wolter-Optik zur scharfen Abbildung von Röntgenstrahlung entfallen. Sie besteht überwiegend aus der hitzebeständigen Glaskeramik Zerodur. Auch die Strukturteile, welche die Wolter-Optik zusammenhalten, sind recht robust. DLR-Experten vermuten, dass die größten Trümmerstücke 400 Kilogramm wiegen könnten. Sollte allerdings der aus vier ineinandergeschichteten Segmenten bestehende Spiegel intakt bleiben, betrüge die Masse 1,6 Tonnen. Da die Trümmer mit einer geschätzten Geschwindigkeit von 400 Kilometern pro Stunde auf die Erdoberfläche auftreffen, entspräche die Bewegungsenergie eines 400 Kilogramm schweren Teils derjenigen eines Formel-1-Rennwagens in voller Fahrt. Größere Schäden sind also nicht zu erwarten, selbst wenn die Trümmerstücke über bewohntem Gebiet niedergehen sollten. Bisher sind noch nie Menschen beim Absturz von Weltraumschrott zu Schaden gekommen, obwohl mehrmals pro Jahr Stücke von Satelliten oder Raketen zurück auf die Erde fallen.
Die Gefahr, dass Personen durch Rosat zu Schaden kommen, liegt laut DLR bei 1:700 000. Sollten wider Erwarten weltweit dennoch Menschen oder Sachwerte leiden, so haftet die Bundesregierung dafür in voller Höhe. Schon in den 1960er Jahren wurde in einem Grundlagenvertrag über die Weltraumfahrt international festgelegt, dass jede Regierung für eventuelle Schäden ihrer Raumfahrtaktivitäten aufkommen muss.
© MPI für extraterrestrische Physik (Ausschnitt)
Der Röntgenhimmel von Rosat | Die Aufnahme zeigt den gesamten Himmel im Röntgenlicht, wie Rosat ihn in der Himmelsdurchmusterung in den Jahren 1990 und 1991 gemessen hat. In dieser Projektion befindet sich auf Höhe des "Äquators" unsere Milchstraße, auf der unter anderem Supernova-Überreste (zum Beispiel im Sternbild Segel in der rechten Bildhälfte) und Röntgen-Doppelsterne zu sehen sind. Die verschiedenen Farben geben die unterschiedlich starke Energie der Röntgenstrahlung wieder.
Rund acht Jahre lang, geplant war ursprünglich eine Gesamtlebensdauer von anderthalb Jahren, konnte Rosat diesen Beobachtungen nachgehen, aus denen bislang rund 8000 Veröffentlichungen hervorgingen. Durch Ausfall eines Sternsensors wurde Rosat Ende 1998 unabsichtlich auf die Sonne ausgerichtet, so dass der letzte aktive Sensor der Röntgenoptik stark geschädigt wurde. Daher entschloss man sich Anfang 1999 zur Aufgabe des Satelliten und schaltete ihn ab. Seitdem umlief er passiv als Weltraumschrott die Erde und nähert sich nun seinem endgültigen Ende.
Aktuelle Informationen zum Wiedereintritt von Rosat finden Sie unter twitter.com/Sterne_Weltraum
Uwe Reichert und Tilmann Althaus
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben