Sinnestäuschung: Die mechanische Geisterhand
Es ist ein Gefühl, das einem Gänsehaut auf die Arme treibt: Die Gewissheit, dass jemand direkt hinter einem steht, auch wenn man ihn nicht sehen kann. Wissenschaftler sprechen vom "Feeling of Presence (FoP)", also dem Gefühl einer Gegenwart. Dieses Phänomen wird entweder von Personen in körperlichen Ausnahmesituationen – zum Beispiel bei Extrembergsteigern – oder von Patienten mit Epilepsie, Hirntumoren und Schlaganfällen beschrieben. In einem Experiment haben Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne jetzt gesunde Probanden in einen FoP-Zustand versetzt. Möglich war das künstliche Geistersspüren durch einen Roboter, mit dem man sich selbst auf die Schulter tippen kann.
In dem Versuch wurden den Teilnehmern die Augen verbunden und mit Hilfe von Kopfhörern alle Umgebungsgeräusche ausgeblendet. So mit sich allein mussten die Probanden dann mit einem Roboterarm in die Luft pieken. Ein zweiter Roboter nahm die Bewegung auf und berührte die Person am Rücken. Je nachdem wo der Teilnehmer in die Luft stach, wurde auch ein anderer Teil ihrer Rückseite stimuliert. Allen Versuchsteilnehmern wurde erklärt, dass sie mit dem einen Roboterarm die Bewegung des zweiten steuerten. Ihnen war also durchaus bewusst, dass sie sich im Grunde selbst auf den Rücken klopften.
Je nach Versuchsaufbau berichteten die Teilnehmer in der anschließenden Befragung von zwei unterschiedlichen Phänomenen: Erst kam das Gefühl auf, man berühre direkt seinen eigenen Rücken und nehme nicht den Umweg über die Roboterarme. Programmierten die Forscher den Roboterarm dann so, dass er mit einer halben Sekunde Verzögerung agierte, rief das eine andere Sinnestäuschung hervor. Die Probanden hatten plötzlich das Gefühl, jemand stehe direkt hinter ihnen, auch wenn dort gar kein Platz für eine weitere Person war. Sie berichtet auch von dem Gefühl, in Richtung der unbekannten Person gezogen zu werden. Für zwei der Probanden war das Erlebnis so unangenehm, dass sie sogar um einen Abbruch des Experiments baten.
Die Geisterhand sei ein Ergebnis unseres Gehirns, das nicht zusammenpassende sensomotorische Reize fehlinterpretiert, so die Schweizer Wissenschaftler. Bei Patienten mit Epilepsie oder einer anderen Erkrankung, bei der FoP auftritt, stellten die Wissenschaftler gehäuft Läsionen im frontoparietalen Kortex fest. Diesen Zusammenhang zeigten MRT- und EEG-Aufnahmen der Gehirne. Wie die Veränderung dieser und anderer Hirnregionen das Spüren von Geistern auslöst, muss weiter untersucht werden. Aus den Aufnahmen der gesunden Versuchsteilnehmer und ihren Beschreibungen ist ein Video entstanden, das die Geisterpräsenz auf Filmmaterial bannt.
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