Saturnmond: Die Meere an Titans Nordpol
Neben der Erde ist der größte Saturnmond Titan der einzige Himmelskörper im Sonnensystem, auf dessen Oberfläche sich beträchtliche Ansammlungen von Flüssigkeiten über längere Zeiträume hinweg halten können. Der US-Raumsonde Cassini gelangen im Juli und September 2013 im infraroten Spektralbereich detaillierte Bilder der Nordpolarregion, in der sich der größte Teil der Meere und Seen auf Titan befindet. Die Bilder erlauben es erstmals, die gesamte Ausdehnung dieser "Gewässer" zu erfassen. Auf Grund der niedrigen Oberflächentemperaturen auf Titan von im Mittel minus 190 Grad Celsius bestehen diese natürlich nicht aus flüssigem Wasser, sondern aus Kohlenwasserstoffen wie Methan und Ethan.
Dass die Meere erst jetzt, rund neun Jahre nach der Ankunft von Cassini im Saturnsystem, vollständig abgebildet werden konnten, liegt an den ausgeprägten Jahreszeiten von Titan. Als Cassini im Juli 2004 bei Saturn eintraf, herrschte im Norden noch Winter. Mittlerweile ist der Frühling angebrochen und die Beleuchtungsverhältnisse haben sich entsprechend verbessert. Zudem befindet sich Cassini derzeit auf einer gegenüber der Äquatorebene Saturns stark geneigten Bahn, die gute Blicke auf die nördlichen Polarregionen sowohl des Mutterplaneten als auch seiner Monde erlaubt. Aber noch weitere Faktoren erschwerten bislang die Bestandsaufnahme: Im sichtbaren Licht verhindern Dunstschichten aus feinen Schwebeteilchen jeglichen Blick auf die Oberfläche. Die Atmosphäre ist dadurch nur im Infraroten bei einigen wenigen Wellenlängen einigermaßen transparent. Außerdem befand sich in den letzten neun Jahren über dem Titan-Nordpol eine zusätzliche besonders dichte Schicht aus Wolken und Dunst, die auch im Infraroten undurchsichtig war. Sie hat sich nun aufgelöst, als die Temperaturen im Norden anstiegen.
Überrascht waren die Forscher am Jet Propulsion Laboratory der NASA, als sich um die Methanmeere herum helle Säume zeigten. Sie könnten darauf hindeuten, dass ihre Flüssigkeitsspiegel nicht konstant sind, sondern gewissen Schwankungen unterliegen. Ähnlich wie bei Salzseen auf der Erde, trocknen manche der Seen und Meere teilweise aus und lassen auf den trockengefallenen Seeböden ehemals in der Flüssigkeit gelöste Stoffe zurück. Im Fall der Titan-Meere handelt es sich dabei aber nicht um Salze, sondern um organische Stoffe. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass die Nordpolarregion von Titan eine Karstlandschaft mit Höhlen und Einbruchstrichtern ist, wie sie sich zum Beispiel in der Schwäbischen Alb in Süddeutschland finden. Auf Titan besteht die Oberfläche aber nicht aus Kalkstein, sondern aus Wassereis, dass bei den tiefen Temperaturen auf dem Saturnmond so hart wie Fels ist. Welches Szenario nun zutrifft, können erst weitere Beobachtungen klären.
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