Direkt zum Inhalt

News: Die Molekülfabriken des Kosmos

Kohlenstoffreiche Sterne sind schon lange für die Bildung von Molekülen in ihren äußeren Schichten bekannt. Entgegen allen Erwartungen beobachteten die Astronomen jetzt einen alten sauerstoffreichen Stern, der ebenfalls von einer Mischung unterschiedlicher Moleküle umgeben ist.
Für mehr als dreißig Jahre war der Stern CW Leonis im Sternbild Löwe (lateinisch Leo) die erste Adresse bei der Suche nach Molekülen im All. Diese Sonne bringt eine derart große Vielfalt an Verbindungen hervor, dass die Forscher von einer „Molekülfabrik“ sprechen.

Eine andere, fast ebenso produktive Molekülfabrik ist VY Canis Majoris im Sternbild Großer Hund. Hierbei handelt es sich um einen kalten und sehr alten Riesenstern. Er befindet sich wie CW Leonis in unserer galaktischen Nachbarschaft. Doch zwischen den beiden besteht ein gravierender Unterschied:
VY Canis Majoris ist im Gegensatz zu CW Leonis sehr reich an Sauerstoff. Offenbar können auch sauerstoffreiche Sterne am Ende ihres Lebens Moleküle hervorbringen.

Denkt man an Sterne, so stellt man sich zunächst galaktische Lichtquellen vor. Doch seit dem Beginn der Infrarot- und Mikrowellenastronomie in den frühen 1970er Jahren setzte sich die Erkenntnis durch, dass Sterne neben Licht auch Materie aussenden. Wie wir heute wissen, tragen die Partikelströme alter Sterne, so genannte Sternwinde, große Mengen an Materie in das interstellare Medium hinaus. Dieses reichert sich auf diese Weise mit schweren Elementen und Molekülen an.

Woraus bestehen die Sternenwinde?

Sternenwinde setzen sich überwiegend aus Einzelatomen zusammen und können zusätzlich mehr als sechzig verschiedene Arten von Molekülen enthalten. Sie bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit radial vom Stern weg. Dabei dünnt das Gas stark aus. Die Atome begegnen sich dann erheblich seltener als direkt nach der Entstehung des Windes in der Nähe des Sterns, sodass sie hier kaum noch miteinander in Wechselwirkung treten können. Moleküle müssen sich daher auf Zeitskalen von nur wenigen hundert Jahren bilden.

In der Nähe eines sauerstoffreichen Sterns rechneten die Astronomen nicht mit einer großen Molekülvielfalt, da der der Sauerstoff mit anderen Atomen reagiert und hierdurch bereits vorhandene Molekülstrukturen zerstört. Umso überraschter waren die Forscher, als sie im Sternenwind von VY Canis Majoris sieben neue Molekülarten entdeckten.
Der Sternwind von VY Canis Majoris | Durch Messungen der Dopplerverschiebung der Spektrallinien ließen sich die Ausbreitungsrichtungen des Sternenwinds von VY Canis Majoris feststellen. Sie sind hier mit einem roten beziehungsweise blauen Pfeil angedeutet.
Diese identifizierten sie durch ihre charakteristische Mikrowellenstrahlung. Moleküle im interstellaren Medium befinden sich in unterschiedlichen Rotationszuständen, denen verschiedene Energien entsprechen. Kollidiert ein Molekül mit einem Atom oder einem anderen Molekül, so gelangt es in einen niedrigeren Energiezustand. Die Energiedifferenz setzt es als Licht frei, dessen Wellenlänge für das Molekül charakteristisch ist. Bei Rotationsübergängen handelt es sich zumeist um Mikrowellen. Moderne Spektrographen besitzen ein sehr hohes Auflösungsvermögen und können daher verschiedene Moleküle anhand ihrer Strahlung identifizieren.

Die mit dem Weltraumteleskop Hubble gewonnenen Aufnahmen des Sterns VY Canis Majoris enthüllen innerhalb seines Sternwinds komplexe morphologische Strukturen. Die Strahlung der unterschiedlichen Moleküle lässt sich dabei bestimmten Strukturen des Sternenwinds zuordnen.

Das Interesse der Astronomen gilt nicht nur den Molekülen, die alte Sterne produzieren. Sie untersuchen auch, ob diese Moleküle die Grundsteine für komplexere Strukturen wie zum Beispiel Staub sein könnten.

Offen ist jedoch, wie es den Sternen gelingt, in einer sehr dünnen Atmosphäre Moleküle zu bilden. Der Weg von den einfachen Molekülen bis hin zum komplexen Staub ist noch unklar.

AK

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.