Raumfahrt: Die Rakete Liberty: Eine Mischung aus Ares I und Ariane 5
Zwei internationale Konzerne schlossen sich zusammen, um gemeinsam eine Trägerrakete zu entwickeln. Diese Woche gaben die US-amerikanische Gesellschaft ATK (Alliant Techsystems) und die europäische Firma Astrium ihr ausgearbeitetes Konzept bekannt. Das Vorhaben klingt leicht abenteuerlich: Man nehme die untere fünfsegmentige Stufe der US-amerikanischen Rakete Ares I und ersetze deren unvollendeten oberen Teil durch die erste Stufe der europäischen Trägerrakete Ariane 5, und fertig ist die neue, 90 Meter lange Trägerrakete Liberty. Die erste Stufe von Ares I ist ein verlängerter Feststoffbooster des Spaceshuttle-Programms und kam daher schon mehr als 200-mal zum Einsatz.
Die beiden Partnergesellschaften bewerben sich mit ihrer Idee um Unterstützungsgelder in Höhe von insgesamt 200 Millionen Dollar. Diesen Geldbetrag will die NASA im März 2011 an private Konzerne vergeben, die Raumfahrttaxis entwickeln. Die Konstrukteure der Liberty planen einen Erstflug Ende 2013 und einen zweiten Testflug im Jahr 2014. Bereits 2015 soll die Rakete ihre volle Funktionsfähigkeit erreicht haben, sofern sich das Konzept denn als umsetzbar herausstellt.
Die NASA beabsichtigt in absehbarer Zeit ihr Spaceshuttle-Programm einzustellen und für längere Zeit keine bemannten Raumflüge mehr ins All zu unternehmen. Die Versorgung der ISS müsste in der Zwischenzeit mit den russischen Sojus-Raumschiffen gewährleistet werden. Um diese Lücke zu schließen und nicht gänzlich von den Russen abzuhängen, hat die NASA eine zweite Auflage ihres Projekts Commercial Crew Development lanciert. Dieses soll die Anstrengungen privater Gesellschaften im Raketenbau finanziell unterstützen.
Ein Schnäppchen für die NASA?
Die Partner von ATK und Astrium sind überzeugt, dass ihr Konzept gut in das NASA-Programm passt. Indem sie auf flugerprobte bewährte Raketensysteme zurückgreifen, könnten sie in kurzer Zeit eine funktionsfähige Trägerrakete präsentieren. Die Ariane 5 wurde von Astrium, einer Tochtergesellschaft des Raumfahrt- und Rüstungskonzerns EADS (European Aeronautic Defence and Space Company), im Auftrag der ESA entwickelt und gebaut. Der Konzern ATK war Hauptlieferant für die Fertigung von Ares I, einer geplanten Trägerrakete der NASA, deren zweite Stufe aufgrund finanzieller Engpässe aber nie fertig entwickelt wurde. Die Flugerfahrung, die Ariane 5 innerhalb von acht Jahren sammelte, kann sich sehen lassen: Beachtliche 41 aufeinander folgende erfolgreiche Flüge hat sie auf ihrem Konto.
Gemäß den Angaben der Gesellschafter soll die zweistufige Rakete Liberty billiger kommen als Ares I und die Starts etwas weniger kosten als diejenigen der US-amerikanischen Trägerrakete Atlas V. Die für die Starts nötige Infrastruktur ist auf dem Raketenstartplatz des Kennedy Space Center in Florida bereits vorhanden. Liberty könnte 20 Tonnen Nutzlast zur internationalen Raumstation ISS liefern. Da beide Stufen ursprünglich für die bemannte Raumfahrt konstruiert wurden, böte die Trägerrakete der Besatzung ein größtes Maß an Sicherheit. Bleibt bloß noch abzuwarten, ob die NASA von der Idee ebenso zu begeistern ist und Geld fließen lässt.
Rahel Heule
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