News: Die RNA kann es alleine
"Ein grundlegendes Problem bei der Entstehung des Lebens ist, welche Art von Molekül zu den ersten Lebensformen geführt hat", erklärt Bartel. Ein Teil der Wissenschaftsgemeinde favorisierte Ribonukleinsäuren. Die Entdeckung der Ribozyme im Jahre 1982 unterstützte ihre Vermutung. Ribozyme sind RNA-Moleküle, die chemische Reaktionen katalysieren können. Doch bislang sind nur sieben natürlich vorkommende Ribozyme bekannt, die zudem sehr langsam arbeiten, verglichen mit Proteinen. Deshalb suchten Forscher nach künstlichen Ribozymen. Sollte es ihnen gelingen, im Labor neue Exemplare mit verbesserten Eigenschaften herzustellen, könnten während einer früheren RNA-Periode durchaus viele Ribozyme existiert haben, die erst im Laufe der Evolution verschwanden.
Bartel und seine Kollegen überprüften in den letzten fünf Jahren Billionen von RNA-Molekülen mit einer Reagenzglas-Evolution: Bei diesem Verfahren wurde immer wieder das am besten angepaßte Molekül ausgewählt und mit kleinen Fehlern kopiert – ähnlich wie man sich das Prinzip von Mutation und Selektion in der vermuteten RNA-Welt vorstellt. Sie fanden eine Reihe von Ribozymen, die teilweise sehr effizient arbeiteten. Vor zwei Jahren hatten sie schließlich ein Molekül gezüchtet, das kurze RNA-Stücke aus Nukleotiden aufbauen konnte.
Die Ausgangsmaterialien für Nukleotide – Ribosephosphat und die RNA-Basen – könnten sich auf der frühen Erde spontan gebildet haben. Aber ihre Verbindung zu einem Nukleotid muß mit Hilfe eines Katalysators geschehen sein. Die Wissenschaftler unterzogen wieder eine Billion RNA-Moleküle der Reagenzglasevolution und fanden drei verschiedene Familien von Ribozymen, die Zuckerphosphat und Base verknüpfen konnten. "Diese Ribozyme bilden nur ein Nukleotid, und das ist nicht genug. Aber die Tatsache, daß sie es überhaupt können, ist ermutigend. Und wir planen weitere Evolutionsexperimente, um sie besser und effektiver zu machen", sagt Bartel.
Wahrscheinlich werden wir nie mit letzter Sicherheit wissen, wie das Leben vor mehr als drei Milliarden Jahren auf der Erde begann, meint er, doch zumindest läßt sich die Plausibilität des Szenarios einer RNA-Welt im Labor überprüfen.
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