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News: Die Schmiere in der Mitte

Die Haftreibung zwischen zwei Festkörpern, so weiß man schon seit 300 Jahren, ist proportional zu ihrer gegenseitigen Anziehung. Daß der makroskopische Effekt seine Ursachen in der molekularen Anziehung hat, ist auch seit langem bekannt. Über die Frage aber, warum der Effekt weder vom Material der Körper noch von ihrer Form abhängt, warum der Haftreibungskoeffizient nahezu konstant ist, zerbrechen sich die Wissenschaftler bereits genauso lange die Köpfe. Nun jedoch glauben Forscher endlich die Lösung des Problems gefunden zu haben: Das Geheimnis liegt in der 'Schmiere' dazwischen.
Der Haftreibungskoeffizient, so fand Guillaume Amontons vor 300 Jahren heraus, ist das Verhältnis zwischen Kraft und Last. Will man zum Beispiel einen schweren Wagen vor sich herrollen, so muß die eigene Haftreibung mit dem Boden mindestens genauso groß sein wie die Kraft, die man aufbringen muß. Anderenfalls bewegt sich nicht der Wagen, sondern man rutscht selbst weg. Das weiß jeder aus Erfahrung.

Erstaunlicherweise ist die Reibung über weite Bereiche konstant, hängt kaum von der Form der reibenden Flächen, noch von den Materialien oder ihrer Rauhigkeit ab. Üblicherweise wird angenommen, daß dieser Effekt mikroskopischer Natur und in molekularen Kräften zwischen den beiden Oberflächen begründet ist – doch war diese Linearität bislang nicht einfach zu begründen. Während Ingenieure Amontons Formel über drei Jahrhunderte zuverlässig anwandten, experimentierten und grübelten die Physiker ohne nennenswerte Ergebnisse. Jetzt allerdings glauben Mark Robbins und seine Kollegen von der Johns Hopkins University, Maryland, das Geheimnis gelüftet zu haben.

Das Problem lag in der Tatsache, daß bei bisherigen Berechnungen zur Vereinfachung saubere Oberflächen angenommen wurden, meint Robbins. Der allgegenwärtige "Schmutz", so glaubte man gemeinhin, würde die Berechnungen allenfalls komplizieren. Doch genau in diesem Detail sieht der Wissenschaftler die Lösung. Auf jeder Kante lagern sich an der Luft Kohlenwasserstoffe ab. Reiben zwei Flächen übereinander, bilden diese amorphen Stoffe ein Schmiermittel, das sich über die Oberflächen legt.

Einfache Theorien, die diese Schicht aus amorphen Kohlenwasserstoffen vernachlässigen, belegen – ganz im Gegensatz zur täglichen Beobachtung –, daß eigentlich so gut wie gar keine Reibung zwischen zwei Körpern existieren sollte. Unter Berücksichtigung der "Schmiere dazwischen" hingegen, so fand Robbins, ordnen sich die Kohlenwasserstoffketten zwischen den Schichten immer neu und bewirken letztendlich die Reibung.

In Experimenten mit Proben im atomaren Maßstab, die mit molekular-dynamischen Modellen auf makroskopische Größen hochgerechnet wurden, zeigte Robbins, daß dabei weder die Schichtdicke noch die Länge der einzelnen Ketten des Schmiermittels einen großen Einfluß auf die Haftreibung nehmen.

Trotz allem mahnt Robbins zur Vorsicht. Die Reibung sei eine zu komplexe Angelegenheit, als daß man vorschnell behaupten dürfte, sie verstanden zu haben. Die Feinheiten liegen eben manchmal im Detail.

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