Beobachtungstipps für Amateurastronomen: Die Sommermilchstraße – das Highlight der ersten Julihälfte
Anfang Juli ist wieder eine Neumondphase und somit Zeit, sich den Tiefen des Alls zu widmen. Der Mond nimmt ab dem 4. Juli immer weiter zu und geht dabei jede Nacht etwa eine halbe Stunde später unter. Am 14. Juli lässt sich wieder der Lichteffekt des Goldenen Henkels in der zweiten Nachthälfte ab etwa 1:50 Uhr MESZ auf dem Mond beobachten.
Merkur und Venus befinden sich derzeit sehr nahe an der Sonne und sind nicht gut zu beobachten. Der riesige Gasplanet Jupiter verlässt langsam die Himmelsbühne. Er geht schon vor Mitternacht am Westhorizont unter. Vorher können wir aber noch das ein oder andere Schattenspiel seiner Monde verfolgen. Beobachter im Westen Deutschlands oder in Europa haben am 9. Juli noch die Chance, den Schattenwurf von Io ab 22:45 Uhr MESZ auf Jupiter kurz vor dessen Untergang zu sehen. Für die meisten Teile Deutschlands ist er dann aber schon unter dem Horizont. Am 17. Juli werden Merkur und Venus sehr nahe beieinander sein. Die größte Annäherung findet mitten am Tag, gegen 15 Uhr, statt. Der kleinste Abstand beträgt dabei rund 20 Bogenminuten oder ein drittel Grad.
Achtung! Die beiden sind dabei nur etwa elf Grad von der Sonne entfernt. Bitte treffen Sie entsprechende Sicherheitsvorkehrungen! Ein Sonnenfilter, der ins Okular geschraubt wird, gehört in die Mülltonne und nicht ans Teleskop. Nur Filter benutzen, die vor dem Teleskop angebracht werden; dabei sind H-Alpha-Filter oder ein Herschelprisma ausgenommen. Die Koordinaten zur Sonne betragen etwa 48 Bogenminuten in Rektaszension und –1 Grad 8 Minuten in Deklination.
Die Sommermilchstraße steht nun mitten in der Nacht hoch am Himmel. Sie erstreckt sich vom Nordhorizont über die Sternbilder Perseus, Kassiopeia, Kepheus, Schwan, Adler und Schild bis zum Skorpion und Schützen am Südhorizont. Unter einem klaren und dunklen Himmel lassen sich deutlich Strukturen in der Milchstraße erkennen. Die bekanntesten sind die Schildwolke im gleichnamigen Sternbild und der so genannte "Big Rip". Eine Staubstruktur, die scheinbar die Milchstraße Richtung Süden in zwei Äste aufteilt. Die Schildwolke ist ein Bereich, der nicht von Dunkelwolken verdeckt wird und den Blick auf abertausende Sterne freigibt. Im Schützen am Südhorizont liegt das Zentrum unserer Heimatgalaxie, etwa 27 000 Lichtjahre entfernt. Wir können es leider nicht mit einfachen Amateurteleskopen sehen, da es von dichten Staubwolken umhüllt ist. Große professionelle Teleskope können diesen Schleier jedoch im Infraroten durchdringen und so das Herz der Milchstraße erforschen.
In der Sommermilchstraße befinden sich extrem viele Nebelstrukturen, so genannte Wasserstoffnebelgebiete, in denen neue Sterne entstehen. Bei allen folgenden Objekten ist ein UHC- oder sogar OIII-Filter sehr hilfreich. Die "Säulen der Schöpfung", eines der bekanntesten Fotos des Weltraumteleskops Hubble, stammen aus dem Zentrum des Adlernebels Messier 16. Er ist schon in kleinen Teleskopen gut sichtbar. Mit größeren Teleskopen ab 25 Zentimeter Öffnung lassen sich auch die berühmten Säulen als kleine Dunkelwolken im Zentrum wahrnehmen. Direkt daneben befindet sich der Omeganebel Messier 17. Dieser Nebel wird auf Grund seiner Erscheinung auch Schwanennebel genannt. Schon mit relativ kleinen Instrumenten kann man dunkle Strukturen im Nebel ausmachen. Weiter Richtung Süden treffen wir auf einen der spektakulärsten Nebel in dieser Region: Der Lagunennebel Messier 8 ist etwa doppelt so groß wie Messier 16 oder 17. Direkt bei der Lagune liegt der Trifidnebel Messier 20. Er ist bekannt durch seine dreigeteilte Struktur und sieht auf Fotos besonders schön wie eine Rose aus.
Ein ganz besonderes Highlight bietet das Sternbild Schwan. Es befindet sich in einer riesigen komplexen Wasserstoffregion mit Dunkelwolken. Daher gibt es hier extrem viele Nebel. Der Nordamerikanebel NGC 7000 ist einer davon. Er befindet sich unter dem hellen Stern Deneb. Daran schließt sich der Pelikannebel an. Auf lange belichteten Aufnahmen wird deutlich, dass beide eigentlich ein einziger Nebel sind, der durch ein dickes Staubband im Vordergrund geteilt wird. Weiter entlang des Schwans befindet sich beim Stern Sadir der Schmetterlingsnebel, der ebenfalls zu diesem Komplex dazugehört. Um diese schwachen Nebelstrukturen zu beobachten, genügt ein gutes, kleines Teleskop mit sehr geringer Vergrößerung. Je weniger, desto besser. Okulare mit großem Eigengesichtsfeld machen die Beobachtung perfekt. Noch etwas weiter den Schwan entlang treffen wir auf den Sichel- oder Crescentnebel NGC 6888. Er benötigt eine größere Öffnung und eine höhere Vergrößerung. Der Nebel ist recht klein und sieht im Teleskop wie eine Ohrmuschel aus. Er besteht nicht nur aus Wasserstoff, sondern zum großen Teil aus Sauerstoff und beherbergt im Inneren einen so genannten Wolf-Rayet-Stern.
Zum Schluss noch eines der schönsten Objekte des Sommerhimmels, wenn nicht sogar das schönste: der Zirrusnebel. Hier gilt, je größer die Teleskopöffnung, desto besser. Aber er bereitet tatsächlich in allen Teleskopgrößen Freude. Der Zirrusnebel ist ein Supernova-Überrest, der rot und blau leuchtet. Er befindet sich am unteren Flügel des Schwans und besteht hauptsächlich aus drei Teilen – dem Sturmvogel (einer leicht s-förmigen Struktur am Stern 52 Cygni), der Knochenhand, die wirklich genau so aussieht, wie sie heißt, und dem Dreieck zwischen den beiden, dessen untere Spitze sich weit über die komplette Länge des Nebels erstreckt. Den Zirrusnebel muss man einfach mal mit eigenen Augen im Teleskop gesehen haben. Mit größeren Teleskopen ab 25 Zentimeter Öffnung kann man feinste Filamente und Strukturen im Nebel beobachten. Ein Nebelfilter hilft hier enorm und lässt den Nebel richtig plastisch wirken. Bei kleinen Teleskopen und/oder schlechtem Himmel entscheidet er über Sehen und Nichtsehen.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben