News: Die Spitze des Eisbergs
Dabei ist die Existenz von Wasser auf dem Mars seit den Mariner-9- und Viking-Missionen in den siebziger Jahren beileibe nichts Neues. Schließlich schaut die ganze Marsoberfläche aus, als seien hier erst kürzlich Bäche und Ströme geflossen, auf der nördlichen Hemisphäre deutet vieles sogar auf einen urzeitlichen Ozean. Aber nur an seinen weißen Polen ist neben Kohlendioxid- auch Wassereis bewiesen. Erstaunlich ist deshalb nicht, dass es Wasser gibt, sondern wie wenig.
Ein bedeutsamer Teil ist im Laufe der Marsgeschichte längst ins All entwichen, aber wie man es auch dreht und wendet: Alle Modelle kommen zu dem Schluss, dass es auf dem Mars auch heute noch weit mehr Wasser geben müsste.
Dieses Geheimnis - und das ist das Bedeutsame der Veröffentlichungen in Science - haben Forscher nun ein gutes Stück gelüftet, denn für die drei Arbeitsgruppen um William Boynton von der University of Arizona [1], William Feldman vom Los Alamos National Laboratory [2] und Igor Mitrofanov vom Institute for Space Research in Moskau [3] steht außer Zweifel, dass das fehlende Wasser im Untergrund nördlich und südlich der 60. Breitengrade zu finden ist.
Dabei können die Instrumente der Mars Odyssey Wasser selbst nicht wahrnehmen. Sie messen einzig das Vorhandensein von Wasserstoff, und der kann hier im wesentlichen nur in Wassereis gebunden sein. Allenfalls in kleinen Mengen kommt er auch in H2O- oder OH-haltigen Minerale vor.
Und so stellen sich die Forscher den "Dauerfrostboden" auf dem Mars vor: Unterhalb der oberen Dezimeter, die nur ein bis zwei Prozent gefrorenes Wasser enthalten, liegen Sedimente, die 20 bis 35 Gewichtsprozent Wassereis enthalten. Das entspricht einem Wassergehalt um die 70 Volumenprozent; ein Brocken davon sähe also aus wie ein schmutziger Eisbrocken.
Wie tief diese Schicht wirklich reicht, ist wegen der begrenzten Eindringtiefe der Sonden ungewiss; mehrere Meter sind es bestimmt. Numerischen Modellen zufolge könnte das Eis den Regolith - so heißt das von unzähligen Meteoriteneinschlägen tiefgründig zertrümmerte Gestein - sogar bis in mehr als einen Kilometer Tiefe durchsetzen.
Südlich beziehungsweise nördlich der 60. Breitengrade nimmt der Wassergehalt indes deutlich ab, und in den tropischen Breiten gibt es schließlich gar kein Eis mehr; hier ist das wenige Wasser wohl vornehmlich in Hydraten und Hydroxiden gebunden, in H2O- und OH-haltigen Mineralen also. Das entspricht ziemlich genau den Vorstellung, die Forscher schon früher aus infrarot-spektroskopischen Beobachtungen abgeleitet hatten.
Derzeit sind auf dem roten Planeten Wasservorräte von wenigstens 10 000 Kubikkilometern gesichert (zum Vergleich: die Nordsee enthält 54 000 Kubikkilometer), doch wie viel Eis dort wirklich lagert, kann derzeit niemand genau sagen. Vielleicht stießen die Forscher ja nur auf die Spitze eines Eisbergs, für die Anregung der Phantasie reicht es jedenfalls allemal, ist doch Eis gleich Trinkwasser und also die Besiedlung des Mars nun greifbar nah. Auf geht's!
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.