Paläontologie: Die verschlungenen Pfade des Paradepferds
Ihre Entwicklung gilt als Paradebeispiel der Evolution: Aus kleinwüchsigen, Laub fressenden Waldtieren entstanden die großen, Gras fressenden Huftiere, die wir heute als Pferde kennen. Doch ganz so zielstrebig verlief ihr Weg nicht.
Sie haben klein angefangen. Doch sie hatten noch Großes vor. So sah es zumindest Othniel Charles Marsh, der gegen Ende des 19. Jahrhundert einen geradlinigen Weg der Pferde-Evolution präsentierte. In mühevoller Kleinarbeit hatte der amerikanische Paläontologe die fossilen Belege der Familie Equidae zusammengetragen und eine scheinbar direkte Entwicklung vom kleinwüchsigen Waldbewohner zum großen Huftier der Steppen nachgewiesen. Damit lag nur wenige Jahre nach der Veröffentlichung von Charles Darwins "Entstehung der Arten" ein eindrucksvolles Anschauungsmaterial für das Wirken der Evolution vor. Ernst Haeckel, ein glühender Anhänger von Darwin, sprach begeistert vom "Paradepferd der Paläontologen".
Im Laufe der Zeit wurde das Klima in Nordamerika zunehmend trockener; die Wälder zogen sich zurück, Graslandschaften bildeten sich. Diese Veränderungen hatten zunächst Auswirkungen auf die Zähne der Urpferde: Der Zahnschmelz verhärtete sich, auf der Zahnoberfläche bildeten sich tiefe, scharfe Furchen, sodass die Tiere jetzt auch gelegentlich mal hartes Gras kosten konnten. Gegen Ende des Eozäns vor 40 Millionen Jahren tauchte schließlich mit Mesohippos ein Tier auf, das zwar immer noch auf Pfoten lief, aber schon deutlich größer und pferdeähnlicher war als seine Vorgänger.
Dabei wurden längst nicht alle Arten immer größer – im Gegenteil, bei manchen nahm die Körpergröße auch wieder ab. Damit ist nach MacFaddens Ansicht eine alte Überzeugung, die als Cope'sche Regel bekannt ist, endgültig widerlegt. Der amerikanische Paläontologe Edward Cope ging 1896 davon aus, dass in der Stammesgeschichte die Körpergröße der Arten stetig zunimmt. Wie dem auch sei, letztendlich mussten alle diese Arten früher oder später das Feld räumen. Nur ein zunächst unbedeutender Seitenzweig, dessen spätere Karriere im Tertiär noch nicht abzusehen war, überlebte – und bescherte uns die Illusion eines zielgerichteten Trends.
Es passte auch alles so schön zusammen: Im Eozän, vor 55 Millionen Jahren, streifte ein etwa fünfzig Zentimeter großes Tier durch die Wälder Nordamerikas, um sich hier hauptsächlich an Blättern gütlich zu tun. Mit seinem gewölbten Rücken, dem plumpen Hals, der kleinen Schnauze und den kurzen Beinen sah das Wesen, inzwischen getauft auf den Namen Hyracotherium, wahrlich nicht aus wie ein stolzer Araberhengst. Es lief noch auf Pfoten, hatte aber schon an den Zehen kleine Hufe ausgebildet. Einige dieser Urpferdchen müssen nach Eurasien eingewandert sein, wie die berühmten Fossilien aus der Grube Messel belegen, starben aber hier wieder aus.
Im Laufe der Zeit wurde das Klima in Nordamerika zunehmend trockener; die Wälder zogen sich zurück, Graslandschaften bildeten sich. Diese Veränderungen hatten zunächst Auswirkungen auf die Zähne der Urpferde: Der Zahnschmelz verhärtete sich, auf der Zahnoberfläche bildeten sich tiefe, scharfe Furchen, sodass die Tiere jetzt auch gelegentlich mal hartes Gras kosten konnten. Gegen Ende des Eozäns vor 40 Millionen Jahren tauchte schließlich mit Mesohippos ein Tier auf, das zwar immer noch auf Pfoten lief, aber schon deutlich größer und pferdeähnlicher war als seine Vorgänger.
Über mehrere Zwischenformen, wie Miohippos, Parahippos und Merychippus, entstand schließlich im Miozän vor 15 Millionen Jahren Pliohippos, das seine Pferdenatur nicht mehr leugnen konnte. Doch erst die Gattung Equus, die während der Eiszeit vor drei Millionen Jahren trockenen Hufes nach Asien gelangte, etablierte sich erfolgreich in der Alten Welt. Und die Ironie der Geschichte: In seiner Urheimat Amerika starb das Pferd vor 10 000 Jahren aus – wobei der Mensch vielleicht eine unrühmliche Rolle gespielt hat – und kehrte erst wieder mit den spanischen Eroberern auf den Kontinent zurück.
Diese Entwicklungsreihe, die immer noch die am vollständigsten dokumentierte aller Säugetiere darstellt und daher in vielen Biologielehrbüchern auftaucht, erweckt den Eindruck, die Evolution hätte geradezu zielstrebig auf das Pferd "hingearbeitet". Doch das Bild täuscht, wie viele Paläontologen immer wieder betonen. Auch der Pferdespezialist vom Naturhistorischen Museum von Florida, Bruce MacFadden, weist darauf hin, dass es in Wahrheit einen Stamm-"Baum" der Pferde nie gegeben hat. Vielmehr ähneln die verwandtschaftlichen Verhältnisse einem verworrenen Busch mit vielen kleinen Ästchen und Seitenzweigen. Bereits die Nachfahren von Hyracotherium hatten sich im Eozän in mehrere Linien aufgespalten, wovon nur eine zu Mesohippos führte. Im Miozän blühte die Pferdefamilie dann richtig auf: Zahlreiche Arten entstanden in geologisch kurzer Zeit und besetzten die unterschiedlichsten ökologischen Nischen – ein Phänomen, das als adaptive Radiation bekannt ist.
Dabei wurden längst nicht alle Arten immer größer – im Gegenteil, bei manchen nahm die Körpergröße auch wieder ab. Damit ist nach MacFaddens Ansicht eine alte Überzeugung, die als Cope'sche Regel bekannt ist, endgültig widerlegt. Der amerikanische Paläontologe Edward Cope ging 1896 davon aus, dass in der Stammesgeschichte die Körpergröße der Arten stetig zunimmt. Wie dem auch sei, letztendlich mussten alle diese Arten früher oder später das Feld räumen. Nur ein zunächst unbedeutender Seitenzweig, dessen spätere Karriere im Tertiär noch nicht abzusehen war, überlebte – und bescherte uns die Illusion eines zielgerichteten Trends.
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