News: Die Vielfalt von Ameisenstaaten
Ziel der Projekte ist es, die Kolonie- und Populationsstruktur und damit indirekt die Fortpflanzungsstrategien von Ameisen aufzudecken. Als Modellsysteme wurden exemplarisch mehrere grundverschiedenen Gattungen bearbeitet, darunter die als sozial hochentwickelt angesehenen Roßameisen der Gattung Camponotus und andererseits, als Beispiel für ursprüngliche Ameisen, die Art Platythyrea punctata.
Neben Verhaltensbeobachtungen und Freilandstudien wurden molekularbiologische und populationsgenetische Methoden eingesetzt, durch die die genetische Zusammensetzung der Staaten exakt bestimmt werden konnte. Abweichungen von der Sozialstruktur, die frühere Beobachtungen bereits vermuten ließen, kamen in beiden Gruppen vor.
Sozietäten von Camponotus enthalten meist nur eine, einfach begattete Königin, wenngleich gelegentlich Mehrfachpaarung aufzutreten scheint. Die genetischen Untersuchungen konnten in einigen Staaten Oligogynie nachweisen, d.h. hier waren gleichzeitig mehrere Königinnen vorhanden, die einander nicht tolerierten und sich in den weitläufigen Nestern aus dem Weg gingen. Überraschenderweise akzeptieren etablierte Kolonien nach dem Tod der eigenen Königin nicht, wie bisher vermutet, nur verwandte Jungköniginnen; auch nicht-verwandte Jungköniginnen werden adoptiert. Welche Vorteile dies für eine etablierte Kolonie bietet, ist unklar. Der Schlüssel zur Antwort scheint darin zu liegen, daß Geschlechtstiere von Camponotus eine extrem lange Reifezeit durchlaufen, bevor sie zur Fortpflanzung bereit sind. Die Adoption fremder Jungköniginnen hilft eventuell, eine "Durststrecke" zu überwinden. Allerdings können Arbeiterinnen dieser Gattung – wenn auch nur in königinnenlosen Kolonien – aus unbefruchteten Eiern Männchen produzieren (arrhenotoke Parthogenese).
Die Kolonien und Populationen von Platythyrea punctata sind völlig anders aufgebaut. Königinnen spielen fast keine Rolle, und die Reproduktion wird in jeder Kolonie durch eine dominante Arbeiterin übernommen, die aus unbefruchteten Eiern neue Arbeiterinnen produziert (thelytoke Parthogenese). Nur zwei von über 800 sezierten Individuen waren begattet, doch bleibt unklar, ob Sperma zur Befruchtung von Eiern benutzt wird. Mikrosatelliten-Untersuchungen zeigen, daß Populationen von Platythyrea punctata quasi als Klone angesehen werden können: fast alle Individuen zeigten den gleichen, fixierten Genotyp.
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