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News: Die weiße Pest

Sein Lebenstraum war Entdecker und Weltreisender zu werden wie Alexander von Humboldt, doch Weltruhm erlangte der Hauptbegründer der medizinischen Bakteriologie durch den Tuberkelbazillus. Am 24. März 1882 berichtete Robert Koch der Fachwelt in Berlin, dass er den Erreger der Tuberkulose entdeckt hat. Mahnend erinnert der Welttuberkulosetag alljährlich an dieses Ereignis. Nicht ohne Grund, denn weltweit nehmen die Zahl der Erkrankungen sowie die Resistenzen der Erreger gegen die eingesetzten Antibiotika zu.
Die Salzsäure im Magen schadet ihnen nicht im Geringsten, und selbst bei Temperaturen von minus siebzig Grad Celsius überleben sie jahrelang: Die stäbchenförmigen, außerordentlich widerstandsfähigen Bakterien (Mycobacterium tuberculosis) aus der Familie Mycobacteriae verursachen eine der häufigsten Infektionskrankheiten, die Tuberkulose (Schwindsucht). Übertragbar durch Tröpfcheninfektion (Einatmen infizierter Speicheltropfen) und somit ansteckend ist nur die "offene Tuberkulose", bei der die Bakterien die Atemwege befallen und aus dem Körper des Patienten nach außen gelangen können. Obwohl die Schwindsucht grundsätzlich jedes Organ betreffen kann, erkranken bis zu 80 Prozent an Lungentuberkulose. Die Erkrankung äußert sich in sehr unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit, Schwäche, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme und Husten. Im fortgeschrittenen Stadium einer Lungentuberkulose hustet der Kranke Blut ab, im Extremfall kommt es sogar zum Blutsturz.

Die Tuberkulose (Tbc) erfordert eine mehrmonatige Kombinationstherapie mit drei bis vier verschiedenen Antibiotika, zu denen Isoniazid, Rifampicin und Pyracinamid gehören. Nur eine Medikamenteneinnahme unter Kontrolle bekämpft die Erreger erfolgreich, bei einer unregelmäßigen oder vorzeitig abgebrochenen Behandlung besteht die Gefahr, dass vor allem besonders widerstandsfähige Bakterienstämme überleben.

Zu Lebzeiten von Robert Koch (1843-1910) war die als "weiße Pest" bezeichnete Krankheit die häufigste Todesursache in Europa. Doch auch heute noch sterben jährlich zwei Millionen Menschen an Tuberkulose. Die Staaten Europas registrierten 1999 rund 370 000 Neuerkrankte, mehr als je zuvor in den vergangenen 20 Jahren. Deutschland, wo jedes Jahr mit rückläufiger Tendenz rund 10 000 Menschen neu erkranken (Meldezahlen 1999: 9 974; 1998: 10 440; 1997: 11 163), gehört im internationalen Vergleich nicht zu den Ländern mit geringer Tuberkulose-Häufigkeit. Weltweit gab es 1999 8,4 Millionen Tbc-Neuerkrankungen, 1997 verzeichnete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) acht Millionen Neuerkrankte. Der Zuwachs der Tuberkulose-Erkrankungen ist größtenteils auf den 20-prozentigen Anstieg in Afrika zurückzuführen. Doch auch in Ländern wie Armenien, Tadschikistan und in den Staaten der Ex-UdSSR ist die Situation dramatisch.

Unzureichende Ernährung, beengte Wohnverhältnisse, schlechte medizinische Versorgung sowie mangelhafte hygienische Bedingungen ebnen den Bakterien den Weg zu einer ungebremsten Ausbreitung. Die AIDS-Epidemie trägt zu dieser besorgniserregenden Entwicklung entscheidend bei, denn bei HIV-Infizierten sinkt die Fähigkeit des Immunsystems dramatisch ab, die Tuberkelbakterien zu bekämpfen. So haben HIV-infizierte Tuberkuloseträger ein vielfach höheres Risiko, tatsächlich zu erkranken. Bereits im Jahr 2005 werden 10,2 Millionen Menschen an Schwindsucht leiden, wenn der sich abzeichnende Trend ungebremst anhält.

Grund zur Besorgnis gibt auch der zunehmende Anteil der multiresistenten Erreger, bei denen die bisher eingesetzten Antibiotika keine Wirkung mehr zeigen. In Estland liegt ihr Anteil schon bei 14 Prozent der Erkrankungen, gefolgt von neun Prozent in Lettland und sieben bis neun Prozent in drei Regionen Russlands. Während eine Tuberkuloseerkrankung, die auf gewöhnliche Medikamente nicht mehr anspricht, bereits in den westlichen Industriestaaten nur äußerst schwer bekämpft werden kann, bedeutet sie für die Betroffenen in ärmeren Ländern gleich das Todesurteil. Tbc ist die Seuche der Armut geworden.

Im Kampf gegen die weitere Ausbreitung dieser Krankheit ist eine länderübergreifende Zusammenarbeit vonnöten. In einem bislang einmaligen Projekt kooperieren Firmen, Forschungseinrichtungen und Kliniken in Russland, den USA sowie in Deutschland an der Weiterentwicklung eines hochsensiblen Gerätes, um Tuberkulose-Erreger in der Atemluft aufzuspüren. Diese "künstliche Nase" entdeckt schon heute geringste Mengen toxischer Gase.

Um neue Gefährdungspotenziale rechtzeitig zu erkennen, trat Anfang dieses Jahres in Deutschland das neue Infektionsschutzgesetz im Kraft. Infolge beschleunigter Meldewege sind zukünftig Erkrankungszahlen auf nationaler Ebene zeitnah verfügbar. Zudem werden nunmehr anonymisierte, aber einzelfallbezogene Angaben auf Bundesebene erfasst. "Im Zusammenwirken mit den Gesundheitsämtern und den Landesgesundheitsbehörden kann die Tuberkulose damit zu einer der am besten dokumentierten meldepflichtigen Krankheiten werden", betont Reinhard Kurth vom Robert Koch-Institut.

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