Beobachtungstipps für Amateurastronomen: Die weißen Nächte – die Highlights der zweiten Junihälfte
In der zweiten Junihälfte ist wieder Vollmond. Das stört diesmal jedoch wenig, denn in den Nächten um diese Zeit wird es fast nicht mehr richtig dunkel. Die Sonne steht um Mitternacht nur etwa 15 Grad unter dem Horizont. Normalerweise beginnt zuerst die bürgerliche Dämmerung, bei der man noch ein Buch lesen könnte. Darauf folgt die nautische Dämmerung: Der Horizont ist noch zu sehen. Für die meisten Menschen, besonders in der Stadt, wäre es jetzt schon richtig dunkel. Als Letztes sehen wir die astronomische Dämmerung, nach deren Ende astronomische Beobachtungen in die Tiefen des Alls möglich sind. Dieser letzte Schritt wird allerdings in den "weißen Nächten" einfach übersprungen. Die Abenddämmerung geht also geradewegs in die Morgendämmerung über. Daher werden jetzt bevorzugt helle Himmelsobjekte beobachtet, die keinen wirklich dunklen Himmel benötigen.
Der Mond selbst und seine Begegnungen am Nachthimmel drängen sich im Juni geradezu auf: Am 19. zieht der Mond relativ nahe an Saturn vorbei. Saturn, Mond und Mars bilden dann ein schönes Fotomotiv am Südwesthimmel. Unser Trabant ist dabei sehr hell, denn nur einen Tag später, am 20. Juni, ist Vollmond. Der abnehmende Mond wird in der Nacht vom 25. auf den 26. Juni den äußersten Planeten Neptun bedecken. Die Bedeckung beginnt etwa um Mitternacht und dauert rund 40 Minuten. Neptun ist mit einer Helligkeit von etwas mehr als 8 mag nicht mit dem bloßen Auge zu sehen. Mit einem guten Fernglas und dem Mond als Aufsuchhilfe dürfte er jedoch gut zu erkennen sein. Vorher wird auch noch der kleine Stern Lambda Virginis im Sternbild Jungfrau durch ihn bedeckt. Für wenige Minuten werden sogar beide gleichzeitig hinter dem Mond verschwinden.
Ein weiterer Beobachtungsvorschlag betrifft eigentlich kein richtiges astronomisches Objekt, sondern einen so genannten Asterismus, also eine Art inoffizielles Sternbild. Er ist bekannt unter dem Namen Collinder 399 oder besser "Kleiderbügel". Der Asterismus besteht aus etwa zehn Sternen, die bei kleiner Vergrößerung im Fernglas wie ein Kleiderbügel aussehen. Er befindet sich am Sommerhimmel über dem hinteren Ende des Sternbilds Pfeil. Noch ein wenig weiter nach oben treffen wir im Kopf des Sternbilds Schwan auf den hellen Hauptstern Albireo.
Albireo ist ein ganz besonderer Stern. Er wird sehr gerne bei Sternwartenführungen gezeigt, denn er ist durch unterschiedliche Farben gekennzeichnet. Im Teleskop zeigt sich Albireo als ein Doppelstern, der aus einem blauweißen und einem gelborangen Stern besteht. Wahrscheinlich ist er jedoch gar kein "echter" Doppelstern. Die Hinweise verdichten sich, dass die beiden Komponenten einfach nur perspektivisch nahe beieinanderstehen. Ein echter physischer Doppelstern ist allerdings Gamma Delphini, der Stern an der Nasenspitze des kleinen Sternbilds Delfin. Die Sterne dieses Pärchens weisen annähernd die gleiche Helligkeit und Farbe auf. Gamma Delphini ist etwa 100 Lichtjahre von der Erde entfernt. Mehr als 200 Astronomische Einheiten trennen die Sterne voneinander.
Ein besonderer Effekt bei Doppelsternen ist, dass manche Komponenten sogar grünlich wahrgenommen werden können, beispielsweise bei Epsilon Bootis im Sternbild Bärenhüter. Dieser Doppelstern ist eher etwas für größere Teleskope ab 150 Millimeter Durchmesser, denn die beiden Komponenten stehen sehr eng beieinander. Der hellere hat eine orangegelbe Farbe, während der dunklere Stern grünlich blau wahrgenommen wird. Epsion Bootis ist der Stern im Bärenhüter links über dem Hauptstern Arktur.
Ein weiterer sehr bekannter Doppelstern ist Cor Caroli oder Alpha Canum Venaticorum im Sternbild Jagdhunde. Er befindet sich als einziger heller Stern unter dem Großen Wagen in einem relativ sternfreien Gebiet. Die Komponenten sind bläulich und braunrot. Von Cor Caroli trennen uns etwa 110 Lichtjahre, während die beiden Sterne rund 400 Astronomische Einheiten voneinander getrennt sind. Mit einem Winkelabstand von 19,4 Bogensekunden sollten sie in praktisch jedem Teleskop getrennt zu sehen sein. Als Letztes noch ein kleines Highlight zu jeder Jahreszeit.
Der Stern Iota Cassiopeiae befindet sich im Sternbild Kassiopeia. Verlängert man den Zweig in Richtung Perseus einmal, so trifft man auf Iota Cassiopeiae. Er besteht aus insgesamt drei Komponenten. Der hellste wird als gelblich beschrieben, mit zwei blauen Begleitern. Die Farben sind jedoch sehr subjektiv, da die Beobachtungen eigentlich nicht mit den Spektraltypen der Sterne übereinstimmen. Trotz eines geringen Abstands von nur 2,5 beziehungsweise 7 Bogensekunden lassen sich die Sterne mit den meisten Teleskopen noch getrennt erkennen. Da das Sternbild für uns nie untergeht, ist dieses wunderschöne Dreifach-Sternsystem das ganze Jahr über zu sehen.
Das ist nur eine kleine Auswahl der aktuell sichtbaren Doppelsterne aus dem Atlas "Selected Double Stars" von Brent Watson. Sie wären verblüfft, welche Sterne tatsächlich Mehrfachsysteme sind, von denen man es nie geahnt hätte. Darunter befinden sich unter anderem Antares, Rigel, Castor und sogar der Polarstern …
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