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News: Die Welt ist ein Dorf

Sind Sie schon einmal auf einer Feier mit einem völlig Fremden ins Gespräch gekommen und haben plötzlich festgestellt: Sie haben einen gemeinsamen Freund? 'Die Welt ist ein Dorf', sagt man dann meist. Es wird gesagt, jeder von uns sei nie mehr als sechs 'Händedrücke' von einer beliebigen anderen Person in der Welt entfernt. Das Prinzip eines solchen 'dörflichen Netzwerks' kann auf verschiedenste Bereiche angewandt werden.
Die Bedeutung des sogenannten "dörflichen Netzwerks" geht weit über bloßes Partygeplänkel hinaus. Das zeigen Duncan J. Watts von der Columbia University, New York, und Steven H. Strogatz von der Cornell University in Ithaca, New York, in der jüngsten Ausgabe von Science (4. Juni 1998).

Wie sich herausstellt, bieten Netzwerke à la "Die Welt ist ein Dorf" allgemeine Modelle für unzählige, scheinbar grundverschiedene Phänomene. Versteht man, wie Informationen durch solche Systeme fließen, kann man Stromverbundnetze, den städtischen Verkehr, Mobiltelefonnetze, Parallelcomputer und auch das Internet wesentlich effizienter gestalten. Mit diesen Erkenntnissen wäre auch besser zu begreifen, wie sich ansteckende Krankheiten ausbreiten. Ja, wir würden auch leichter verstehen, wie Informationen durch jenes Netzwerk aus Neuronen fließen, aus dem unser Gehirn besteht.

Wir wissen über die Dynamik der beschriebenen Netzwerke bisher nur äußerst wenig. Das liegt daran, daß sie genau zwischen zwei unterschiedlichen Arten von Netzwerken einzuordnen sind: den regelmäßigen, gitterartigen und den rein zufälligen. Bei einem regelmäßigen Netzwerk hat jedes Glied genau die gleiche, feste Anzahl von Verbindungen zu den nächsten Nachbarn wie jedes andere Glied auch. In einem zufälligen Netzwerk hingegen kann jedes Glied mit jedem beliebigen anderen verbunden sein.

Informationen fließen durch regelmäßige und zufällige Netzwerke ganz unterschiedlich: Beim ersten Typ gelangen sie nur schwer in kurzer Zeit von einem Ende des Netzwerkes zum anderen, denn immer müssen sie eine Kette von engsten Nachbarn passieren, und dann die Nachbarn dieser Nachbarn etc. Bei einem Zufallsnetzwerk jedoch ist eine sehr schnelle Hin- und Herbewegung im Sytem möglich.

Regelmäßige Netzwerke glänzen dagegen durch eine Eigenschaft, die man als "Bündelung" bezeichnen kann. Betrachtet man zum Beispiel eine Gruppe von Freunden, so ist diese dann maximal "gebündelt", wenn die Freunde einer bestimmten Person auch die Freunde aller anderen sind.

Die "Dorf-Netzwerke" liegen hier irgendwo in der Mitte: Watts und Strogatz generierten sie in einer Computersimulation, indem sie in ein ansonsten geordnetes Netzwerk ein Element des Zufalls einführten. Sie nutzten "Abkürzungen", die ganz zufällig Glieder verbinden, die sonst weit voneinander entfernt liegen.

Die Ergebnisse waren faszinierend. Die Forscher bemerkten, daß die Informationen bei weitem schneller durch das System flossen, wenn man nur ziemlich wenig Abkürzungen einbrachte (eine zu geringe Zahl, um die gebündelte Struktur des Gesamtnetzwerks zu zerstören). Anders ausgedrückt: Man benötigt nur ein paar zufällige Abkürzungen, um ein "Dorf" zu erschaffen, obgleich die Substruktur der Bündel im großen und ganzen ungestört bleibt.

Alle möglichen Arten der Kommunikation könnten dramatisch verbessert werden, wenn man sich diese Philosophie zunutze machen kann. So könnte man die Leistungsfähigkeit von Mobilfunknetzen erhöhen, wenn man zufällige Verbindungen zwischen weit auseinander liegenden Knoten einsetzt. Eine Analogie hierzu könnte im Internet genutzt werden: Einige zufällige Links zwischen den Knotenpunkten auf dem Internet-"Backbone" der Computerlinks könnten den Informationsfluß durch das gesamte System effizienter machen. Unser Hirn ist wahrscheinlich in eben dieser Art aufgebaut: mit engen Neuronenbündeln, die durch eine gelegentliche Abkürzung über lange Distanzen verbunden sind, um den gesamten Informationsfluß noch mehr zu erhöhen.

Doch nicht nur Informationen können sich so schneller verbreiten. Watts und Strogatz zeigen, daß sich auch Infektionskrankheiten durch ein solches Netzwerk am effizientesten ausbreiten. Dieses sollten die Epidemiologen beachten, die sich darüber sorgen, daß sich Krankheiten auf der Erde durch die Luftfahrt ausbreiten. Das Flugzeug ist eine ideale Möglichkeit, um Verbindungen über lange Distanzen zwischen ansonsten entfernt liegenden Bündeln herzustellen.

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