Epidemiologie: "Die Welt ist nicht vorbereitet"
Am Sonntag wurde die 17. Epidemiologische Weltkonferenz in Bangkok feierlich eröffnet. Und gleich zu Beginn der Tagung stand die globale Herausforderung einer Grippe-Pandemie im Fokus.
Ist die Welt auf eine Grippe-Pandemie, ausgelöst durch den Vogelgrippevirus, vorbereitet? "Nein" lautet die klare Antwort von Klaus Stöhr, Chef des Influenza-Programms der Weltgesundheitsorganisation WHO. Weder die Vorräte an dem Grippemittel mit dem Handelsnamen Tamiflu noch die Produktionskapazitäten der einzigen Herstellerfirma reichten derzeit im Fall eines Ausbruchs der Grippe aus, warnte Stöhr am Montag auf der 17. Epidemiologischen Weltkonferenz in Bangkok.
Zwar könne niemand prophezeien, wann und wo ein Ausbruch geschehen könne und welcher Erreger die Ursache sein werde. Aber das Vogelgrippevirus H5N1 sei ein wahrscheinlicher Kandidat. Dafür spreche das Ausmaß der Infektionen unter Hühnern und Enten in südostasiatischen Ländern, die Zahl der Übertragungen auf den Menschen und zwischen Menschen in dieser Region sowie die Weiterverbreitung des Virus durch Zugvögel. "Die H5N1-Epidemie in Südostasien im Jahr 2004 ist ohne Beispiel", sagte Stöhr und fügte hinzu: "Niemals zuvor ist das Virus fast zeitgleich in zehn Ländern aufgetreten. Mit anderen Worten: Bereits halb Asien ist betroffen."
Stöhr bestätigte Berichte der letzten Tage, wonach das Virus schon bis nach Kasachstan und der Mongolei gelangt sei. Eine weitere Ausbreitung bis hin nach Westeuropa schloss der Experte nicht aus. Jedoch würden die Auswirkungen in Europa vermutlich weniger dramatisch sein als in Asien.
Netzwerk gegen Vogelgrippe
Elf südostasiatische Länder hatten vor zehn Tagen in Bangkok ein Netzwerk gegen die Vogelgrippe gegründet. Die Gesundheitsminister dieser Länder – Thailand, Myanmar, Kambodscha, Vietnam, Malaysia, Bhutan, Brunei, Japan, China, Laos und die Philippinen – vereinbarten die Gründung eines Impfstoffpools, aus dem bei akuten Ausbrüchen das Medikament Tamiflu in allerhöchstens 24 Stunden am Ort des Ausbruchs zur Verfügung stehen soll.
So soll nach dem "Feuerlöscherprinzip" eine Ausbreitung des Virus an Ort und Stelle verhindert werden. Die elf Länder wollen je fünf Prozent ihrer Vorräte in diesen Pool einbringen. Jedoch konnten die Minister sich nicht auf ein gemeinsames Lager für diese Medikamente einigen. Thailands Gesundheitsminister Suchai Charoenratanakul sagte, es gehe nicht "um den richtigen Ort, sondern den richtigen Zeitpunkt" für den "schnellen Einsatz" des Medikaments. Wie der Einsatz der Tamiflu-Vorräte aus dem Pool im Ernstfall koordiniert werden solle, ist jedoch offen. Die Details würden jetzt zusammen mit der WHO ausgearbeitet, so Suchai.
Gesundheit als Menschenrecht
Eröffnet worden war die Konferenz am Sonntagabend mit vielen guten Worten und einem üppigen Buffet mit thailändischen Spezialitäten. Für die guten Worten war der ehemalige thailändische Ministerpräsident Anand Panyarachun zuständig, ein in Thailand und international hochgeachteter "Elder Statesman".
Anand nannte Gesundheit ein "Menschenrecht". Jedoch werde auch dieses Menschenrecht vielen Menschen in den Ländern der Dritten Welt noch verwehrt.
Chitr Sitthi-amorn, Organisator und Vorsitzender der Konferenz, rief in seiner Rede zum Beginn der Konferenz zu einer neuen "Partnerschaft" zwischen Epidemiologen und anderen gesellschaftlichen Bereichen auf. Nicht ein interdisziplinärer wissenschaftlicher Ansatz sei von Nöten, sondern die Epidemiologie müsse auch Partnerschaften mit der Politik, gesellschaftlichen Gruppen, Betroffenen, Reich und Arm sowie dem "privaten Sektor" eingehen, betonte der Professor der Chulalongkorn-Universität in Bangkok. Neue Infektionskrankheiten wie Sars und der Vogelgrippe sowie die Globalisierung der Welt stellten die Epidemiologie vor neue Herausforderungen. Mit Stolz betonte Chitr, dass mehr als die Hälfte der über 700 Konferenzteilnehmern aus Ländern der Dritten Welt komme.
Noch bis Donnerstag dieser Woche wird die Konferenz neue Strategien zur Frühentdeckung und Prävention von Krankheiten beraten. Eine zentrale Rolle spielen dabei auch die ethischen Dimensionen von Genforschung bis hin zum ungleich verteilten Gut "Gesundheit" zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden der Welt.
Stöhr teilt die Ansicht vieler Gesundheitsexperten, dass der Ausbruch einer weltweiten Grippe-Epidemie nur noch eine Frage der Zeit sei. Statistisch gesehen würde alle 27,5 Jahre ein solche Epidemie ausbrechen. Demnach sei eine neue Grippe-Epidemie, die Millionen Menschenleben kosten könne, "längst überfällig".
Zwar könne niemand prophezeien, wann und wo ein Ausbruch geschehen könne und welcher Erreger die Ursache sein werde. Aber das Vogelgrippevirus H5N1 sei ein wahrscheinlicher Kandidat. Dafür spreche das Ausmaß der Infektionen unter Hühnern und Enten in südostasiatischen Ländern, die Zahl der Übertragungen auf den Menschen und zwischen Menschen in dieser Region sowie die Weiterverbreitung des Virus durch Zugvögel. "Die H5N1-Epidemie in Südostasien im Jahr 2004 ist ohne Beispiel", sagte Stöhr und fügte hinzu: "Niemals zuvor ist das Virus fast zeitgleich in zehn Ländern aufgetreten. Mit anderen Worten: Bereits halb Asien ist betroffen."
Stöhr bestätigte Berichte der letzten Tage, wonach das Virus schon bis nach Kasachstan und der Mongolei gelangt sei. Eine weitere Ausbreitung bis hin nach Westeuropa schloss der Experte nicht aus. Jedoch würden die Auswirkungen in Europa vermutlich weniger dramatisch sein als in Asien.
"Bereits halb Asien ist betroffen"
(Klaus Stöhr)
"Die Interaktion mit Tieren ist in Europa anders als in Asien", meinte Stöhr. Etwa siebzig Prozent der vorhandenen Impfstoffproduktion laufe in Europa. Jedoch sei zu befürchten, dass die Länder ihre Lagerbestände des Impfstoffes zur Versorgung der eigenen Bevölkerung im Krisenfall zurückhalten, anstatt sie den Menschen in akuten Ausbruchregionen zur Verfügung zu stellen. (Klaus Stöhr)
Netzwerk gegen Vogelgrippe
Elf südostasiatische Länder hatten vor zehn Tagen in Bangkok ein Netzwerk gegen die Vogelgrippe gegründet. Die Gesundheitsminister dieser Länder – Thailand, Myanmar, Kambodscha, Vietnam, Malaysia, Bhutan, Brunei, Japan, China, Laos und die Philippinen – vereinbarten die Gründung eines Impfstoffpools, aus dem bei akuten Ausbrüchen das Medikament Tamiflu in allerhöchstens 24 Stunden am Ort des Ausbruchs zur Verfügung stehen soll.
So soll nach dem "Feuerlöscherprinzip" eine Ausbreitung des Virus an Ort und Stelle verhindert werden. Die elf Länder wollen je fünf Prozent ihrer Vorräte in diesen Pool einbringen. Jedoch konnten die Minister sich nicht auf ein gemeinsames Lager für diese Medikamente einigen. Thailands Gesundheitsminister Suchai Charoenratanakul sagte, es gehe nicht "um den richtigen Ort, sondern den richtigen Zeitpunkt" für den "schnellen Einsatz" des Medikaments. Wie der Einsatz der Tamiflu-Vorräte aus dem Pool im Ernstfall koordiniert werden solle, ist jedoch offen. Die Details würden jetzt zusammen mit der WHO ausgearbeitet, so Suchai.
Gesundheit als Menschenrecht
Eröffnet worden war die Konferenz am Sonntagabend mit vielen guten Worten und einem üppigen Buffet mit thailändischen Spezialitäten. Für die guten Worten war der ehemalige thailändische Ministerpräsident Anand Panyarachun zuständig, ein in Thailand und international hochgeachteter "Elder Statesman".
Anand nannte Gesundheit ein "Menschenrecht". Jedoch werde auch dieses Menschenrecht vielen Menschen in den Ländern der Dritten Welt noch verwehrt.
"Die internationale Forschung konzentriert sich auf die Krankheiten der Reichen"
(Anand Panyarachun)
"Die internationale Forschung konzentriert sich auf die Krankheiten der Reichen", kritisierte Anand. Unter Bezug auf das Motto der Konferenz "Gleichheit in Gesundheit" betonte Anand, Gleichheit müsse schon bei der Forschung beginnen. Zur Gesundheit gehöre jedoch nicht nur medizinische Forschung und Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten zum Beispiel gegen Aids, Malaria oder Tuberkulose, sondern auch Investitionen in mehr Bildung und Strategien zur Reduzierung von Armut. "Von dieser Konferenz muss ein Transfer von Wissen und Technologie von Nord nach Süd ausgehen", forderte der "thailändische Weizsäcker". (Anand Panyarachun)
Chitr Sitthi-amorn, Organisator und Vorsitzender der Konferenz, rief in seiner Rede zum Beginn der Konferenz zu einer neuen "Partnerschaft" zwischen Epidemiologen und anderen gesellschaftlichen Bereichen auf. Nicht ein interdisziplinärer wissenschaftlicher Ansatz sei von Nöten, sondern die Epidemiologie müsse auch Partnerschaften mit der Politik, gesellschaftlichen Gruppen, Betroffenen, Reich und Arm sowie dem "privaten Sektor" eingehen, betonte der Professor der Chulalongkorn-Universität in Bangkok. Neue Infektionskrankheiten wie Sars und der Vogelgrippe sowie die Globalisierung der Welt stellten die Epidemiologie vor neue Herausforderungen. Mit Stolz betonte Chitr, dass mehr als die Hälfte der über 700 Konferenzteilnehmern aus Ländern der Dritten Welt komme.
Noch bis Donnerstag dieser Woche wird die Konferenz neue Strategien zur Frühentdeckung und Prävention von Krankheiten beraten. Eine zentrale Rolle spielen dabei auch die ethischen Dimensionen von Genforschung bis hin zum ungleich verteilten Gut "Gesundheit" zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden der Welt.
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