Wetterphänomen: Die Erde steht wohl erneut unter El-Niño-Einfluss
Im tropischen Pazifik herrschen erstmals seit sieben Jahren wieder El-Niño-Bedingungen. Das teilte jetzt die Weltwetterorganisation (WMO) mit. Ein El Niño kann Klima und Wetter in großen Teilen der Welt beeinflussen, etwa für Trockenheit und anhaltende Hitze sorgen oder auch starke Regenfälle hervorrufen. Die WMO geht mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit davon aus, dass das Wetterphänomen die zweite Jahreshälfte bestimmen wird. Wie stark es diesmal ausfällt, lasse sich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht sagen. Den letzten extremen El Niño hatte es 2015/2016 gegeben.
Erstes Anzeichen ist eine gravierende Erwärmung der oberen Wasserschichten im Pazifik in Tropennähe entlang der mittel- und südamerikanischen Küste. Dort stieg die monatliche Durchschnittstemperatur nach Angaben der WMO von 0,44 Grad unter dem langjährigen Mittel im Februar bis Mitte Juni auf 0,9 Grad über dem Mittel. Die US-Klimabehörde NOAA hatte bereits im Juni erklärt, dass es einen El Niño geben wird. Die WMO bezieht in ihre Prognosen jeweils die Expertise mehrerer Klimabehörden ein.
»Das Einsetzen eines El Niño erhöht die Wahrscheinlichkeit von Temperaturrekorden und extremer Hitze in vielen Teilen der Welt und im Ozean deutlich«, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. Er rief die Regierungen weltweit auf, Vorkehrungen zu treffen, um die Auswirkungen auf die Gesundheit, die Ökosysteme und die Wirtschaft zu begrenzen. »Frühzeitige Warnungen und vorausschauendes Handeln vor extremen Wetterereignissen, die mit diesem bedeutenden Klimaphänomen verbunden sind, sind entscheidend, um Leben zu retten«, sagte er laut einer Mitteilung.
»Der Fingerabdruck von El Niño ist auf den tropischen Pazifik konzentriert, mit nur geringen Auswirkungen in Europa«Helge Gößling, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
Das Wetterphänomen selbst hat nichts mit dem menschengemachten Klimawandel zu tun und tritt natürlicherweise alle paar Jahre auf – es kann aber die Folgen des Klimawandels verschärfen, weil es einen zusätzlichen wärmenden Effekt hat. Eigentlich drücken Passatwinde das warme Wasser des Pazifiks nach Westen, kühleres strömt aus tieferen Schichten nach. Bei El-Niño-Lagen sind die Winde aber schwächer, dadurch kommt der Humboldtstrom an der Westküste Südamerikas zum Erliegen, der normalerweise kühles Wasser aus der Antarktis herantransportiert. In der Folge verschiebt sich der schnelle, bandförmige Jetstream Richtung Süden und die Stratosphäre mehr als zehn Kilometer über der Erde wird wärmer.
Die kurzfristigen Folgen sind unterschiedlich. In Südostasien, im südlichen Afrika und in Australien wird es merklich trockener und heißer. Dort steigt das Risiko für Wald- und Buschbrände. Auch in Brasilien und dem nördlichen Teil Südamerikas wird es trockener, ebenso im mittleren Westen der USA. Feuchter wird es dagegen in Ostafrika, das gerade durch eine verheerende Dürre gegangen ist, ebenso an der Westküste Nord- und Südamerikas und in Sri Lanka vor der Südspitze Indiens. Im Golf von Mexiko sinkt die Gefahr von Hurrikans, weil weniger Feuchtigkeit in der Luft ist. Im Pazifik drohen dagegen mehr gefährliche Stürme.
Und in Europa? »Der Fingerabdruck von El Niño ist auf den tropischen Pazifik konzentriert, mit spürbaren Auswirkungen auf den größeren Pazifikraum und entlang des Äquators, aber mit nur geringen Auswirkungen in Europa«, sagte Helge Gößling vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven der Deutschen Presse-Agentur. Damit gehört Europa zu dem einen Viertel der Erde, wo die Wettermuster nur sehr wenig von einem El Niño beeinflusst werden.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.