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News: Die Zentrale von 457 Krebsauslösern

Die Teilung einer Zelle ist ein ziemlich aufwändiges Ereignis: Eine große Zahl von Genen müssen an-, andere abgeschaltet und viele spezielle Eiweiße gebildet werden. Dort, wo Sand in dieses komplizierte Getriebe gelangt, gerät die Zellteilung außer Kontrolle - im schlimmsten Fall ist die Folge Krebs. Den krebsverusachenden Vorgang der fehlgeleiteten Zellteilung genau zu identifizieren ist allerdings meist schwer. Jetzt haben Forscher einen zentralen Regulator ausgemacht: Er steuert gleich 476 Gene, die für die Synthese von Proteinen zur Unterstützung des Krebswachstums und der Zellteilung nötig sind.
Am Anfang stehen Signalproteine: Sie binden außen an die Zelloberfläche und geben den Zellen den Befehl sich zu teilen. Der Teilungsbefehl wird dann über verschiedene Signalketten bis in den Zellkern weitergeleitet, um dort die Umsetzung der genetischen Eiweißbauanleitungen der DNA zu initiieren. Es beginnt die Synthese von Proteinen, die bei der Neubildung und Neuorganisation von Zellen benötigt werden. Aktiv werden beispielsweise Gene zur Regulation der Proteinsynthese, gebildet werden aber auch Proteine, die dafür sorgen, dass andere neugebildete Proteine die richtige drei-dimensionale Struktur bilden; eine Voraussetzung für einen fehlerfreien Einsatz im Zellstoffwechsel.

Eines der durch die Signalketten aktivierten Gene, so war schon länger bekannt, ist auch das C-MYC-Gen, welches für die Bildung des c-MYC-Proteins verantwortlich ist. Das c-MYC-Protein bindet dann wiederum seinerseits an die DNA der Zelle und aktiviert eine Vielzahl weiterer Gene, die für die Synthese von Eiweißen zur Unterstützung des Krebswachstums verantwortlich sind. Das Gen C-MYC ist in fast allen menschlichen Tumoren aktiv: Es muss demnach eine Schlüsselrolle bei der Entstehung und Entwicklung von Tumoren haben.

Einen wichtigen Beitrag zum Verständnis dieser Schlüsselrolle lieferten nun Antje Menssen und Heiko Hermeking vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried. Sie hatten sich zur Aufgabe gemacht, alle Gene zu identifizieren, welche durch das c-MYC-Protein aktiviert werden. Möglich werden sollte dies mit Hilfe der so genannten SAGE-Methode. SAGE, die "Serielle Analyse der Genexpression", wurde 1995 an der Johns Hopkins University entwickelt und ermöglicht den gleichzeitigen Nachweis aller Genprodukte in einer Zelle. Die Technik beruht auf einer quantitativen Analyse von kurzen Nucleinsäure-Abschnitten, die aus Genprodukten isoliert werden und durch Computermodelle mit bereits bekannten Gensequenzen verglichen werden.

Mit ihren SAGE-Analysen identifizierten Hermeking und Menssen 476 Gene, die durch das c-MYC-Protein aktiviert oder unterdrückt werden. Sie erstellten eine komplette Übersicht der aller dieser Gene und stellten sie der Öffentlichkeit zur Verfügung. Zudem konnte Menssen zeigen, dass das c-MYC-Protein direkt an regulatorische Bereiche der aktivierten Gene bindet. Einige der jetzt identifizierten Gene sind bereits bekannte Ziele für die Entwicklung von Tumortherapeutika, beispielsweise das Gen für die Cyclin-abhängige Kinase 4, die verstärkt in Darmkrebszellen und anderen Tumorarten gefunden wird. Eine Substanz, welche Tumor-Neovaskularisierung durch Hemmung eines der c-MYC-induzierten Genprodukte unterdrückt, steht auch bereits in der klinischen Erprobung als Krebstherapeutikum.

Durch ihre Veröffentlichung der 476 durch c-MYC regulierten Gene haben die beiden Martinsrieder Forscher viele Möglichkeiten für die Erforschung von Krebstherapeutika für die Wissenschaft zugänglich gemacht. Einige der Gene könnten in Zukunft als Wirkstoffziele für die Behandlung von Erkrankungen wie Tumore oder für die Unterdrückung der Neubildung von Blutgefäßen zur Versorgung der Krebszellen dienen.

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