Stammzellforschung: Diskussion vor leeren Stühlen
Mehr als drei Stunden debattierten die Bundestagsabgeordneten am Donnerstag über die unterschiedlichen Anträge zur Änderung des Stammzellgesetzes. Dabei wurde deutlich, dass die Abgeordneten teilweise sehr konträre Positionen vertreten - zumindest für jene, die anwesend waren.
"Menschenwürde kann nicht mit Forschungsfreiheit abgewogen werden", erklärte der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe am Donnerstag im Bundestag – und sprach sich damit für den wohl radikalsten Gesetzesentwurf für die kommende Änderung des Stammzellgesetzes aus: Insgesamt 52 Abgeordnete verschiedener Fraktionen wollen mit diesem zukünftig die embryonale Stammzellforschung in Deutschland ganz verbieten.
Dem entgegen stehen die drei weiteren Gesetzesvorschläge jeweils fraktionsübergreifender Gruppen, die entweder den aktuellen Status Quo bewahren, den bisherigen Stichtag für den Import von embryonalen Stammzellen verschieben oder diesen ganz aufheben wollen. Die meisten Befürworter hat hierbei mit 184 Unterzeichnern der interfraktionelle Antrag von René Röspel (SPD) und Ilse Aigner (CDU), die eine einmalige Verschiebung des Stichtages auf den 1. Mai 2007 vorschlagen. Mitte März sollen die Abgeordneten letztlich über diese Anträge abstimmen.
Kritik am aktuellen Stammzellgesetz
Bislang erlaubt das seit 2002 gültige Stammzellgesetz die Forschung an embryonalen menschlichen Stammzellen nur, sofern diese aus dem Ausland importiert werden und vor dem 1. Januar 2002 im Rahmen einer künstlichen Befruchtung gewonnen wurden. Viele Forscher jedoch kritisieren, dass entsprechende Zelllinien veraltet und verunreinigt sind. Zudem gebe es inzwischen auch erste standardisierte Zelllinien, die eine Überprüfung von Ergebnissen verschiedener Forschergruppen erleichtern. Eine Beschränkung auf die alten Zelllinien bedeute darum einen Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Forschern.
Es wundert darum nicht, dass viele Forschungsinstitutionen wie etwa die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Helmholtz-Gesellschaft oder die Leibniz-Gemeinschaft im Vorfeld der Bundestagsdebatten Pressemitteilungen herausgaben, welche die Abgeordneten zu einer Liberalisierung des Gesetzes aufriefen.
Dabei thematisierten die Wissenschaftler einen weiteren Kritikpunkt am aktuellen Gesetz. Denn dieses stellt die Beteiligung deutscher Forscher an internationalen Studien, die mit jüngeren Zelllinien arbeiten, grundsätzlich unter Strafe. Zwar wurde diese Regelung bislang noch nicht angewandt, Forscher jedoch kritisieren die daraus resultierende Unsicherheit insbesondere für Nachwuchswissenschaftler.
Gegensätze überwiegen
Zumindest bei diesem letzten Aspekt bestand bei den unterschiedlichen Gruppen im Bundestag weit gehende Einigkeit: Deutsche Forscher sollen in Zukunft bei einer entsprechenden Beteiligung keinerlei Strafverfolgung befürchten müssen. Ansonsten jedoch hätten die Reden der einzelnen Interessenvertreter nicht unterschiedlicher sein können.
So zeigten sich die Kritiker einer Lockerung des Stammzellgesetzes vor allem von den fehlenden Erfolgen der bisherigen Forschung und den missglückten "Heilsversprechungen der Forscher" enttäuscht. Ihre Gegner hingegen wollten dies nicht stehen lassen. "Stammzellforschung ist Grundlagenforschung", sagte etwa Thomas Oppermann von der SPD, der sich für eine Aufhebung der Stichtagsregelung aussprach. Man könne darum nach nur wenigen Jahren noch keine Heilerfolge erwarten.
Debattiert wurde auch über die Sinnhaftigkeit einer Verschiebung des Stichtages. Viele Abgeordnete befürchten, dass es bei einer einmaligen Stichtags-Änderung nicht bleiben wird – und ziehen daraus unterschiedliche Schlüsse: Während die Verfechter der liberalen Gesetzesvorlage weitere zukünftige Stichtagsänderungen dazu nutzen, das Stammzellgesetz gänzlich für ES-Importe zu öffnen, plädierte etwa Priska Hinz von Bündnis 90/Die Grünen für eine Beibehaltung des aktuellen Kompromisses und verstärkte Forschungsanstrengungen mit adulten Stammzellen. Eine Einigung schien zwischen den unterschiedlichen Lagern nicht in Sicht.
Hohe Fachkenntnis – wenig Interesse
Eines jedoch fiel bei den Diskussionen um das Stammzellgesetz angenehm auf: Die Redner wussten im Allgemeinen genau, wovon sie redeten. Sie erwähnten aktuelle Studien, zitierten Forscheraussagen und zogen mit ethischen Argumenten von Kant bis Habermas zu Felde. Sie verglichen die deutsche Stichtags-Regelung mit den Gesetzgebungen in Großbritannien oder Spanien und waren auch über Bürgerumfragen zur Stammzellforschung informiert. Gleichzeitig blieben die Reden und Einwürfe stets auf sachlichem Niveau.
Doch leider verhallten die inhaltlichen und rhetorischen Kenntnisse der Redner weit gehend ungehört: Viele der blauen Sitzreihen im Plenarsaal des Bundestages waren während der Diskussionen leer geblieben.
Dem entgegen stehen die drei weiteren Gesetzesvorschläge jeweils fraktionsübergreifender Gruppen, die entweder den aktuellen Status Quo bewahren, den bisherigen Stichtag für den Import von embryonalen Stammzellen verschieben oder diesen ganz aufheben wollen. Die meisten Befürworter hat hierbei mit 184 Unterzeichnern der interfraktionelle Antrag von René Röspel (SPD) und Ilse Aigner (CDU), die eine einmalige Verschiebung des Stichtages auf den 1. Mai 2007 vorschlagen. Mitte März sollen die Abgeordneten letztlich über diese Anträge abstimmen.
Kritik am aktuellen Stammzellgesetz
Bislang erlaubt das seit 2002 gültige Stammzellgesetz die Forschung an embryonalen menschlichen Stammzellen nur, sofern diese aus dem Ausland importiert werden und vor dem 1. Januar 2002 im Rahmen einer künstlichen Befruchtung gewonnen wurden. Viele Forscher jedoch kritisieren, dass entsprechende Zelllinien veraltet und verunreinigt sind. Zudem gebe es inzwischen auch erste standardisierte Zelllinien, die eine Überprüfung von Ergebnissen verschiedener Forschergruppen erleichtern. Eine Beschränkung auf die alten Zelllinien bedeute darum einen Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Forschern.
Es wundert darum nicht, dass viele Forschungsinstitutionen wie etwa die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Helmholtz-Gesellschaft oder die Leibniz-Gemeinschaft im Vorfeld der Bundestagsdebatten Pressemitteilungen herausgaben, welche die Abgeordneten zu einer Liberalisierung des Gesetzes aufriefen.
Dabei thematisierten die Wissenschaftler einen weiteren Kritikpunkt am aktuellen Gesetz. Denn dieses stellt die Beteiligung deutscher Forscher an internationalen Studien, die mit jüngeren Zelllinien arbeiten, grundsätzlich unter Strafe. Zwar wurde diese Regelung bislang noch nicht angewandt, Forscher jedoch kritisieren die daraus resultierende Unsicherheit insbesondere für Nachwuchswissenschaftler.
Gegensätze überwiegen
Zumindest bei diesem letzten Aspekt bestand bei den unterschiedlichen Gruppen im Bundestag weit gehende Einigkeit: Deutsche Forscher sollen in Zukunft bei einer entsprechenden Beteiligung keinerlei Strafverfolgung befürchten müssen. Ansonsten jedoch hätten die Reden der einzelnen Interessenvertreter nicht unterschiedlicher sein können.
So zeigten sich die Kritiker einer Lockerung des Stammzellgesetzes vor allem von den fehlenden Erfolgen der bisherigen Forschung und den missglückten "Heilsversprechungen der Forscher" enttäuscht. Ihre Gegner hingegen wollten dies nicht stehen lassen. "Stammzellforschung ist Grundlagenforschung", sagte etwa Thomas Oppermann von der SPD, der sich für eine Aufhebung der Stichtagsregelung aussprach. Man könne darum nach nur wenigen Jahren noch keine Heilerfolge erwarten.
Debattiert wurde auch über die Sinnhaftigkeit einer Verschiebung des Stichtages. Viele Abgeordnete befürchten, dass es bei einer einmaligen Stichtags-Änderung nicht bleiben wird – und ziehen daraus unterschiedliche Schlüsse: Während die Verfechter der liberalen Gesetzesvorlage weitere zukünftige Stichtagsänderungen dazu nutzen, das Stammzellgesetz gänzlich für ES-Importe zu öffnen, plädierte etwa Priska Hinz von Bündnis 90/Die Grünen für eine Beibehaltung des aktuellen Kompromisses und verstärkte Forschungsanstrengungen mit adulten Stammzellen. Eine Einigung schien zwischen den unterschiedlichen Lagern nicht in Sicht.
Hohe Fachkenntnis – wenig Interesse
Eines jedoch fiel bei den Diskussionen um das Stammzellgesetz angenehm auf: Die Redner wussten im Allgemeinen genau, wovon sie redeten. Sie erwähnten aktuelle Studien, zitierten Forscheraussagen und zogen mit ethischen Argumenten von Kant bis Habermas zu Felde. Sie verglichen die deutsche Stichtags-Regelung mit den Gesetzgebungen in Großbritannien oder Spanien und waren auch über Bürgerumfragen zur Stammzellforschung informiert. Gleichzeitig blieben die Reden und Einwürfe stets auf sachlichem Niveau.
Doch leider verhallten die inhaltlichen und rhetorischen Kenntnisse der Redner weit gehend ungehört: Viele der blauen Sitzreihen im Plenarsaal des Bundestages waren während der Diskussionen leer geblieben.
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