Dreißigjähriger Krieg: DNA-Analyse kann Identität eines Schweizer Freiheitskämpfers nicht bestätigen
Im Jahr 1959 stieß Erik Hug bei Grabungen in der Kathedrale im schweizerischen Chur auf ein Skelett, das Forschern bis heute Rätsel aufgibt. Hug vermutete damals, dass es sich um die sterblichen Überreste des Schweizer Freiheitshelden Oberst Jörg Jenatsch (1596-1639) handelte. Da der Züricher Anthropologe die Ergebnisse seiner Untersuchungen nie veröffentlichte, konnte die Identität des Verstorbenen bisher nicht abschließend geklärt werden. Aus diesem Grund öffnete nun ein internationales Forscherteam das Grab erneut und versuchte, das Skelett mittels moderner genetischer Untersuchungen zu identifizieren. Mittlerweile steht jedoch fest: Auch die DNA-Analyse kann Hugs These weder bestätigen noch widerlegen.
Jörg Jenatsch führte während des Dreißigjährigen Kriegs die Truppe der Drei Bünde, eines Freistaats auf dem Gebiet des heutigen Kantons Graubünden. 1639 wendete sich allerdings das Glück des Freiheitshelden: Während der Fasnacht wurde er durch einen Schlag auf den Hinterkopf ermordet.
Um zu überprüfen, ob die Knochen aus der Churer Kathedrale wirklich von ihm stammen, machten Forscher um Manuel Janosa vom Archäologischen Dienst Graubünden drei lebende Nachfahren aus der direkten männlichen Linie von Jenatsch ausfindig. Diese waren bereit, Abstriche der Wangenschleimhaut vornehmen zu lassen, damit Janosa ihre DNA mit der des Skeletts vergleichen konnte.
Besonderes Augenmerk legten die Forscher dabei auf zwei bestimmte Y-chromosomale Merkmale, die so genannten Y-STRs (short tandem repeats) und die Y-SNPs (single nucleotide polymorphisms). Da die DNA der Y-Chromosomen unverändert an männliche Nachkommen weitervererbt wird, müssten die Muster der Nachfahren mit denen des Skeletts übereinstimmen – wenn der Verstorbene tatsächlich Jörg Jenatsch war.
Die 22 untersuchten Y-SNPs waren dabei tatsächlich identisch – allerdings kommt das gleiche Muster in Mitteleuropa recht häufig vor. Bei den Y-STRs stellten die Forscher zudem geringfügige Unterschiede zwischen den Nachfahren und dem Skelett fest. Auf der Basis dieser DNA-Analyse lässt sich das Rätsel um den Verstorbenen also immer noch nicht lösen.
Was nach der gescheiterten genetischen Untersuchung bleibt, sind Indizien: So konnten Janosa und seine Kollegen zeigen, dass die Knochen von einem Mann stammen müssen, der im Alter zwischen 40 und 60 Jahren verstorben war – was auf Jenatsch zutreffen würde, der mit 43 Jahren ermordet wurde. Auch die Todesumstände und der Fundort des Toten stimmen mit den Berichten über das Ableben des Freiheitshelden überein. Für Projektleiter Janosa sind diese Hinweise auch ohne DNA-Analyse eindeutig: "Wir dürfen mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es sich bei dem Grab um jenes von Jörg Jenatsch handelt."
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