Meteoriten: Doch keine Meteoriten vom Kometen Encke
Gibt es vielleicht Meteoriten, die Bruchstücke eines Kometenkerns sind? Diese Frage wird seit einiger Zeit für zwei besonders urtümliche Meteoriten diskutiert, die in den Jahren 2009 und 2012 auf die Erde fielen. Eine detaillierte spektroskopische Untersuchung weist nun darauf hin, dass die beiden Meteoriten Maribo und Sutter's Mill wohl eher nicht wie vermutet vom Kometen Encke stammen. Die Untersuchungen führte ein Forscherteam um Cecilia Tubiana vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen durch.
Der Meteorit Maribo fiel am 17. Januar 2009 nahe der dänischen Kleinstadt auf die Erde und wurde nach seinem Fundort benannt (siehe SuW 8/2009, S. 70). Das Gleiche gilt für die Meteoriten von Sutter's Mill, die am 22. April 2012 am Ort des kalifornischen Goldrauschs von 1848 niedergingen. Die Meteoriten wurden bei ihrem Fall von diversen Kameras registriert, so dass es gelang, ihre Bahnen im Sonnensystem vor dem Absturz auf die Erde zu rekonstruieren. Sie ähneln sehr stark denjenigen, welche die Teilchen des Meteorstroms der Tauriden im Sonnensystem zurücklegen. Dieser sorgte Anfang November 2015 für Aufsehen, da durch ihn viele helle Feuerkugeln am Himmel aufleuchteten.
Als Ursprungskörper der Tauriden gilt der kurzperiodische Komet 2P/Encke, der bereits im Jahr 1786 entdeckt wurde. Der deutsche Astronom Johann Franz Encke (1791 – 1865) konnte im Jahr 1819 seine Bahn durch das Sonnensystem bestimmen, so dass dieser Schweifstern nach ihm benannt wurde. 2P/Encke benötigt auf seiner stark elliptischen Bahn nur 3,3 Jahre für einen Umlauf um die Sonne. Er ist derzeit der einzige bekannte Schweifstern mit einem derart engen Sonnenorbit. Zusätzlich gibt es noch eine ganze Anzahl an kleinen erdnahen Asteroiden, deren Bahnen darauf hinweisen, dass sie vielleicht Bruchstücke eines größeren Himmelskörpers sind. Aus diesem gingen dann vor Millionen von Jahren sowohl die Asteroiden als auch der Komet Encke hervor. Somit wäre es auch denkbar, dass beim Auseinanderbrechen dieses Ursprungskörpers auch eine Unmenge an kleineren Bruchstücken entstand, von denen manche schließlich als Meteoriten auf die Erde fallen.
Bei beiden Meteoritenfällen gelang es, frisches Material für wissenschaftliche Untersuchungen zu bergen. Sie stellten sich als Meteorite des Typs CM heraus, einer Unterklasse der kohligen Chondriten. Derartige Meteoriten weisen einen hohen Gehalt an elementarem Kohlenstoff auf, zudem enthalten sie organische Verbindungen nichtbiologischen Ursprungs. In CM-Chondriten finden sich außerdem größere Mengen an chemisch gebundenem Wasser im Bereich von mehreren Massenprozent. Des Weiteren sind für sie Minerale typisch, die deutliche Anzeichen einer Veränderung (Alteration) durch flüssiges Wasser in der Frühzeit des Sonnensystems vor mehr als 4,5 Milliarden Jahren aufweisen. Diese Alteration zeigt sich in den Spektren als Absorptionsbande bei einer Wellenlänge von 700 Nanometern, also im roten Licht. Da Wasser in Kometenkernen in großen Mengen als Eis vorhanden ist, könnten CM-Chondriten zumindest theoretisch Kometenbruchstücke sein.
Das Forscherteam um Cecilia Tubiana nahm sich nun dieser Frage an. Es untersuchte sowohl die Meteoriten als auch den Kometen Encke und zehn ausgewählte erdnahe Asteroiden spektroskopisch im nahen Infraroten und im sichtbaren Licht. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die im Labor gemessenen Spektren der beiden Meteoriten nicht mit denjenigen des Kometen Encke und der zehn Asteroiden übereinstimmen. Deren Spektren zeigen unterhalb von 800 Nanometern überhaupt keine Absorptionsbanden. Außerdem fiel auf, dass im nahen Infraroten oberhalb von 800 Nanometern die Spektren vom Kometen Encke und den Asteroiden nicht übereinstimmen. Somit ist auch ihre gemeinsame Herkunft aus einem früheren Urkörper ziemlich unwahrscheinlich. Als Fazit der Untersuchungen von Cecilia Tubiana und ihren Koautoren geht somit hervor, dass die CM-Chondriten mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Kometenbruchstücke sind und dass die Übereinstimmung ihrer Bahnen mit denjenigen der Tauriden-Meteore wohl rein zufällig ist.
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