Dokumentarserie »Ein Planet vor unserer Zeit«: Schrecklich gut aussehende Echsen
Die Vorstellung davon, wie Dinosaurier gelebt und ausgehen haben, wandelt sich immer wieder. Galten sie bei ihrer Entdeckung im 19. Jahrhundert noch als einzelgängerische Riesenechsen mit Erbsenhirnen, erlangten einige von ihnen wie der berüchtigte Tyrannosaurus rex später – nicht zuletzt durch Blockbuster wie »Jurassic Park« – einen Ruf als Furcht einflößende Jäger.
Heute geht die Wissenschaft überwiegend davon aus, dass viele Dinosaurier Vögeln geähnelt, in Sozialverbänden gelebt und sich zum Teil intensiv um ihren Nachwuchs gekümmert haben. Letzteres tat vielleicht auch der T. rex, wie Forscherinnen und Forscher der Universität der japanischen Präfektur Fukui 2021 im Rahmen einer Studie herausgefunden haben – und was vorab im Trailer der neuen Dokumentarserie »Ein Planet vor unserer Zeit« (im Original: »Prehistoric Planet«) von Apple TV+ zu sehen war.
Schon vor der Ausstrahlung der fünf Folgen hat sich somit abgezeichnet, dass die Produzenten das Leben vor 66 Millionen Jahren auf einem wissenschaftlich akkurateren Stand als andere Produktionen zeigen wollen. Dafür wurde ein namhaftes Team verpflichtet: die schon aus Naturdokumentationen bekannten Produzenten Jon Favreau und Mike Gunton, die BBC Studios Natural History Unit (verantwortlich unter anderem für die Dokumentation »Planet Erde«) sowie der Naturforscher und Autor David Attenborough als Sprecher.
Die auf diese Weise versammelte Expertise hat sich gelohnt: Die Dinosaurier, die in den Regionen »Küsten«, »Wüsten«, »Süßwasser«, »Eiswelten« und »Wälder« auf Nahrungs- oder Partnersuche gehen, wirken realitätsgetreuer als alles, was es bislang zu diesem Thema gab.
Gigantische Produktion mit winzigen Makeln
Dafür sorgen nicht zuletzt die beeindruckenden visuellen Effekte der Londoner »Moving Picture Company« (MPC), die bereits bei den Live-Action-Adaptionen der Disney-Filme »Das Dschungelbuch« und »Der König der Löwen« federführend war. Mit einer Naturdokumentationen nachempfundenen Kameraführung und dem Enthusiasmus versprühenden Attenborough entsteht so leicht der Eindruck, man würde Triceratops, Mosasaurus und Co. in freier Wildbahn statt auf dem heimischen Bildschirm verfolgen.
Gestört wird diese Illusion allerdings durch Momente, in denen die erzählerische Hand des Produktionsteams hinter den Bildern zum Vorschein kommt: etwa, wenn ein männlicher Saurier sichtlich enttäuscht ist, als er erfolglos um ein Weibchen wirbt. Zusammen mit den vielen Baby-Dinos, die durch die prähistorische Landschaft tapsen, lassen solche bewusst komischen Momente erahnen, dass die Produzenten auch die jüngere Zielgruppe im Blick haben.
Ältere Zuschauerinnen und Zuschauer dürften sich dagegen vor allem von den neuartigen und zum Teil verblüffenden Erkenntnissen aus der Paläontologie angesprochen fühlen – zumal »Ein Planet vor unserer Zeit« diese nicht trocken, sondern anhand kleiner Episoden aus dem täglichen Überlebenskampf seiner Protagonisten vermittelt. Dadurch geraten Szene wie jene, in denen ein frisch geschlüpfter Pterosaurier vor einem Fressfeind Reißaus nehmen muss, stellenweise so fesselnd wie ein Thriller.
Staunen lassen darüber hinaus die Möglichkeiten moderner CGI-Technik. Wie die Vorstellung über Dinosaurier hat auch sie sich in den letzten Jahren weiterentwickelt – mit der Folge, dass sich nun beinahe jedes Staubkorn auf den Klauen der Velociraptoren erkennen lässt. Untermalt mit dem Soundtrack von Hans Zimmer entsteht dadurch eine Miniserie, bei dem nicht nur die Protagonisten, sondern auch alles andere schlichtweg gigantisch anmutet.
Die erste Folge »Ein Planet vor unserer Zeit« von Jon Favreau und den Produzenten von »Planet Erde« ist ab dem 23.05.2022 bei Apple TV+ zu sehen.
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