Mitmach-Astronomie: Wie hell ist mein Himmel?
Wie hell ist mein Nachthimmel? Eine Frage, die längst nicht nur Amateurastronomen interessiert. Abermillionen künstliche Lichtquellen erhellen heutzutage nicht nur Straßen und Wege, sondern auch den Himmel darüber. "Skyglow" nennen Astronomen dieses Phänomen – ein Himmelsglühen, das nicht nur die Sterne vom Firmament verschwinden lässt, sondern auch zum Problem für nachtaktive Lebewesen wird. Ob die derzeit in großem Maß stattfindende Umrüstung auf LED-Leuchten den Himmel noch heller werden lässt oder zu einer Abnahme des Skyglow führt, ist eine offene Frage, von der wohl das Schicksal unseres Nachthimmels abhängt. Wohin geht die Reise? Satellitenmessungen helfen nicht weiter – es werden Daten vom Erdboden benötigt.
Mehr als "Datensammler"
Die sammeln vor allem Bürgerwissenschaftler: Seit dem Jahr der Astronomie 2009 werten Initiativen wie "Globe at Night" Messungen des Skyglows von Hobbyastronomen auf der ganzen Welt aus. Sie helfen damit Wissenschaftlern, die beispielsweise im interdisziplinären Forschungsprojekt "Verlust der Nacht" versuchen, den schleichenden Tod der Nacht zu verstehen. Einer von ihnen ist Chris Kyba vom GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) und dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Kyba hat 2013 die App "Verlust der Nacht" mitentwickelt und damit eine einfache Methode geschaffen, den Skyglow in wenigen Schritten zu erfassen. Die App führt den Beobachter nacheinander zu verschieden hellen Sternen am Himmel und fragt, ob diese noch mit freiem Auge zu sehen sind. Andere Hilfsmittel, etwa die App "Dark Sky Meter" oder spezielle Sky-Quality-Meter messen die Himmelshelligkeit direkt über die Kamera des Smartphones beziehungsweise mit Helligkeitssensoren im Gerät. Tausende Messungen weltweit haben Bürgerwissenschaftler bislang eingesandt. Bislang standen diese Daten allerdings nur Profiforschern zur Verfügung.
Das ändert sich nun: "Bürgerwissenschaftler sollen nicht nur Datensammler sein, sondern ihre Messungen und die anderer auch selbst auswerten können", meint Kyba. Zu diesem Zweck entwickelte der Lichtverschmutzungsforscher gemeinsam mit der Firma Interactive Scape GmbH in Berlin die Website myskyatnight.com. Dort werden die Daten der Apps und die weiterer Citizen-Science-Projekte gesammelt, visualisiert und frei zur Verfügung gestellt. Nutzer der Seite können eigene Analysen durchführen, zum Beispiel die Entwicklung der Himmelshelligkeit im Lauf der Zeit untersuchen. Allerdings ist die Datenbank noch lückenhaft: "Es wird ein paar Jahre dauern, biss die Trendanalyse wirklich nützlich ist", schreibt Kyba auf seinem Blog. Er hofft, dass die Website mehr Bürgerwissenschaftler zur Mitarbeit motivieren wird.
Tückisches LED-Licht
Die derzeit besten Karten der globalen Lichtverschmutzung liefern zweifellos Satelliten wie der Erdbeobachtungssatellit Suomi-NPP oder die militärischen Satelliten des DMSP-Projekts. Die aber sind nur begrenzt hilfreich, sagt Kyba: "Satelliten messen das nach oben emittierte Licht, nicht aber das Licht, das von Menschen und anderen lebenden Kreaturen am Boden wahrgenommen wird." Zudem seien die verwendeten Kameras nicht empfindlich für den blauen Anteil des Lichts, der von vielen der neuen LED-Leuchten emittiert wird. Ob die gegenwärtige Umstellung der öffentlichen Beleuchtung von den verbreiteten Hochdruck-Natriumdampflampen mit ihrem orangegelben Licht auf LED-Technologie zu einer Zu- oder Abnahme des Skyglow führt, ist daher unklar. Zwar sind LEDs grundsätzlich sparsamer als herkömmliche Leuchten. Wenn Licht jedoch billiger wird, kann es schnell passieren, dass einfach mehr beleuchtet wird – ein klassischer Bumerangeffekt.
"Beobachtungen vom Erdboden sind daher äußerst wichtig für unsere Untersuchungen. Wir brauchen sie dringend, um herauszufinden, wie sich der Skyglow weltweit ändert." Unter einem natürlich dunklen Himmel kann man zu einem gegebenen Zeitpunkt mehr als 800 Sterne mit bloßem Auge erkennen. Wie die Website myskyatnight.com zeigt, werden solche Orte rar. Werden sie bald ganz verschwinden? Kyba hofft, dass die Daten letztlich auch Entscheidungen zu Gunsten umweltfreundlicher Außenbeleuchtung bewirken. "Im Idealfall finden wir Bespiele, in denen Städte, die in umweltfreundliche Beleuchtung investieren, nicht nur besser ausgeleuchtete Straßen und Bürgersteige haben, sondern auch mehr Sterne darüber."
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