Milchstraße: Doppelter Drehwurm
Die Galaxis ist viel mehr als eine spiralförmige Scheibe aus Milliarden von Sternen. Sie ist umgeben von einer ausgedehnten Blase, in der sowohl bekannte als auch exotische Objekte ihre Bahnen ziehen. Forscher erbringen nun den Beweis, dass diese Hülle genau genommen sogar aus Zweien besteht.
Schaut ein Erdenbürger mit bloßem Auge in den Nachthimmel, sieht er neben vereinzelt funkelnden Sternen hauptsächlich einen hellen, verschwommenen Streifen am Firmament – die Milchstraße. Aus dieser Perspektive bleibt die Architektur der Galaxis zunächst verborgen – ähnlich einem Irrgarten, dessen gesamte Struktur erst deutlich wird, wenn man von oben hinaufschaut.
Umgeben wird sie von einer noch größeren, sphärischen Hülle, dem so genannten Halo (griechisch für Lichthof). In ihm finden sich neben älteren Sternen und Kugelsternhaufen auch interstellare Gaswolken und Dunkle Materie. Meist umrunden diese Objekte das galaktische Zentrum auf exzentrischen Bahnen, weit außerhalb der eigentlichen Rotationsebene.
Aus eins mach zwei
Ein derart genaues Bild vom Aufbau der Heimatgalaxie zeichneten die Astronomen – trotz der ungünstigen Perspektive – aus der Bewegung und Verteilung der Sterne und des interstellaren Gases. Beim Verständnis des Halos half vor allem der Sloan Digital Sky Survey (SDSS), mit dem Gebiete außerhalb der Milchstraßenebene systematisch durchsucht werden. Das SDSS-Teleskop macht kontinuierlich Aufnahmen und sammelt so jede Nacht Hunderte von Gigabytes an Daten.
Einige davon nutzten nun Timothy Beers von der Michigan State University und seine Kollegen. Sie untersuchten die Dynamik und chemische Zusammensetzung von 20 000 Sternen und zeigten, dass sich der Halo der Milchstraße in zwei überlappende Komponenten unterteilen lässt. Das hatten zwar auch schon andere Wissenschaftler vermutet, doch untersuchten sie zu wenig Sterne, um den Beweis zu erbringen. Die neue Studie lässt nun keinen Zweifel mehr daran.
Gegenläufige Rotation
Ab 65 000 Lichtjahre übernimmt dann der äußere Halo, der den galaktischen Kern mit einer Geschwindigkeit von 160 000 Kilometer pro Stunde in der entgegengesetzten Richtung umläuft. Möglicherweise ragt er bis auf mehr als 300 000 Lichtjahre ins All hinaus, spekulieren Beers und sein Team.
Die Gegensätze der beiden Anteile lassen auf eine unterschiedliche Entstehungsweise schließen. Theoretische Modelle vermuten, dass der innere Halo durch das sukzessive Verschmelzen von kleineren, aber massereichen Galaxien oder durch protogalaktische Klumpen um die Milchstraße entstand.
Der äußere formte sich vermutlich später aus Galaxien, die die Milchstraße in gegenläufiger Richtung umrundeten. Die Gezeitenkräfte der Galaxis rissen die Systeme auseinander und verteilten ihre Sterne im Halo.
Noch mehr Differenzen
Aber nicht nur im Drehsinn unterscheiden sich die beiden Komponenten: Die Sterne im inneren Halo enthalten den Beobachtungen zufolge dreimal mehr schwere Elemente – etwa Eisen oder Calcium – als Sterne im äußeren Halo. Diese Elemente entstanden in massereichen Sternen, die sich einige Milliarden Jahren nach dem Urknall formten, und wurden nach deren Tod durch eine gigantische Explosion im Weltall verstreut. Spätere Generationen von Sternen, so wie in der Studie beobachtet, bildeten sich aus Gas, das mit eben solchen Elementen angereichert war.
Damit enthalten sie womöglich Hinweise auf die Eigenschaften dieser antiken Sterne – vorausgesetzt, ihre schweren Elemente stammen von einer Handvoll dieser frühen Supernovae. Solche Fossile aus dem frühen Universum seien aber extrem selten, berichten die Forscher, und so ähnele es der berühmten Suche nach der Stecknadel im Hauhaufen. Im chemisch von der Milchstraße sehr verschiedenen äußeren Halo schätzen sie die Suche nach ihnen allerdings als etwas erfolgversprechender ein.
Der Halo ermöglicht damit Einblicke in die ersten Objekte, die sich im Universum bildeten. Und diese Daten könnten wiederum genutzt werden, um die Modelle der Galaxienentstehung und -evolution zu verfeinern. So lässt sich auch mitten im Irrgarten eine Menge über seine Umwelt in Erfahrung bringen.
Doch wir stecken mittendrin: Unser Planetensystem liegt in einem Spiralarm der Galaxis, rund 28 000 Lichtjahre vom Zentrum entfernt. Gemeinsam mit der Sonne und Milliarden von anderen Sternen umrunden wir den galaktischen Kern, in dem sich ein supermassereiches Schwarzes Loch verbirgt. Die Gestirne und das Gas zwischen ihnen sammeln sich in einer rotierenden Scheibe, die sich über hunderttausend Lichtjahre spannt.
Umgeben wird sie von einer noch größeren, sphärischen Hülle, dem so genannten Halo (griechisch für Lichthof). In ihm finden sich neben älteren Sternen und Kugelsternhaufen auch interstellare Gaswolken und Dunkle Materie. Meist umrunden diese Objekte das galaktische Zentrum auf exzentrischen Bahnen, weit außerhalb der eigentlichen Rotationsebene.
Aus eins mach zwei
Ein derart genaues Bild vom Aufbau der Heimatgalaxie zeichneten die Astronomen – trotz der ungünstigen Perspektive – aus der Bewegung und Verteilung der Sterne und des interstellaren Gases. Beim Verständnis des Halos half vor allem der Sloan Digital Sky Survey (SDSS), mit dem Gebiete außerhalb der Milchstraßenebene systematisch durchsucht werden. Das SDSS-Teleskop macht kontinuierlich Aufnahmen und sammelt so jede Nacht Hunderte von Gigabytes an Daten.
Einige davon nutzten nun Timothy Beers von der Michigan State University und seine Kollegen. Sie untersuchten die Dynamik und chemische Zusammensetzung von 20 000 Sternen und zeigten, dass sich der Halo der Milchstraße in zwei überlappende Komponenten unterteilen lässt. Das hatten zwar auch schon andere Wissenschaftler vermutet, doch untersuchten sie zu wenig Sterne, um den Beweis zu erbringen. Die neue Studie lässt nun keinen Zweifel mehr daran.
Gegenläufige Rotation
Der innere Halo sei etwas abgeflachter und rotiere in derselben Richtung wie unsere Sonne – allerdings mit "nur" 80 000 Kilometern pro Stunde, unser Zentralgestirn bringt es auf das Zehnfache. Er dominiere die Sternenpopulationen bis zu 50 000 Lichtjahre vom Zentrum der Galaxis entfernt.
Ab 65 000 Lichtjahre übernimmt dann der äußere Halo, der den galaktischen Kern mit einer Geschwindigkeit von 160 000 Kilometer pro Stunde in der entgegengesetzten Richtung umläuft. Möglicherweise ragt er bis auf mehr als 300 000 Lichtjahre ins All hinaus, spekulieren Beers und sein Team.
Die Gegensätze der beiden Anteile lassen auf eine unterschiedliche Entstehungsweise schließen. Theoretische Modelle vermuten, dass der innere Halo durch das sukzessive Verschmelzen von kleineren, aber massereichen Galaxien oder durch protogalaktische Klumpen um die Milchstraße entstand.
Der äußere formte sich vermutlich später aus Galaxien, die die Milchstraße in gegenläufiger Richtung umrundeten. Die Gezeitenkräfte der Galaxis rissen die Systeme auseinander und verteilten ihre Sterne im Halo.
Noch mehr Differenzen
Aber nicht nur im Drehsinn unterscheiden sich die beiden Komponenten: Die Sterne im inneren Halo enthalten den Beobachtungen zufolge dreimal mehr schwere Elemente – etwa Eisen oder Calcium – als Sterne im äußeren Halo. Diese Elemente entstanden in massereichen Sternen, die sich einige Milliarden Jahren nach dem Urknall formten, und wurden nach deren Tod durch eine gigantische Explosion im Weltall verstreut. Spätere Generationen von Sternen, so wie in der Studie beobachtet, bildeten sich aus Gas, das mit eben solchen Elementen angereichert war.
Damit enthalten sie womöglich Hinweise auf die Eigenschaften dieser antiken Sterne – vorausgesetzt, ihre schweren Elemente stammen von einer Handvoll dieser frühen Supernovae. Solche Fossile aus dem frühen Universum seien aber extrem selten, berichten die Forscher, und so ähnele es der berühmten Suche nach der Stecknadel im Hauhaufen. Im chemisch von der Milchstraße sehr verschiedenen äußeren Halo schätzen sie die Suche nach ihnen allerdings als etwas erfolgversprechender ein.
Der Halo ermöglicht damit Einblicke in die ersten Objekte, die sich im Universum bildeten. Und diese Daten könnten wiederum genutzt werden, um die Modelle der Galaxienentstehung und -evolution zu verfeinern. So lässt sich auch mitten im Irrgarten eine Menge über seine Umwelt in Erfahrung bringen.
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