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Circadianer Rhythmus: Doppeltes Timing

Taufliegen machen sich keine Gedanken um ihre Tagesplanung – die ist nämlich immer gleich: Früh raus, dann eine lange Siesta und schließlich abends nochmal auf Futtersuche, fertig. Festgelegt ist das alles durch eine innere Uhr. Doch die tickt nicht einfach.
<i>Drosophila sp.</i>
In aller Herrgottsfrühe, wenn noch Tauperlen in den ersten Sonnenstrahlen glitzern, brechen sie auf und fallen in Scharen über faulendes Obst her; tagsüber sieht man nur wenig von ihnen, erst in der Abenddämmerung schwärmen sie wieder aus zu Obstschalen und Komposthaufen. Mit diesem strengen Tagesablauf, dem die nur zwei Millimeter große Drosophila sp. ihren deutschen Namen "Taufliege" verdankt, gehorchen diese Insekten dem Diktat ihrer inneren Uhr: Gewisse Nervenzellen im Fliegenhirn aktivieren zu bestimmten Tageszeiten verschiedene Gene. Die Proteine, die daraufhin gebildet werden, steuern wiederum das Verhalten der Tiere.

Da Drosophila zwei so auffällige Aktivitätszeiten am Morgen und am Abend zeigt, vermuten Wissenschaftler seit langem, dass hier zwei separate Zeitgeber im Spiel sind – nachgewiesen wurden sie indes bisher noch nicht. Nun rückten zwei Forscherteams unabhängig voneinander der inneren Uhr der Taufliege mit zwei verschiedenen Techniken zu Leibe.

Innere Uhren von Drosophila | Im Hirn von Taufliegen ticken zwei Uhren parallel – eine für den Morgen und eine für den Abend.
Die Arbeitsgruppe um Michael Rosbash von der Brandeis-Universität in Massachusetts [1] legte gezielt einzelne Bestandteile der inneren Uhr lahm. Diese besteht aus ein paar wenigen Nervenzellgruppen im Gehirn der Fliege. Drei von ihnen liegen im oberen Hirnbereich, zwei weitere sind seitlich platziert. Diese seitlichen Zellgruppen werden wiederum unterteilt in eine obere Ansammlung, LNd (L für lateral oder seitlich, N für Nerven, d für dorsal oder oben liegend), und eine weiter unten (ventral) gelegene Gruppe LNv.

Die Wissenschaftler töteten nun entweder die LNv-Zellen oder die LNd-Zellen ab und beobachteten dann, wie sich das auf den Tagesrhythmus der Fliegen auswirkte.

Normalerweise werden Taufliegen in einem künstlichen Tagesrhythmus von 12 Stunden Licht und 12 Stunden Dunkel aktiv, bevor das Licht an- beziehungsweise ausgeht. Anders die manipulierten Insekten: Fehlte ihnen LNd, kamen sie nur morgens frühzeitig in Gang; abends gelang ihnen das nicht, und sie wurden erst nach dem Lichtwechsel aktiv. Umgekehrt konnten diejenigen ohne LNv nur den Abend voraussehen und verschliefen den Morgen. In konstantem Dauerdunkel wurden beide Varianten nur einmal wach – entweder nur morgens oder nur abends. Offenbar, schlossen die Forscher aus diesen Versuchen, weckt LNvDrosophila am frühen Morgen auf und LNd bringt sie abends noch einmal in Schwung.

Das Team von François Rouyer vom Institut für Neurobiologie Alfred Fessard im französischen Gif-sur-Yvette [2] untersuchte die innere Uhr von Drosophila mit Hilfe von Mangelmutanten. Sie verwendeten Taufliegen, die das gut bekannte Zeitgeber-Gen Period nicht anschalteten. Den Wissenschaftlern gelang es, dieses Gen gezielt entweder ausschließlich in LNv oder sowohl in LNv als auch in LNd wieder anzuknipsen.

Die selektive Aktivierung des Gens blieb nicht ohne Wirkung auf den Tagesrhythmus der Taufliegen: Arbeitete nur LNv, wurden die Fliegen morgens pünktlich vor dem künstlichen Lichtwechsel wach, verpassten aber den abendlichen Wechsel. Nur wenn beide Nervenzellgruppen aktiv waren, konnten sie auch diesen vorwegnehmen. So kam die französische Arbeitsgruppe mit einer anderen Methode zum gleichen Schluss wie die amerikanische: Im Kopf von Drosophila ticken tatsächlich zwei separate innere Uhren, die sie einmal morgens und einmal abends auf Trab bringen.
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