Ungewöhnliche Familie: Drei Adler pflegen Nachwuchs gemeinsam
Eine ungewöhnliche Familie aus drei Weißkopfseeadlern zieht auf einem Baum am Mississippi nahe Fulton im US-Bundesstaat Illinois ihren Nachwuchs auf. Zwei Männchen und ein Weibchen sorgen dort für drei im März geschlüpfte Küken, berichten die ehrenamtlichen Betreuer des Schutzgebiets Oberer Mississippi – man kann sie auch über eine eigens aufgestellte Webcam dabei beobachten. Die Dreiecksbeziehung funktioniert bisher anscheinend erstaunlich gut. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn männliche Weißkopfseeadler sind recht territorial und kommen nicht gut miteinander aus; weshalb sich die beiden Männchen gegenseitig tolerieren, ist rätselhaft.
Solche als kooperative Brutpflege bezeichneten Dreiecksbeziehungen kennt man von mehreren hundert Vogelarten, darunter auch bekannte Greifvögel wie Wanderfalke oder Sperber. Die zusätzliche Aufmerksamkeit nützt den Jungtieren, vor allem aber dem Eier legenden Weibchen, das auf diesem Weg Ressourcen spart. Auch bei Weißkopfseeadlern gibt es Beispiele dafür, in Kalifornien etwa ließ sich von 1992 bis 1994 ein Paar von vermutlich einem Weibchen bei der Brutpflege helfen. Ursache des Verhaltens sei wohl einfach, dass wegen der geringen Populationsgröße von maximal elf Artgenossen in der Region schlicht kein Partner verfügbar war, spekulierten die beteiligten Forscher damals.
Das ist wahrscheinlich kein Problem in dem recht großen Schutzgebiet im Mittleren Westen, zumal es wohl mehr als 10 000 Brutpaare des einst gefährdeten Vogels allein in den zusammenhängenden 48 Bundesstaaten der USA gibt. Möglicherweise liegt der Schlüssel zur seltsamen Gemeinschaft in der Vorgeschichte der Vogel-WG: Wie die Betreuer des Schutzgebiets berichten, nistete eines der Männchen, Valor I genannt, zuvor zusammen mit einem anderen Weibchen namens Hope dort. Später kam ein zweites Männchen hinzu, das seither Valor II genannt wird, und unterstützte das Paar bei der Aufzucht. Bei einem Angriff eines anderen Adlerpaars verschwand das Weibchen Hope, allerdings zogen Valor I und II die verbliebenen Küken erfolgreich auf – und warben um das Weibchen Starr, das nun die Mutter ihrer Küken ist.
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