Exotischer Vakuumeffekt: Experiment soll erstmals Photonen zusammenstoßen lassen
Eine merkwürdige Folge der Quantenelektrodynamik ist die Vorhersage, dass sogar die masselosen Photonen miteinander kollidieren können. Bisher ist es allerdings niemandem gelungen, diesen Prozess im Experiment zu beobachten. Nun jedoch haben Alexander Macleod vom europäischen Laserforschungsprojekt Extreme Light Infrastructure in der Tschechischen Republik und Ben King von der University of Plymouth einen Versuchsaufbau konzipiert, der den Effekt demonstrieren soll. Dabei trifft ein extrem energiereicher Röntgenlaser auf zwei optische Laser; bisher sahen solche Experimente nur zwei sich kreuzende Laser vor. Der Aufbau mit drei Lasern erhöhe das Signal-Rausch-Verhältnis und erlaube, zwischen verschiedenen Arten der Streuung zu unterscheiden, berichten die beiden Forscher in der Fachzeitschrift »Physical Review A«. Unter diesen Bedingungen sollen sich bei dem Experiment auch Naturkonstanten wie die niederenergetischen Kopplungskonstanten und die doppelbrechenden Eigenschaften des Vakuums genau messen lassen.
Damit zwei Laserstrahlen miteinander wechselwirken können, müssen sie sehr hohe Energien haben. Wenn ihre elektromagnetischen Felder stark genug sind, erzeugen sie virtuelle Quark-Antiquark-Teilchenpaare. Deren Entstehung verleiht dem Vakuum nichtlineare Eigenschaften – und dadurch gelten die Regeln der klassischen Elektrodynamik nicht mehr. Auf mikroskopischer Ebene erlaubt das den Photonen, miteinander zu wechselwirken wie normale Teilchen: Sie stoßen zusammen, oder quantenmechanisch ausgedrückt, werden aneinander gestreut. Laut den Rechnungen von MacLeod und King kann dieser Prozess in einem Drei-Laser-Aufbau bereits mit heutigen Techniken nachgewiesen werden. Die Streuung von Licht an anderem Licht – und damit die nichtlineare Natur des Vakuums – genauer zu untersuchen, würde nicht bloß eine weitere theoretische Vorhersage bestätigen. Langfristig könnten solche Erkenntnisse, zusammen mit immer stärkeren Lasern, die seltsamen Eigenschaften des Vakuums auch technisch nutzbar machen.
Der von den beiden Physikern entworfene Aufbau sieht vor, dass der Strahl eines Freie-Elektronen-Röntgenlasers in spitzem Winkel von zwei optischen Lasern aus der entgegengesetzten Richtung getroffen wird. Die erwartete Streuung ließe sich dann anhand einer leichten Ablenkung einiger Röntgenphotonen messen. Der entscheidende Vorteil dieses Aufbaus sei, dass die so gestreuten Photonen nicht vom restlichen Röntgenlicht überlagert würden, schreiben die Forscher. Dadurch könne man sie direkt zählen, statt sie anhand ihrer Polarisation herauszufiltern wie in bisherigen Experimenten. Deswegen sei überdies die Polarisation des Ursprungsstrahls unerheblich, so dass man einen viel stärkeren Laser verwenden kann. Sollte sich dieses bisher nur theoretische Konzept bewähren, könnte man auf die Weise die Wechselwirkung nicht nur nachweisen, sondern auch genauer untersuchen.
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