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Saturnmond: Driften Eisberge in den Titan-Meeren?

Radarbild von Kohlenwasserstoffseen auf der Titanoberfläche

Der Saturnmond Titan ist der einzige Planetentrabant im Sonnensystem, der von einer dichten Atmosphäre umgeben ist. Auf seiner im Mittel etwa –180 Grad Celsius kalten Oberfläche wurden große Seen und Meere entdeckt, die aus flüssigen Kohlenwasserstoffen wie Äthan und Methan bestehen. Nun haben die beiden Forscher Jason D. Hofgartner und Jonathan I. Lunine von der Cornell University in Ithaca, New York, untersucht, ob in diesen Meeren Eis auf der Oberfläche treiben könnte.

Dass sich Eis auf der Oberfläche unserer Gewässer bei entsprechend tiefen Temperaturen bildet, ist für uns auf der Erde ein gewöhnlicher Anblick. Und dass Wassereis auf flüssigem Wasser schwimmt, ist auch eine alltägliche Erfahrung. Dabei vergisst man allerdings schnell, dass Wasser im Vergleich zu anderen Flüssigkeiten einige besondere physikalische Eigenschaften aufweist. Tatsächlich besitzt flüssiges Wasser nahe dem Gefrierpunkt eine etwas höhere Dichte als Wassereis, so dass es auf ihm schwimmt. Das liegt daran, das im Eis die Wassermoleküle im Kristallgitter in festem Winkel zueinander stehen, wodurch sich eine sperrige Struktur ergibt, die etwas weniger Wassermoleküle pro Volumeneinheit enthält als flüssiges Wasser.

Markant unterschiedlich ist dies aber bei den meisten anderen Flüssigkeiten wie beispielsweise den Kohlenwasserstoffen. Hier sind die festen Phasen schwerer als die Flüssigkeit. Demzufolge muss solches Eis untergehen und sich am Grund einer Flüssigkeitsansammlung ablagern. Wie Hofgartner und Lunine bei ihren Untersuchungen feststellten, gilt dies aber nur dann, wenn es sich um festes Eis ohne Porositäten handelt. Sie untersuchten dazu in Simulationen Mischungen aus flüssigem Äthan und Methan, und berücksichtigten zudem, dass sich bis zu 20 Prozent an gasförmigen Stickstoff in den Meeren lösen könnten. Stickstoff dominiert mit einem Gehalt von 95 Prozent die Zusammensetzung der dichten Titanatmosphäre.

Sie stellten fest, dass es auf den Titanmeeren tatsächlich driftendes Eis geben könnte. Dies hängt jedoch davon ab, wie Methan und Äthan miteinander vermischt sind und ob beim Gefrieren gasförmiger Stickstoff in das entstehende Eis eingebettet wird und dabei Porenräume wie im Meereis in den irdischen Ozeanen bildet. Für äthanreiche Mischungen muss ein Porenvolumen von mindestens fünf Prozent vorhanden sein, damit das Eis schwimmt. Dies wäre ein gewöhnlicher Wert bei frischgebildetem irdischen Meereis. Es erscheint durch Eisporen schneeweiß, anstatt klar durchsichtig wie Glas. Bei methanreichen Zusammensetzungen sollte das gebildete Eis dagegen unabhängig vom Porenvolumen schwimmen. Derzeit ist unbekannt, in welchem Mischungsverhältnis Methan und Äthan in den Titanmeeren vorkommen, sicher wurde bislang nur Äthan nachgewiesen.

Das Schwimmverhalten der Kohlenwasserstoff-Eisbrocken hängt dabei empfindlich von der Temperatur ab. Fällt die Temperatur nur um wenige Grad Celsius, so wird das Eis sinken. Diese Abhängigkeit des Schwimmverhaltens von der Temperatur führt zu ungewöhnlichen Effekten. Sollte die Oberflächentemperatur der Meere um den Bereich oszillieren, bei dem Flüssigkeit und Festkörper die gleichen Dichten aufweisen, so könnte sich Eis bilden, das sowohl sinkt als auch schwimmt. Beim Übergang vom Winter zum Sommer – Titan weist ausgeprägte Jahreszeiten auf – könnte ein Titanmeer somit Eis an der Oberfläche und am Grund aufweisen. Steigt die Temperatur um wenige Grade an, so steigt das am Grund befindliche Eis an die Oberfläche.

Die beiden Forscher sagen voraus, dass Cassini in den nächsten Jahren beobachten könnte, wie die Titanmeere im Bereich der Radarwellen zunächst dunkler werden, da das schwimmende Eis schmilzt. Dadurch wird die Oberfläche der Meere glatter und reflektiert weniger Radarwellen zurück zur Sonde. Bei weiterer Erwärmung sollen dann die Meere wieder heller werden, da nun das Eis vom Grund an die Oberfläche steigen müsste. Es würde die Oberfläche entsprechend aufrauhen und somit besser die Radarwellen reflektieren und heller erscheinen. Schließlich schmilzt das Eis und die Oberfläche wird wieder dunkler. Cassini soll Saturn noch bis zum Jahr 2017 umkreisen, falls es nicht durch technische Pannen schon vorher zum Ausfall der Sonde kommt. Dann ist auf der Nordhalbkugel von Titan der Sommer angebrochen.

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