News: Dünn und stark
Doch offenbar lässt sich auch diese Festigkeit noch übertrumpfen. Denn Dragon Stojkovic, Peihong Zhang und Vincent Crespi von der Pennsylvania State University stolperten förmlich über eine Struktur, mit der noch stärkere Nanoröhrchen möglich sein sollen. "Das ist eine dieser zufälligen Entdeckung, die man macht, wenn man eigentlich etwas anderes untersucht", erinnert sich Crespi. Die Forscher berechneten nämlich mit Höchstleistungsrechnern des San Diego Supercomputer Center, der University of Michigan und der University of Texas die elektronische Struktur und die Energien einiger Kohlenstoffmoleküle.
Dabei entdeckten sie, dass sich so genannte sp3-hybridisierte Kohlenstoffe unter bestimmten Bedingungen ebenso gut zur Bildung von Nanoröhrchen eignen wie der sonst übliche sp2-hybridisierte Kohlenstoff. Die Hybridisierung gibt an, wie sich aus den Orbitalen der Kohlenstoffatome neue Orbitale mischen, über welche die Atome schließlich aneinander binden. Die sp2-Struktur ist flach; ihre drei bindenden Orbitale strecken sich jeweils im Winkel von 120 Grad zueinander aus. Graphit besteht beispielsweise aus sp2-hybridisiertem Kohlenstoff und bildet deshalb sein hexagonales, flaches Gitter.
Hingegen besitzt sp3-hybridisierter Kohlenstoff eine räumliche Tetraeder-Struktur mit vier Bindungsplätzen; sie kommt unter anderem im Diamant vor. Nun eignet sich ein derartige Hybridisierung eigentlich nicht sonderlich dazu, ein Nanoröhrchen auszubilden. Wenn jedoch einer der vier Bindungsplätze mit einem Wasserstoff oder Fluoratom eine starke Bindung eingeht, dann sind die übrigen drei Bindungen gerade so gekrümmt, dass sie wie geschaffen für den kleinen Durchmesser der Nanoröhrchen sind.
Und so sind denn auch die physikalischen Eigenschaften des Nachwuchs im Nanokosmos imposant. Aber wen wundert's, schließlich stand der Diamant mit seiner Gitter-Struktur Pate. "Unsere Rechnungen zeigen uns, dass diese neuen Nanoröhrchen 40 Prozent stärker sind als andere Röhrchen, die aus einer gleichen Zahl von Atomen geformt wurden", freut sich Crespi. "Es kann gut sein, dass dies sogar die härtesten Exemplare überhaupt sind." – Nur herstellen muss sie noch jemand.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.