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Knochenbelastung: Dünne Beinchen seit der Jungsteinzeit

Menschen früherer Epochen waren wohl körperlich fitter als die meisten von uns. Doch der wahre Unterschied offenbart sich beim Blick auf die Paläoknochen der Jäger und Sammler.
Schädel der "Frau von Luttra"

Vor gut 7000 Jahren begann auch in Europa die "neolithische Revolution": Die Menschen lebten immer länger an einem festen Ort und bauten dort ihre Nahrung an, statt sie auf ausgedehnten Wanderungen zu sammeln oder zu erjagen. Zwar bescherte ihnen das keineswegs ein leichtes Leben, doch die körperlichen Belastungen ihrer Jäger-und-Sammler-Vorfahren müssen im Vergleich dazu noch einmal deutlich höher gewesen sein – zumindest was die Anforderung an die Beine angeht.

Altsteinzeitlicher und frühmittelalterlicher Knochen | Der Schnitt durch die beiden Oberschenkelknochen zeigt, wie die Knochen eines Menschen vor 22 000 Jahren an extreme Belastungen beim Laufen angepasst waren. Im 1200 Jahre alten Knochen rechts fehlen entsprechende Anpassungen.

Das machen Forscher um Christopher Ruff von der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore an insgesamt 1842 europäischen Skeletten aus den letzten 30 000 Jahren fest. Sie untersuchten die Dicke und Bruchfestigkeit von Bein- und Armknochen. Letztere blieben über die gesamte Zeit hinweg nahezu konstant – der entscheidende Unterschied fand sich vielmehr weiter unten.

Sesshaft bleibt sesshaft

Denn während altsteinzeitliche Jäger und Sammler extrem robuste Beinknochen hatten, ging die Bruchfestigkeit der Schenkelknochen mit Beginn der jungsteinzeitlichen Revolution allmählich zurück, um sich mit Beginn der Eisenzeit auf einem seitdem unveränderten Wert einzupendeln. Was die Robustheit unseres Körperbaus angeht, gibt es folglich kaum Unterschiede zwischen der Sesshaftigkeit zu Beginn des Neolithikums und der modernen Sesshaftigkeit auf der Fernsehcouch. Nur Extremläufer dürften heutzutage eine relative Knochenfestigkeit erreichen, wie sie Ruff und Kollegen für Altsteinzeitler ermittelten.

Die Wissenschaftler vermaßen für ihre Untersuchung den Durchmesser von Schienbein-, Oberschenkel- und Oberarmknochen und setzten diese Messwerte in Bezug zu weiteren, geschätzten Körpermaßen des jeweiligen Individuums wie etwa der Körpergröße. Der so berechnete Wert gibt die Widerstandskraft der Knochen gegenüber Belastungen an. Systematische Veränderungen zeigten sich ausschließlich bei den Beinknochen und dort auch nur in die Richtung der Hauptbelastung beim Laufen. Die relative Stärke des Oberarmknochens blieb konstant, ebenso wie die Widerstandsfähigkeit der Beinknochen gegenüber seitlichen Belastungen.

Daraus ziehen Ruff und Team den Schluss, dass nicht die Ernährungsumstellung oder genetische Veränderungen für den Schwund des Beinskeletts verantwortlich gemacht werden können – denn dann hätte sich auch der Armbereich ändern sollen. Stattdessen liege der entscheidende Auslöser im Wegfall der Mobilität mit dem Beginn der Jungsteinzeit.

In die Untersuchung flossen ausschließlich Skelettfunde und Daten aus dem europäischen Raum ein. Natürlich könnten vergleichbare Messungen in anderen Ländern und Kulturen helfen, die Ergebnisse zu bestätigen. Die Forscher hoffen, dass sich so in Gegenden, deren Frühgeschichte nicht genau erforscht ist, die jeweils vorherrschende Lebensweise rekonstruieren lässt.

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