Baumsterben: Dürre 2018 schädigt unsere Wälder auf Jahre
Meteorologen gilt der Sommer 2018 als »einzigartig«: Er war jeweils einer der heißesten, der trockensten und der sonnigsten Sommer seit Beginn moderner Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Vor allem der Mangel an Niederschlägen bis in den späten Herbst hinein hatte Folgen, die selbst 2020 noch nicht überwunden sind: In tieferen Bodenschichten herrscht in großen Teilen Deutschlands weiterhin Dürre, die 2018 begann. Mit am stärksten unter der Trockenheit litt – und leidet – der Wald in Mitteleuropa, wie eine Studie von Wissenschaftlern um Bernhard Schuldt von der Universität Würzburg in »Basic and Applied Ecology« zeigt. Ihre Daten bestätigen, dass der Sommer 2018 sogar noch extremer ausfiel als der »Jahrhundertsommer« 2003 und die Waldökosysteme entsprechend stark schädigte.
Während der Wachstumsperiode von April bis Oktober lagen die durchschnittlichen Temperaturen demnach 3,3 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel und sogar noch 1,2 Grad Celsius über 2003. Zudem fielen im Frühling und Sommer im Schnitt 110 Liter Regen weniger als üblich. Bereits im Verlauf des Sommers zeigten viele forstwirtschaftlich wichtige Baumarten in Deutschland, Österreich und der Schweiz schwere dürrebedingte Stresssymptome, schreiben Schuldt und Co. Ihr Laub verfärbte sich frühzeitig und wurde abgeworfen, weil die Bäume keinen Wassernachschub mehr von den Wurzeln in die Kronen befördern konnten. Der Transport im Xylem des Holzes riss schlicht ab und ließ das Laubwerk verwelken.
Betroffen waren davon nicht nur trockenheitsempfindliche Arten wie Fichten, sondern auch Buchen, die sich vielerorts schon im Juli teilweise verfärbten und kahl wurden. Bei beiden Arten starben flächendeckend einzelne Bäume, Baumgruppen oder sogar ganze Bestände ab. Nach Schätzungen des deutschen Landwirtschaftsministeriums vernichtete die Trockenheit mehrere Millionen Bäume, die insgesamt eine Fläche von etwa 2450 Quadratkilometern bedecken würden. Daneben trafen die ausbleibenden Regenfälle jedoch im weiteren Verlauf auch als relativ resistent geltende Spezies wie Kiefern oder Eichen.
Besonders bedenklich stimmte die Wissenschaftler aber, dass sich betroffene Bestände auch im Folgejahr nicht erholen konnten, sondern teilweise erst 2019 abstarben. Die Dürre hatte diese Bäume so sehr geschwächt, dass sie trotz des feuchten Winters der einsetzenden zweiten Dürreperiode im Frühling 2019 nichts mehr entgegensetzen konnten. Zudem waren sie durch Wassermangel so geschwächt, dass sie Insektenplagen oder Pilzerkrankungen nicht abwehren konnten: Ein weiteres Baumsterben folgte daraus.
Schuldts Team geht davon aus, dass die Folgen von 2018 noch jahrelang zu spüren sein werden. Und die Untersuchung deute darauf hin, dass viele der typischen mitteleuropäischen Baumarten empfindlicher auf Dürren und Hitzestress reagieren, als man bislang gedacht habe, schreiben die Wissenschaftler. Ohnehin diskutieren Forstfachleute und Ökologen, wie unsere Wälder angesichts des Klimawandels umgebaut werden müssten, um sie robuster zu machen. Nadelbäume wie Fichten und Kiefern sind in Deutschland zum Beispiel aus forstwirtschaftlichen Gründen überrepräsentiert und wachsen auch auf Standorten, auf denen sie natürlicherweise nicht vorkämen.
Trotz des Buchensterbens nach 2018 gehen Forstwissenschaftler weiter davon aus, dass die Art zukünftig eine wichtige Rolle spielen wird. Sie weist in ihrem Verbreitungsgebiet ein breites ökologisches Spektrum auf und gedeiht ebenso in trockeneren und kontinentaleren Regionen. Sie kommt also mit einer Vielzahl an klimatischen Bedingungen zurecht, was angesichts der erwarteten zukünftigen Häufung klimatischer Extremereignisse keine verkehrte Eigenschaft ist.
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