Sinne: Duftes Gen
Was Schweinedamen wild macht, soll in kosmetischen Wässerchen auch Männern zum Erfolg bei den Frauen verhelfen. Doch lohnte vor der Anwendung vielleicht ein Genprofil der Angebeteten: Ob sie süße Vanille schnüffelt, sich angeekelt abwendet oder schlicht gar nichts vom teuren Pheromonparfum wahrnimmt, hängt womöglich an zwei Buchstaben im Erbgut.
Bei manchen Experimenten fragt man sich, ob die Teilnehmer über die normale Vergütung hinaus auch Schmerzensgeld bekommen. Für T-Shirt-Tests beispielsweise. Ob nun in der griffigen Baumwollvariante oder schön extrahiert als Duftpröbchen auf Wattebäuschchen – freiwillig an Körperausdünstungen anderer zu schnüffeln, denen man eher Waschlappen, Seife und den Deoroller reichen möchte, dazu gehört schon ein gewisses Maß an Überwindung.
Doch was haben wir aus diesem Forschungszweig nicht schon alles über uns Menschen und die nonverbale Kommunikation zwischen Frau und Mann erfahren. Weibliche Duftmarken wandeln sich im Laufe des Zyklus und signalisieren den optimalen Zeitpunkt der Paarungsbereitschaft, und passend dazu reagieren Frauen selbst knapp vor dem Eisprung besonders empfindlich auf markigen Männergeruch. Der chemische Fingerabdruck verrät wohl etwas über unsere Genausstattung im Immunabwehrbereich und weckt Anziehungskräfte zwischen Männlein und Weiblein mit möglichst ergänzenden Komponenten, um dem Nachwuchs, dem Sinn des Ganzen, hierin eine breite Basis zu bieten. Sogar regelrechte Gleichschaltungskräfte werden dem Eigengeruch nachgesagt, so soll es in Internaten oder Klöstern zu konzertierten Menstruationszyklen kommen.
Am Männerduft Androstenon ...
Kein Wunder, dass die Kosmetikindustrie über einfach nur Wohlriechendes hinaus längst in den Bereich dieser subtilen Botenstoffe vorgestoßen ist. Wobei subtil für die dazu zählenden Substanz Androstenon nur bedingt stimmt: Das Testosteron-Abbauprodukt, als Liebespheromon bei Schweinen bekannt und beim Menschen vermutet, sorgt im Schweiß für männlichen Duft – es liegt bei Männern in zehnfacher Konzentration vor wie bei Frauen. Verwunderlich blieb allerdings jahrelang, wieso die Damenwelt so unterschiedlich darauf reagiert: Während manch empfindliches Näschen sich schnell schaudernd kraust, weiten sich andere Nasenflügel ob sanften Vanilleduftes, und die dritten im Bunde schnüffeln und schnüffeln – aber es scheint nichts zu müffeln.
Bevor sie nun wieder Studierende zum Schnuppern einluden, begaben sich Andreas Keller von der Rockefeller-Universität in New York und Hanyi Zhuang von der Duke-Universität in Durham mit ihren Kollegen auf molekulare Spurensuche. Aus über 300 im Labor nachgebauten menschlichen Geruchsrezeptoren ermittelten sie OR7D4 als jenen Kandidaten, der am stärksten auf Androstenon und das verwandte Androstadienon anspricht. Eine Recherche in einschlägigen Datenbanken erbrachte, dass von diesem Nasenschleimhaut-Bewohner mehrere genetische Varianten bekannt sind, in denen jeweils ein Buchstabe der Bauanleitung ausgetauscht wurde – ein single nucleotide polymorphism oder SNP.
Traten zwei davon in Kombination auf, beeinträchtigten sie die Funktion des Geruchsrezeptors so stark, dass die nachgebauten Proteine im Laborversuch auf die niedrigen angebotenen Konzentrationen zunächst gar nicht ansprachen. Auch der dritte hatte einen abschwächenden Effekt, während der vierte exakt das Gegenteil bewirkte: Die daraus gebaute Proteinvariante erwies sich als hochgradig empfindlich für Androstenon.
... scheiden sich die Nasen
Womit es nun an der Zeit war für den Schnüffeltest, aber diesmal ergänzt mit Blutprobe fürs Genprofil. Mit duften Ergebnissen: Wer die Allerwelts-Rezeptorvariante aufwies – Frau wie Mann –, zeigte sich überwiegend recht empfindlich für den Männerduft und stufte ihn vor allem eher als unangenehm stechend-urinartig ein. Die Träger der abweichenden Genkopien sprachen im Schnitt erst auf höhere Konzentrationen des Stoffes an und beschrieben ihn auch deutlich häufiger als süß und vanilleartig. Und die besonders empfindlichen Rezeptoren ließen einige ihrer Besitzer wie erwartet schneller die Nase rümpfen als alle anderen.
Ist OR7D4 also das entscheidende Gen für den Androstenon-Geruch? Nicht ganz: Der Genotyp – also welche Variante auftrat – erklärte etwa ein Fünftel der Varianz in der Duftnoteneinordnung und immerhin vierzig Prozent der Wahrnehmungsintensität. Damit wird diese spezielle Erbgutsequenz zwar zu einem herausragenden Faktor, aber nicht dem einzigen. Schließlich reagieren neben OR7D4 noch mehr Geruchsrezeptoren auf die vermuteten Pheromone. Darüber hinaus spielen auch nicht genetische Faktoren, beispielsweise in der Verarbeitung der Reize, oder die bisherige Prägung eine Rolle. So konnten Keller und Zhuang manchen Teilnehmern, die Androstenon zuvor in niedrigen Konzentrationen nicht wahrgenommen hatten, ein feineres Näschen dafür antrainieren, indem sie ihnen täglich ein Duftpröbchen vorsetzten. Ob man ihnen das dankt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Interessant ist nun, dass die beiden untersuchten Substanzen unter Säugetieren zu den wichtigen nicht verbalen Kommunikationsinstrumenten rund um Fortpflanzung und soziale Rangordnung zählen. Was bedeutet das für uns Menschen – vor allem für jene, die sie gar nicht riechen? Haben die Forscher hier ein weiteres Beispiel für beliebte Literatur gefunden im Feld Männer kommunizieren anders, Frauen auch? Oder einen womöglich gentherapeutisch behandelbaren Schuldigen für die Singleisierung unserer Gesellschaft, basierend auf steigender Müffelintoleranz? Werden Parship und Co demnächst Geruchsrezeptoren-Genprofile bei der Partnervorschlagsliste berücksichtigen? Bleibt nur der Rat: Vorsicht mit künstlichen Duftnoten – das richtige Maß ist gefragt, kein Parfumbad, sondern dezente Zurückhaltung empfehlenswert. Aber das gilt ja nun wahrlich egal für welches Geschlecht.
Doch was haben wir aus diesem Forschungszweig nicht schon alles über uns Menschen und die nonverbale Kommunikation zwischen Frau und Mann erfahren. Weibliche Duftmarken wandeln sich im Laufe des Zyklus und signalisieren den optimalen Zeitpunkt der Paarungsbereitschaft, und passend dazu reagieren Frauen selbst knapp vor dem Eisprung besonders empfindlich auf markigen Männergeruch. Der chemische Fingerabdruck verrät wohl etwas über unsere Genausstattung im Immunabwehrbereich und weckt Anziehungskräfte zwischen Männlein und Weiblein mit möglichst ergänzenden Komponenten, um dem Nachwuchs, dem Sinn des Ganzen, hierin eine breite Basis zu bieten. Sogar regelrechte Gleichschaltungskräfte werden dem Eigengeruch nachgesagt, so soll es in Internaten oder Klöstern zu konzertierten Menstruationszyklen kommen.
Am Männerduft Androstenon ...
Kein Wunder, dass die Kosmetikindustrie über einfach nur Wohlriechendes hinaus längst in den Bereich dieser subtilen Botenstoffe vorgestoßen ist. Wobei subtil für die dazu zählenden Substanz Androstenon nur bedingt stimmt: Das Testosteron-Abbauprodukt, als Liebespheromon bei Schweinen bekannt und beim Menschen vermutet, sorgt im Schweiß für männlichen Duft – es liegt bei Männern in zehnfacher Konzentration vor wie bei Frauen. Verwunderlich blieb allerdings jahrelang, wieso die Damenwelt so unterschiedlich darauf reagiert: Während manch empfindliches Näschen sich schnell schaudernd kraust, weiten sich andere Nasenflügel ob sanften Vanilleduftes, und die dritten im Bunde schnüffeln und schnüffeln – aber es scheint nichts zu müffeln.
Bevor sie nun wieder Studierende zum Schnuppern einluden, begaben sich Andreas Keller von der Rockefeller-Universität in New York und Hanyi Zhuang von der Duke-Universität in Durham mit ihren Kollegen auf molekulare Spurensuche. Aus über 300 im Labor nachgebauten menschlichen Geruchsrezeptoren ermittelten sie OR7D4 als jenen Kandidaten, der am stärksten auf Androstenon und das verwandte Androstadienon anspricht. Eine Recherche in einschlägigen Datenbanken erbrachte, dass von diesem Nasenschleimhaut-Bewohner mehrere genetische Varianten bekannt sind, in denen jeweils ein Buchstabe der Bauanleitung ausgetauscht wurde – ein single nucleotide polymorphism oder SNP.
Traten zwei davon in Kombination auf, beeinträchtigten sie die Funktion des Geruchsrezeptors so stark, dass die nachgebauten Proteine im Laborversuch auf die niedrigen angebotenen Konzentrationen zunächst gar nicht ansprachen. Auch der dritte hatte einen abschwächenden Effekt, während der vierte exakt das Gegenteil bewirkte: Die daraus gebaute Proteinvariante erwies sich als hochgradig empfindlich für Androstenon.
... scheiden sich die Nasen
Womit es nun an der Zeit war für den Schnüffeltest, aber diesmal ergänzt mit Blutprobe fürs Genprofil. Mit duften Ergebnissen: Wer die Allerwelts-Rezeptorvariante aufwies – Frau wie Mann –, zeigte sich überwiegend recht empfindlich für den Männerduft und stufte ihn vor allem eher als unangenehm stechend-urinartig ein. Die Träger der abweichenden Genkopien sprachen im Schnitt erst auf höhere Konzentrationen des Stoffes an und beschrieben ihn auch deutlich häufiger als süß und vanilleartig. Und die besonders empfindlichen Rezeptoren ließen einige ihrer Besitzer wie erwartet schneller die Nase rümpfen als alle anderen.
Ist OR7D4 also das entscheidende Gen für den Androstenon-Geruch? Nicht ganz: Der Genotyp – also welche Variante auftrat – erklärte etwa ein Fünftel der Varianz in der Duftnoteneinordnung und immerhin vierzig Prozent der Wahrnehmungsintensität. Damit wird diese spezielle Erbgutsequenz zwar zu einem herausragenden Faktor, aber nicht dem einzigen. Schließlich reagieren neben OR7D4 noch mehr Geruchsrezeptoren auf die vermuteten Pheromone. Darüber hinaus spielen auch nicht genetische Faktoren, beispielsweise in der Verarbeitung der Reize, oder die bisherige Prägung eine Rolle. So konnten Keller und Zhuang manchen Teilnehmern, die Androstenon zuvor in niedrigen Konzentrationen nicht wahrgenommen hatten, ein feineres Näschen dafür antrainieren, indem sie ihnen täglich ein Duftpröbchen vorsetzten. Ob man ihnen das dankt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Interessant ist nun, dass die beiden untersuchten Substanzen unter Säugetieren zu den wichtigen nicht verbalen Kommunikationsinstrumenten rund um Fortpflanzung und soziale Rangordnung zählen. Was bedeutet das für uns Menschen – vor allem für jene, die sie gar nicht riechen? Haben die Forscher hier ein weiteres Beispiel für beliebte Literatur gefunden im Feld Männer kommunizieren anders, Frauen auch? Oder einen womöglich gentherapeutisch behandelbaren Schuldigen für die Singleisierung unserer Gesellschaft, basierend auf steigender Müffelintoleranz? Werden Parship und Co demnächst Geruchsrezeptoren-Genprofile bei der Partnervorschlagsliste berücksichtigen? Bleibt nur der Rat: Vorsicht mit künstlichen Duftnoten – das richtige Maß ist gefragt, kein Parfumbad, sondern dezente Zurückhaltung empfehlenswert. Aber das gilt ja nun wahrlich egal für welches Geschlecht.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.