Astronomie: Dunkle Materie schützt Zwerggalaxien
In Galaxienhaufen geht es ähnlich hoch her wie beim Autoskooter. Sternsysteme, die wild umeinander wirbeln, zerren mit ihren enormen Gravitationskräften aneinander und verformen oder zerreißen sich gar. Als das Weltraumteleskop Hubble 2005 Aufnahmen aus dem Innern des Perseus-Haufens machte, der mit 250 Millionen Lichtjahren Entfernung zu den nächstgelegen solchen Ansammlungen von Galaxien zählt, wurde es Zeuge dieses turbulenten Geschehens. Doch die genaue Auswertung der Fotos durch Astronomen um Christopher Conselice von der University of Nottingham lieferte nun eine Überraschung: Unter den 29 elliptischen Zwerggalaxien, von denen 17 bislang unbekannt waren, schienen viele völlig unberührt von dem allgemeinen Tohuwabohu. Dabei hätten gerade sie als die Kleinsten am stärksten von dem Getümmel betroffen sein müssen. Wie hatten sie die Jahrmilliarden nicht nur intakt, sondern sogar fast unverformt überstanden?
Auf der Suche nach der Antwort berechneten die Astronomen die minimale Masse, die solche Zwerggalaxien haben müssten, um den Gravitationskräften der ausgedehnteren Sternsysteme zu trotzen. Dabei kamen sie auf viel größere Werte, als sich anhand der sichtbaren Materie allein erklären ließ. Demnach enthalten die Zwerggalaxien offenbar eine bedeutende unsichtbare Komponente.
Auch der kugelförmige Halo, der die Milchstraße umgibt, besteht nach Ansicht vieler Astronomen zu einem erheblichen Teil aus so genannter dunkler Materie, die sich nur über ihre Schwerkraft verrät. Um welche Art von Teilchen es sich dabei handelt, ist allerdings noch rätselhaft. Conselice und seine Kollegen sehen in ihrer Beobachtung beim Perseus-Haufen nun einen weiteren Beleg für die Existenz dieser seltsamen Materieform. Demnach umgibt sie die Zwerggalaxien wie ein Kissen und stattet sie mit einer Masse aus, die sie immun macht gegen das Gezerre ihrer wüsten größeren Brüder.
Jochen Steiner
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben