News: Durchbruch bei der Erforschung der DNA
Das zweistufige chemisch-nanomechanische Verfahren ist auf alle Arten der DNA anwendbar. Die erste Stufe dieser Technik ermöglicht es, die DNA "in gerade Form" beziehungsweise in ein thermodynamisch stabiles Muster aus gestreckten Strängen zu bringen – etwa in eine Netzstruktur. In einer zweiten Stufe kommt ein spezielles Rasterkraftmikroskop als Werkzeug zum Einsatz. Mit seiner scharfen Spitze ist es möglich, die im ersten Schritt "zurechtgelegte" DNA zu bearbeiten, also etwa aus der Netzstruktur ein einzelnes Rechteck heraus zu schneiden.
Dabei kommt diese Methode ganz ohne extreme Voraussetzungen – wie besonders niedrige Temperaturen, oder bestimmte Druckverhältnisse – aus, Untersuchungen sind sogar bei Zimmertemperatur möglich.
Das neue nanotechnologische Präparationsverfahren ermöglicht erstmals eine Vielzahl von Messungen an einzelnen gestreckten DNA-Strängen und Teilsequenzen vorgebbarer Länge. In Saarbrücken sollen derartige Messungen insbesondere zur Klärung einer zur Zeit sehr kontrovers diskutierten Fragestellung durchgeführt werden: Wie gut leitet DNA den elektrischen Strom? Bisherige Beobachtungen deuten darauf hin, daß DNA-Moleküle außerordentlich interessante elektronische Eigenschaften besitzen. Das in der Saarbrücker Experimentalphysik entwickelte Verfahren erlaubt es nun, den elektrischen Widerstand einzelner DNA-Stränge als Funktion der Länge des Stranges und als Funktion der angelegten elektrischen Spannung zu messen.
Die elektrische Leitfähigkeit ist nicht nur hinsichtlich der gezielten technischen Verwendung von DNA-Molekülen von Bedeutung, sondern auch zur Beantwortung einer grundlegenden molekularbiologisch-genetischen Fragestellung. Kommt es zum Beispiel durch Einwirkung radioaktiver Strahlung zu einer lokalen Schädigung des DNA-Stranges, so kann dies zu einer nachhaltigen Veränderung des genetischen Codes, das heißt zu einer Mutation führen. Mutationen bestehen also letztlich in definierten atomaren Veränderungen an bestimmten Positionen entlang eines DNA-Stranges. Überraschenderweise treten diese Veränderungen allerdings durchaus nicht immer am Ort der ursprünglichen Schädigung des Stranges auf, sondern teilweise an räumlich weit entfernten Positionen. Das neue Nanomanipulationsverfahren erlaubt nun Messungen, die Aufschluss darüber geben könnten, wie der chemische Informationstransfer entlang des DNA-Stranges erfolgt.
Die jetzt realisierbare Art des Zugriffs auf die DNA eröffnet eine neue Welt der Möglichkeiten in der Forschung. Einen wesentlichen Fortschritt sehen die Forscher heute bereits für die Miniaturisierung technischer Geräte – etwa des Computers. Mit Hilfe dieser Technologie können in Zukunft völlig neuartige DNA-Bauelemente hergestellt werden, die in der Mikroelektronik eingesetzt werden können. Diese molekulare Elektronik wäre auch wesentlich anpassungsfähiger. Es könnte etwa ein DNA-"Draht" entwickelt werden, der statt heute bei Mikro-Bauelementen machbarer 100 Nanometer (millionstel Millimeter) nur noch erstaunliche 2 Nanometer "groß" wäre. Ein DNA-Transistor (Halbleiterbauelement in fast jedem modernen technischen Gerät) würde die heute bekannte Technik auf kleinstem Raum möglich machen.
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