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News: Echos aus der Vergangenheit

Einem internationalen Forscherteam unter Federführung des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg ist es gelungen, die Natur eines der bekanntesten Supernova-Ausbrüche in der Geschichte der Astronomie zu klären. Lichtechos erlaubten es, eine im 16. Jahrhundert vom dänischen Astronomen Tycho Brahe und anderen beobachtete Sternexplosion mit leistungsfähigen Teleskopen des 21. Jahrhunderts abermals zu beobachten und genau zu klassifizieren.
Demnach war Tycho Brahes »Stella Nova« aus dem Jahre 1572 die thermonukleare Explosion eines weißen Zwergsterns in einer »normalen« Supernova vom Typ Ia. Solche Objekte werden als wichtige Entfernungsmesser im Universum eingesetzt und sind bedeutende Produzenten schwerer Elemente im Kosmos.
Die Explosionswolke von Tychos Supernova aus dem Jahr 1572 | Dieses Farbild des Überrests von Tycho Brahes Supernova ist zusammengesetzt aus Infrarot- und Röntgenaufnahmen. Die Infrarotaufnahmen wurden am Calar Alto Observatorium mit dem 3,5-Meter-Teleskop und der Kamera Omega2000, sowie mit den Weltraumteleskopen Spitzer und Chandra gewonnen. Es zeigt die expandierende Hülle aus mehrerer Millionen Grad heißer Materie (grün, gelb), die aus der thermonuklearen Explosion eines weißen Zwergsterns entstand. Die äußere Stoßwelle zum interstellaren Medium erscheint als blauer Ring hochenergetischer Elektronen. Neu enstandener sowie durch Wechselwirkung mit dem zirkumstellaren Medium aufgeheizter Staub strahlt entsprechend seiner Temperatur bei einer Wellenlänge von 24 µm (rot).


Die gesicherte Identifikation und weitere spektroskopische Details der Explosion machen Tychos Supernova nun zu einem einzigartigen Studienobjekt dieser astrophysikalisch wichtigen Klasse von Supernovae in unserer eigenen Milchstraße.

Im November des Jahres 1572 erschien ein »neuer« Stern am Himmel. Das Gestirn wurde heller als alle anderen Sterne und war für zwei Wochen sogar am Taghimmel zu sehen. Der Stern verschwand schließlich wieder im April des Jahres 1574 – nicht jedoch, ohne das Weltbild der damaligen Zeit nachhaltig zu verändern: Wie der dänische Astronom Tycho Brahe durch präzise Positionsbestimmungen des Sterns in seinem Werk »De Stella Nova« darlegte, war das Objekt deutlich weiter von der Erde entfernt als der Mond. Dies stand im krassen Widerspruch zu dem damaligen Weltbild nach Aristoteles, worin die translunare Welt – einschließlich der Sphäre der Fixsterne – unveränderlich und ewig war. Tychos Supernova bedeutete einen Einschnitt in der Geschichte der Astronomie und legte einen Grundstein für die umwälzenden Veränderungen des Weltbilds seit dem ausklingenden Mittelalter, die von Tycho Brahe, Kepler, Galilei und anderen fortgesetzt wurden.

Durch einen Beobachtungstrick mit Hilfe eines interstellaren »Spiegels« konnte nun ein internationales Forscherteam unter Leitung von Oliver Krause am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg den von Tycho Brahe beobachteten Lichtausbruch erneut beobachten und erstmals detailliert untersuchen.

Als ein Stern vor mehr als elftausend Jahren in einem gleißend hellen Supernova-Ausbruch explodierte, sandte er sein Licht in alle Richtungen aus. Dieses Licht passierte die Erde im Jahre 1572 und war danach scheinbar auf ewig verloren. Eine »posthume« Spektroskopie der längst verblassten Supernova gelang nun, weil die Astronomen mit Hilfe von Teleskopen des Deutsch-Spanischen Astronomischen Zentrums auf dem Calar Alto in Andalusien mehrere kurzlebige Reflexionen des damaligen Lichtblitzes an Staub- und Gaswolken in der weiteren Umgebung der Sternexplosion – so genannte Lichtechos – ausmachen konnten: Der Umweg einiger Lichtbündel über die Reflexion an diesen Wolken hatte aufgrund der endlichen Geschwindigkeit des Lichts zu derartigen Verzögerungen geführt, dass sie die Erde erst heute, nach 436 Jahren, erreichten. So wurden die Forscher jetzt noch einmal Zeugen des damaligen Geschehens.
Animation der Supernova-Explosion | Nach der thermonuklearen Explosion eines Weißen Zwergsterns wurde Materie mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 000 Kilometern pro Sekunde ins All geschleudert. Diese expandierende, nahezu kugelförmige Wolke aus Million Grad heißem Gas und warmem Staub ist auch heute noch, 400 Jahre nach der Explosion, ein markantes Objekt am Himmel. Die Animation endet mit dem heutigen Bild des Überrests, wie es mit den Weltraumobservatorien Chandra und Spitzer sowie dem Calar Alto Observatorium aufgenommen wurde.


Da die größte Helligkeit der Lichtechos, entsprechend der Supernova im 16. Jahrhundert, nur für wenige Wochen anhielt, war schnelles Handeln geboten: Sofort wurde eines der größten Teleskope der Erde, das japanische 8,2-Meter-Teleskop Subaru auf dem erloschenen Vulkan Mauna Kea in Hawaii, auf die Lichtechos gerichtet.
Animation der Lichtechos | Der sich in alle Richtung ausbreitende helle Lichtblitz der Supernova-Explosion im Sternbild Cassiopeia passierte die Erde im Jahre 1572 und wurde von Tycho Brahe und anderen beobachtet. Ein Teil des Lichtes traf auch eine interstellare Wolke in der Nähe der Supernova. Der Umweg des Lichtes über die Reflexion an dieser Wolke führte zu einer derartigen Verzögerung, dass das Licht die Erde erneut als Lichtecho im Jahre 2008 erreichte.


Damit konnte das Licht der Supernova aus dem Jahre 1572 mit modernen spektroskopischen Methoden des 21. Jahrhunderts analysiert werden. Dies ermöglichte nun die sichere Klassifikation der Sternexplosion.

Es stellte sich heraus, dass der explodierte Stern keinen Wasserstoff, jedoch Silizium, Kalzium, Eisen und andere Elemente enthält, deren Linien im Spektrum der Supernova erscheinen. Folglich handelt es sich um eine Supernova vom Typ Ia.

Zu einer solchen Explosion kommt es, wenn durch Massentransfer von einem Begleitstern die Masse eines Weißen Zwergs immer weiter erhöht wird. Beim Überschreiten einer kritischen Grenzmasse kollabiert der Zwergstern, und in der Folge zündet eine thermonukleare Explosion, die ihn vollständig zerstört.

Die Materie des explodierten Sterns entfernt sich mit vielen tausend Kilometern pro Sekunde in alle Richtungen und tritt in heftige Wechselwirkung mit der interstellaren Materie in der Umgebung. Das dabei entstehende hochgradig angeregte und deshalb hell leuchtende Gemisch aus stellarer und interstellarer Materie bildet den Supernova-Überrest.

Das jetzt gewonnene Spektrum zeigt bisher unbekannte Details der ursprünglichen Explosion. So besitzt ein Teil des abgeworfenen Materials eine deutlich höhere Raumgeschwindigkeit als der Rest, was auf einen nicht sphärisch symmetrischen Verlauf der Explosion hindeutet. Dieser Befund legt wichtige Randbedingungen für Modellrechnungen des Geschehens fest.

Aufgrund ihrer extremen Helligkeit und des stets gleichen Helligkeitsverlaufs werden Supernovae vom Typ Ia als Entfernungsindikatoren im Universum eingesetzt. Mit ihrer Hilfe ist vor kurzem auf die Existenz der »Dunklen Energie« geschlossen worden. Supernovae vom Typ Ia sind auch die Hauptproduzenten von schweren Elementen im Kosmos, wie etwa Eisen.

Trotz der zentralen Rolle dieser Supernova-Explosionen weist das Wissen um sie weiterhin Lücken auf. Das liegt auch daran, dass alle bisher direkt beobachteten Supernovae vom Typ Ia sich in fernen Galaxien ereignet haben.

Die nun durchgeführten Beobachtungen der Supernova aus dem Jahre 1572 werfen ein neues Licht auf das umfangreiche, im Laufe der letzten Jahrzehnte über ihren berühmten Überrest angesammelte Datenmaterial. Dadurch hat Tychos Supernova aus dem Jahr 1572 nun erstmals den Rang einer detailliert beobachteten Supernova in unserer eigenen Milchstraße erhalten. Das wird zu einem besseren Verständnis dieser wichtigen Objekte beitragen. Zukünftige Beobachtungen weiterer Lichtechos werden es darüber hinaus ermöglichen, erstmals eine dreidimensionale Ansicht einer Supernova-Explosion zu erhalten.

Jakob Staude

Die Arbeit »Tycho Brahe's 1572 supernova as a standard type Ia as revealed by its light-echo spectrum« von Oliver Krause, Masaomi Tanaka, Tomonori Usuda, Takashi Hattori, Miwa Goto, Stephan Birkmann und Ken'ichi Nomoto ist am 4. Dezember 2008 in der Fachzeitschrift »Nature« erschienen.

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