Paläontologie: Eigene Wege
Werden die Lebensbedingungen harsch, schrumpfen Populationen häufig zusammen. Damit sollte sich auch ihre genetische Vielfalt verringern - was aber nicht immer geschieht. Wie kommt's?
Seit dem Ende der letzten großen Eiszeit vor etwa 10 000 Jahren ist das Klima in unseren Breiten zwar wieder ganz angenehm, frei von Kapriolen jedoch ist auch die jüngste Vergangenheit nicht. So war es, von den menschgemacht steigenden Temperaturen der letzten Jahrzehnte abgesehen, schon einmal deutlich wärmer als heute: Zwischen 850 und 1350 n. Chr. erlebten Europa, Asien und Nordamerika ein ausgeprägtes Temperaturhoch, gefolgt allerdings von einer deutlichen Abkühlung bis ins 19. Jahrhundert hinein, die als "Kleine Eiszeit" zahlreiche Spuren hinterlassen hat.
Zu den Auswirkungen solcher Klimaschwankungen gehören unter anderem, dass sich synchron damit auch die Größen der Populationen temperaturempfindlicher Tiere und Pflanzen verändern: Wird es ihnen zu kalt, zu feucht, zu warm oder zu trocken, gehen die Individuenzahlen zurück und erholen sich gegebenfalls erst, wenn die Umgebung wieder passendere Bedingungen bietet. Mit dem Schrumpfen der Lebensgemeinschaft geht allerdings in der Regel auch ein gutes Maß an genetischer Vielfalt verloren – mit entsprechenden Folgen für die Art als Ganzes, denn nur diese Diversität ermöglicht flexible Anpassung an sich verändernde Lebensumstände.
Doch ist dem wirklich so? Elizabeth Hadly von der Stanford-Universität und ihre Kollegen nutzten einen seltenen Glücksfall zur Überprüfung dieser Annahme: In der Lamar-Höhle im Yellowstone-Nationalpark lässt sich anhand von Fossilien für etwa achtzig Prozent der lokalen Säugetier-Vertreter die Siedlungsgeschichte der letzten 3000 Jahre ablesen. So konnten die Wissenschaftler dort nicht nur die Populationsschwankungen, sondern mit DNA-Untersuchungen auch die Entwicklung der genetischen Diversität verfolgen.
In der Vielfalt des Erbgutes jedoch bieten sich völlig unterschiedliche Bilder. Während hier die Taschenratten tatsächlich den erwarteten Einschnitt zeigen, der bis heute besteht, sind die Wühlmäuse eigene Wege gegangen – im wahrsten Sinne des Wortes: Gerade zu Zeiten niedriger Siedlungsdichte tauchen im Erbgut der Höhlenfossilien plötzlich neue Varianten auf, die nur auf Einwanderung von außen zurückzuführen sind.
Migration also heißt hier das Schlüsselwort zum Erfolg, auch in mageren Zeiten die genetische Diversität zu erhalten und zu schützen. Der Befund ist wenig überraschend, passt er doch zu den Eigenheiten im Lebenswandel der untersuchten Arten: Die Taschenratten einer Lebensgemeinschaft bleiben meist unter sich, zeigen ein ausgeprägtes Revierverhalten und legen selten große Strecken zurück. Ganz anders die Wühlmäuse, die insbesondere bei niedriger Dichte einen starken Drang zur Nachbarschaftspflege offenbaren und einige Kilometer zurücklegen können, wodurch ein ständiger Austausch mit Artgenossen anderer Populationen gewährleistet ist.
Der Vorteil für die Wühlmäuse liegt auf der Hand: Auch wenn aus ihrer Sicht die Welt ungemütlicher wird, so können sie durch das Auffrischen ihres Erbgutes mit Material aus benachbarten Populationen den ungünstigeren Verhältnissen eine Weile zumindest begegnen – so lange der Weg zwischen den schrumpfenden Lebensgemeinschaften nicht zu weit wird. Eine neuerliche Erwärmung wird sie daher zunächst nicht so hart treffen wie die Taschenratten, die sich auf sich selbst zurückziehen und damit immer mehr der überlebensnotwendigen genetischen Vielfalt einbüßen – womit ihr Weg letztendlich sehr viel schneller in der Sackgasse des Aussterbens münden dürfte. Ein Schicksal, das viele Arten mit ähnlichen Verhaltensmustern wohl mit ihnen teilen werden.
Zu den Auswirkungen solcher Klimaschwankungen gehören unter anderem, dass sich synchron damit auch die Größen der Populationen temperaturempfindlicher Tiere und Pflanzen verändern: Wird es ihnen zu kalt, zu feucht, zu warm oder zu trocken, gehen die Individuenzahlen zurück und erholen sich gegebenfalls erst, wenn die Umgebung wieder passendere Bedingungen bietet. Mit dem Schrumpfen der Lebensgemeinschaft geht allerdings in der Regel auch ein gutes Maß an genetischer Vielfalt verloren – mit entsprechenden Folgen für die Art als Ganzes, denn nur diese Diversität ermöglicht flexible Anpassung an sich verändernde Lebensumstände.
Doch ist dem wirklich so? Elizabeth Hadly von der Stanford-Universität und ihre Kollegen nutzten einen seltenen Glücksfall zur Überprüfung dieser Annahme: In der Lamar-Höhle im Yellowstone-Nationalpark lässt sich anhand von Fossilien für etwa achtzig Prozent der lokalen Säugetier-Vertreter die Siedlungsgeschichte der letzten 3000 Jahre ablesen. So konnten die Wissenschaftler dort nicht nur die Populationsschwankungen, sondern mit DNA-Untersuchungen auch die Entwicklung der genetischen Diversität verfolgen.
Sie wählten dafür zwei Arten, zum einen die Nördliche Taschenratte (Thomomys talpoides) und zum anderen die Rocky-Mountains-Wühlmaus (Microtus montanus). Beide hatten auf Grund ihrer Vorlieben für feuchtere Lebensräume in der warmen Phase kräftig an Häufigkeit eingebüßt, um dann unter kühleren Verhältnissen wieder zuzulegen.
In der Vielfalt des Erbgutes jedoch bieten sich völlig unterschiedliche Bilder. Während hier die Taschenratten tatsächlich den erwarteten Einschnitt zeigen, der bis heute besteht, sind die Wühlmäuse eigene Wege gegangen – im wahrsten Sinne des Wortes: Gerade zu Zeiten niedriger Siedlungsdichte tauchen im Erbgut der Höhlenfossilien plötzlich neue Varianten auf, die nur auf Einwanderung von außen zurückzuführen sind.
Migration also heißt hier das Schlüsselwort zum Erfolg, auch in mageren Zeiten die genetische Diversität zu erhalten und zu schützen. Der Befund ist wenig überraschend, passt er doch zu den Eigenheiten im Lebenswandel der untersuchten Arten: Die Taschenratten einer Lebensgemeinschaft bleiben meist unter sich, zeigen ein ausgeprägtes Revierverhalten und legen selten große Strecken zurück. Ganz anders die Wühlmäuse, die insbesondere bei niedriger Dichte einen starken Drang zur Nachbarschaftspflege offenbaren und einige Kilometer zurücklegen können, wodurch ein ständiger Austausch mit Artgenossen anderer Populationen gewährleistet ist.
Der Vorteil für die Wühlmäuse liegt auf der Hand: Auch wenn aus ihrer Sicht die Welt ungemütlicher wird, so können sie durch das Auffrischen ihres Erbgutes mit Material aus benachbarten Populationen den ungünstigeren Verhältnissen eine Weile zumindest begegnen – so lange der Weg zwischen den schrumpfenden Lebensgemeinschaften nicht zu weit wird. Eine neuerliche Erwärmung wird sie daher zunächst nicht so hart treffen wie die Taschenratten, die sich auf sich selbst zurückziehen und damit immer mehr der überlebensnotwendigen genetischen Vielfalt einbüßen – womit ihr Weg letztendlich sehr viel schneller in der Sackgasse des Aussterbens münden dürfte. Ein Schicksal, das viele Arten mit ähnlichen Verhaltensmustern wohl mit ihnen teilen werden.
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