News: Ein Bild vom Hürdenlauf der Elektronen
Das ESR ist dem konventionellen NMR ähnlich, der Unterschied besteht lediglich darin, dass hier die Antwort des Elektronenspins auf das magnetische Feld detektiert wird und nicht die Reaktion des Kernspins. Der Schlüssel zu MRI ist ein Gradient im Magnetfeld – es variiert mit der Position. Weil die Frequenz mit der ein Elektronen- oder Kernspin rotiert, von der lokalen Stärke des Feldes abhängt, sendet das Teilchen selber Strahlung einer ganz bestimmten Frequenz aus. Daher ist es mit einem Feldgradienten möglich, diesen individuellen Spin zu orten.
Zunächst bestimmten Kaplan und seine Kollegen die Elektronendichte und -mobilität lediglich mit Hilfe von ESR-Spektroskopie. Doch die Daten, die sie dabei erhielten, waren ausschließlich Durchschnittswerte über den gesamten Kristall. Da sie aber wussten, dass der Kristall sehr inhomogen ist, kam Kaplan die Idee, dieses Verfahren mit der Kernspintomographie zu koppeln und den Kristall wie einen "MRI-Patienten" zu behandeln.
Der untersuchte organische Kristall besteht aus Molekülketten, die seine gesamte Länge von einem Millimeter umspannen. Längs dieser Molekülketten bewegen sich die Elektronen, das heißt sie wandern vorwiegend entlang einer Kristallachse. Die Forscher führten ihre Messungen mit dem Gradienten in drei Kristall-Richtungen durch, in zwei nicht leitende und in Leitungsrichtung. Die Bilder entlang der beiden nicht leitenden Achsen hatten eine Auflösung von dreißig Mikrometern. Um Abbildungen von verschiedenen Elektronen-Positionen zu erhalten, schalteten sie in Leitungsrichtung den Gradienten für zwei kurze Phasen zu, der Zeitraum dazwischen betrug zehn Mikrosekunden.
Auf diese Weise erhielten die Forscher zweidimensionale Karten von Dichte und Beweglichkeit der Elektronen, mit Durchschnittswerten entlang der Leitungsachse des Kristalls. Dabei fanden sie eine Korrelation zwischen Regionen mit geringer Dichte und geringer Mobilität, was die Forscher als makroskopische "Leerstellen" interpretieren. Vorhergehende Messungen hatten vermuten lassen, dass makroskopische Defekte den Bereich, in dem sich die Elektronen bewegen können, auf einige zehn Mikrometer reduzieren. Doch die neuen Resultate zeigen, das es durchaus Regionen gibt, in denen die Elektronen den Kristall ungehindert in seiner gesamten Länge durchqueren können.
Die Arbeit ist sehr wichtig, weil sie eher ein detailliertes Bild der Elektronen abgibt als einen Durchschnittswert, sagt Guenter Maresch vom National High Magnetic Field Laboratory in Tallahassee. Er meint, dass es für Wissenschaftler wichtig ist, genaue Kenntnisse über die Wechselwirkung von Elektronen mit Kristalldefekten zu gewinnen, um die eindimensionale Leitung in Nanodrähten für Molekular-Computer besser verstehen zu können.
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