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Varroamilbe und Neonikotinoide: Ein Doppelschlag hinter dem Bienensterben?

Weder Parasitenbefall noch Insektengift allein lassen weltweit die Bienenkolonien eingehen, sagen Schweizer Forscher. Schuld sei vielmehr die Kombination aus beiden.
Imker bei der Arbeit

Kaum ein Imker, der nicht ständig gegen die Varroamilbe ankämpft. Denn ohne eine Behandlung gegen den eingeschleppten Parasiten hätten die Völker schlechte Überlebenschancen – und fast jedes Volk ist in Gefahr, sich die Milbe einzufangen. Doch selbst bei durchgeführter Varroaabwehr sterben den Honigproduzenten weltweit jedes Jahr überdurchschnittlich viele Völker weg. Über die Ursachen dieses Bienensterbens diskutieren Experten seit Langem. Ein einzelner Auslöser wurde bislang nicht gefunden.

Nun argumentieren Schweizer Forscher, dass eine Art Doppelschlag den Bienen zu schaffen macht. Der Parasitenbefall werde besonders dann zu einer Gefahr, wenn die Tiere gleichzeitig Neonikotinoiden ausgesetzt sind. Das geht aus einem Experiment hervor, in dem Forscher erstmals gezielt nach einem Kombinationseffekt dieser beiden Stressfaktoren suchten. Details ihrer Ergebnisse schildern Lars Straub vom Schweizer Institut für Bienengesundheit der Universität Bern und Kollegen im Fachblatt »Scientific Reports«.

Neonikotinoide sind weit verbreitete Pflanzenschutzmittel, die eingesetzt werden, um Ernten oder Saatgut gegen Insektenfraß zu schützen. Auch wenn viele dieser Substanzen inzwischen wegen ihrer Umweltgefahr stark reguliert sind und in Deutschland beispielsweise nicht mehr großflächig im Freiland eingesetzt werden dürfen, gelangen sie dennoch immer wieder in die freie Natur oder werden aus belasteten Böden freigesetzt. Die Bienen nehmen sie beim Pollensammeln auf und tragen sie in die Stöcke.

Wie das Team um Lars Straub berichtet, stellte eine ausschließliche Belastung mit Neonikotinoiden zunächst noch kein Problem für das Überleben der Kolonie dar. Erst wenn die Bienen auch noch von Varroa destructor befallen waren, zeigten sich Anzeichen für Krankheit.

Insbesondere die im Herbst schlüpfenden Winterbienen wurden vom doppelten Stress in Mitleidenschaft gezogen. Eigentlich sollen diese größeren und langlebigen Bienen die Kolonie durch den Winter bringen. Unter Varroabefall und Neonikotinoidbelastung waren sie jedoch kleiner als normal, zudem starben viele von ihnen früher als unbelastete Kontrollbienen. Die Neonikotinoide wirkten dadurch mit mehrmonatiger Verzögerung.

Dass sich die beiden Stressfaktoren in ihrer schädlichen Wirkung gegenseitig verstärken, vermuten Experten bereits seit mehreren Jahren. Allerdings habe bislang ein experimenteller Nachweis gefehlt, so die Forscher um Straub. Über welchen Mechanismus die beiden Stressfaktoren ihre kombinierte Wirkung entfalten, ist noch offen. Möglicherweise gelingt es den Bienen, die von Varroa befallen sind, nicht mehr so gut, Fremdstoffe unschädlich zu machen.

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