Planetenforschung: Ein dynamischer Wirbel am Venussüdpol
© ESA/VIRTIS-VenusX/INAF-IASF/LESIA-Obs. de Paris (G. Piccioni, INAF-IASF)
Dynamischer Wirbel am Venussüdpol
Sehr variabel und dynamisch erscheint der Wolkenwirbel am Südpol der Venus. Die Aufnahmen entstanden mit dem abbildenden Infrarotspektrometer VIRTIS an Bord der europäischen Raumsonde Venus Express.
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Schon im Jahre 1974 übermittelte die US-Raumsonde Mariner 10 bei einem Vorbeiflug die ersten Ultraviolettbilder der Wolkendecke der Venus, auf ihnen fanden sich Hinweise auf Sturmwirbel an beiden Polen. Aber sie konnten von nachfolgenden Raumsonden wie Pioneer Venus Orbiter nur unvollständig ins Visier genommen werden. Seit dem Jahr 2006 umkreist die europäische Raumsonde Venus Express unseren inneren Nachbarplaneten und konzentriert sich dabei auf die Erkundung der Atmosphäre und ihres Wettergeschehens.
Neue Bilder des Venussüdpols im Infraroten, die mit dem abbildenden Infrarotspektrometer VIRTIS entstanden, zeigen nun, dass der Wirbel am Südpol sehr variabel ist und nicht exakt auf den geografischen Südpol zentriert ist. Stattdessen befindet sich das Zentrum des Wolkenwirbels in einem Abstand von drei Grad zum geografischen Pol und driftet innerhalb eines Zeitraums von fünf bis zehn Tagen um ihn herum. Auch die Form des Wirbels ist sehr variabel, sie verändert sich drastisch innerhalb nur eines Erdtags. Mal erscheint der Wirbel S-förmig, mal wie eine "8" und mal völlig unregelmäßig. Diese Veränderungen gehen auf Scherströmungen zurück, die sich durch unterschiedliche Windgeschwindigkeiten und veränderliche Windrichtungen in der Nähe des Südpols ergeben.
Venus ist in unserem Sonnensystem derjenige Planet mit der langsamsten Rotation: Eine Umdrehung dauert 243 Tage. Zudem rotiert der Planet in Gegenrichtung zum Rotationssinn der Erde, also retrograd. Viel höher sind hingegen die Strömungsgeschwindigkeiten der Venusatmosphäre. Sie bewegt sich in ihren höheren Schichten ebenfalls retrograd und umläuft innerhalb von nur fünf Tagen einmal den gesamten Planeten. Dieses Verhalten wird als "Superrotation" bezeichnet.
Nahe der Venuspole nimmt die Windgeschwindigkeit stark ab, um schließlich in Gegenrichtung, also prograd, zu strömen, wodurch sich in der Folge die polaren Wirbel bilden. Venus Express kann wegen der Lage und Form ihrer Umlaufbahn um Venus nur den Südpol ständig unter Beobachtung halten, am Nordpol sind nur Blicke aus großer Entfernung mit geringer Bildauflösung möglich. Dennoch scheint sich auch der nördliche Wirbel ähnlich zu verhalten.
Verglichen mit der Erdatmosphäre ist die Venusatmosphäre sehr dicht, und sie besteht zu rund 97 Prozent aus Kohlendioxid. Damit erzeugt sie einen extremen Treibhauseffekt, welcher die Oberflächentemperatur des Planeten auf durchschnittlich 450 Grad Celsius steigen lässt. Somit befindet sich ständig eine große Menge an Wärmeenergie in der Gashülle der Venus, welche die großräumige Zirkulation antreibt.
Die Sonde Venus Express befindet sich in einem exzellenten technischen Zustand und kann den Planeten noch für weitere Jahre im Blick behalten. Erst kürzlich verlängerte die Europäische Weltraumbehörde ESA den Betrieb der Sonde bis mindestens zum Jahr 2014. Somit dürften noch weitere Einsichten in das Wettergeschehen des "heißen Höllenplaneten" gelingen.
Tilmann Althaus
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