Pulsare: Ein exotisches Sterntrio mit Millisekundenpulsar
Pulsare gehören zu den extremsten bekannten Himmelskörpern. Sie haben einen Durchmesser von nur ungefähr 20 Kilometern, sind aber gleichzeitig massereicher als unsere Sonne. Pulsare entstehen als Überreste von gewaltigen Supernova-Explosionen massereicher Sterne. Die am schnellsten rotierenden Neutronensterne werden als Millisekundenpulsare bezeichnet. Man nimmt an, dass es sich dabei um alte Neutronensterne mit einem starken Magnetfeld handelt, die durch die Aufnahme von Masse und Drehmoment von einem Begleitstern in einem Doppelsternsystem auf eine sehr schnelle Eigendrehung beschleunigt worden sind. Heute kennt man rund 200 solcher Millisekundenpulsare, die nur zwischen 1,4 und 10 Millisekunden für eine komplette Umdrehung benötigen. Man findet sie sowohl in der flachen Scheibe unserer Milchstraße wie auch in Kugelsternhaufen.
Seit der Entdeckung des ersten Millisekundenpulsars im Jahr 1974 haben sich theoretische Astrophysiker damit beschäftigt, die Entstehung dieser Pulsare durch Massenübertrag und andere Wechselwirkungen in Doppelsternsystemen nachzuvollziehen. Eine überraschende neue Entdeckung zeigt jetzt einen Millisekundenpulsar innerhalb eines Dreifachsternsystems mit zwei Weißen Zwergen als Begleitsternen. Sie liefert den Stellarastronomen eine einmalige Chance, mit ihren Modellrechnungen die Entstehung eines solchen Systems zu erklären.
"Das ist ein wirklich erstaunliches System mit gleich drei degenerierten Sternen in der Endphase ihrer Entwicklung. Es hat drei Phasen von Massenübertragung und eine Supernova-Explosion überlebt und ist dabei dynamisch stabil geblieben", sagt Thomas Tauris, theoretischer Astrophysiker und Erstautor der Studie. "Pulsare mit Planeten hat man sind vorher bereits entdeckt und in den vergangenen Jahren haben meine Kollegen aus der beobachtenden Astronomie eine ganze Reihe von Pulsaren mit besonderen Eigenschaften in Doppelsternsystemen entdeckt, die von der Theorie her ihren Ursprung in einem Dreifachsystem haben sollten. Aber dieser neue Millisekundenpulsar ist nun der erste, der wirklich mit zwei Weißen Zwergen als Begleitsternen gefunden werden konnte."
Der neue Millisekundenpulsar in einem Dreifachsternsystem, mit der Bezeichnung J0337+1715, wurde in amerikanisch-europäischer Zusammenarbeit unter der Leitung von Scott Ransom vom amerikanischen National Radio Astronomy Observatory (NRAO) entdeckt. Das System befindet sich in Richtung des Sternbilds Stier (Taurus) in einer Entfernung von ungefähr 4000 Lichtjahren. Es liegt in der Scheibe unserer Milchstraße, und nicht etwa in einem Kugelsternhaufen. Aus diesem Grund kann es auch nicht einfach durch Wechselwirkung von Sternen in einer dichten Sternumgebung (wie im Inneren von Kugelsternhaufen) erklärt werden. Während der vergangenen sechs Monate haben Thomas Tauris und Ed van den Heuvel ein halbanalytisches Modell entwickelt, um die Entstehung dieses Systems zu erklären. Eines der Schlüsselresultate ihrer Arbeit liegt darin, dass sie aus den beobachteten Eigenschaften ableiten können, dass beide Weißen Zwerge tatsächlich innerhalb dieses Systems gebildet wurden.
Dreifachsternsysteme werden im Rahmen ihrer Entwicklung oft dynamisch unstabil, wobei eine der Komponenten aus dem System herausgeschleudert wird. Damit wurde es eine größere Herausforderung, eine Modelllösung zu finden, bei der das System über seine gesamte Entwicklung inklusive der Supernova-Explosion dynamisch stabil bleibt. "Ein interessanter Aspekt unserer Forschungsarbeit liegt darin, dass eine der Entwicklungsphasen eine gemeinsame Hülle aufwies, wobei beide Vorläufersterne der Weißen Zwerge durch Reibungskräfte in die Hülle des massereichen Sterns gezogen wurden", sagt Ed van den Heuvel. "Dadurch wurden ihre Bahnradien deutlich verkleinert, und sie wurden durch die nachfolgende Explosion nicht aus ihrer Bahn geschleudert."
"Wir können jetzt eine ganze Reihe von Tests zur Sternentwicklung auf dieses neue System anwenden und sogar Vorhersagen über seine dreidimensionale Geschwindigkeitsverteilung machen, die innerhalb der nächsten Jahre messbar werden dürfte", schließt Thomas Tauris. "Dadurch wird es möglich, auf die Masse des explodierenden Sterns zurückzuschließen."
MPIfR / Red.
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