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Pulsare: Verjüngungskur für einen Pulsar

Er dreht sich weniger als einmal pro Sekunde um sich selbst: der langsamste bekannte Röntgenpulsar in einem Kugelsternhaufen. Doch das Objekt in der Andromedagalaxie scheint dank eines Materie spendenden Begleitsterns wieder zu beschleunigen, berichten die Entdecker.
Pulsare für eine hochpräzise Zeitmessung

In den meisten Bereichen des Lebens interessieren sich die Menschen für das Schnellste, Größte oder Stärkste. In der Astronomie können aber auch die kleinen Extreme große Wellen schlagen. So fand nun ein Forscherteam um Ivan Zolotukhin von der Lomonossow-Universität Moskau (MSU) den Röntgenpulsar mit der langsamsten Rotationsperiode in einem Kugelsternhaufen. Das Objekt befindet sich in unserer Nachbargalaxie Andromeda und benötigt 1,2 Sekunden für eine Drehung um die eigene Achse. Das erscheint zunächst nicht sehr langsam – der bisherige Rekordhalter hatte aber eine mehr als zehnmal kleinere Periode. Der Pulsar, von den Astronomen XB091D genannt, ist wohl Teil eines Doppelsystems und zieht von seinem Begleitstern Materie ab, wodurch sich seine Rotation wieder beschleunigt. Die Entdeckung geht auf Daten des Weltraumobservatoriums XMM-Newton der ESA zurück, das im Röntgenbereich beobachtet.

Pulsare sind die Überreste von sehr massereichen Sternen, die am Ende ihrer Lebenszeit ihre äußeren Hüllen in einer Supernova-Explosion abstoßen. Ihr Kern kollabiert dagegen zu einem extrem kompakten und dichten Neutronenstern, der ein gewaltiges Magnetfeld besitzt und sehr schnell rotiert. Dabei stößt er enge Bündel von Radiostrahlung aus, die auf Grund seiner Eigenbewegung wie das Licht eines Leuchtturms über die Umgebung streichen. Liegt die Erde im Strahlungsfeld eines solchen Objekts, nehmen wir es als pulsierende Quelle wahr – daher die Bezeichnung Pulsar. Mit zunehmendem Alter verliert er zunächst an Rotationsenergie und verlangsamt sich bis auf Perioden von wenigen Sekunden. Doch die Tatsache, dass Astronomen einige hundert Pulsare mit Rotationsperioden im Millisekundenbereich gefunden haben, lässt darauf schließen, dass die Objekte auch wieder beschleunigen können. Dies geschieht wohl, wenn sie einen anderen Stern »einfangen«: Der Neutronenstern zieht dann Materie von seinem Begleiter ab, die beim Sturz auf seine Oberfläche für zusätzlichen Drehimpuls sorgt. Da er in diesem Fall auch hochenergetische Röntgenstrahlung abgibt, nennen wir ihn einen Röntgenpulsar.

Allerdings währt die Phase der beschleunigten Rotation nach galaktischen Maßstäben sehr kurz: Nur einige Hunderttausend bis wenige Millionen Jahre reicht der Treibstoffvorrat des Begleitsterns. Deshalb ist es ein glücklicher Zufall, dass das Forscherteam mit XB091D nun einen solchen Röntgenpulsar beobachten konnte – der sich zudem noch am Beginn seiner »Verjüngungskur« befindet: Seinen Begleitstern fing er wohl vor weniger als einer Million Jahren ein. Aus diesem Grund konnte er noch nicht stark beschleunigen, so dass seine Rotationsperiode mit mehr als einer Sekunde sehr groß ist. Nach Berechnungen der Forscher soll er aber in den nächsten 50 000 Jahren bis auf eine Periode von wenigen Millisekunden zulegen. Diese Entdeckung liefere ein lang gesuchtes fehlendes Puzzleteil für das Verständnis von Pulsaren, so die Astronomen.

Ein extrem langsamer Pulsar | Das Objekt XB091D in der Andromedagalaxie ist der langsamste bekannte Röntgenpulsar in einem Kugelsternhaufen.

Bemerkenswert ist auch das direkte Umfeld des Objekts: Er befindet sich in der Andromedagalaxie, also in 2,5 Millionen Lichtjahren Entfernung, mitten im sehr dichten Kugelsternhaufen namens B091D. In einem Volumen mit dem Durchmesser von 90 Lichtjahren konzentrieren sich hier Millionen Sterne. Dies ermöglichte es dem Pulsar wohl erst, seinen Begleitstern einzufangen. »In unserer Galaxis wird kein einziger so langsamer Röntgenpulsar in den 150 bekannten Kugelsternhaufen beobachtet, weil ihre Kernregionen nicht groß und dicht genug sind, um enge Doppelsysteme in genügend hoher Anzahl zu bilden«, erklärt Ivan Zolotukhin. Sein Team geht deshalb davon aus, dass der Sternhaufen B091D das Überbleibsel einer ehemaligen Zwerggalaxie ist, die vor langer Zeit von Andromeda geschluckt wurde. Somit ließe sich die ungewöhnlich hohe Dichte und das große Volumen seiner Kernregion erklären.

Für ihre Untersuchungen verwendeten die Forscher Beobachtungsdaten aus dem Archiv des Weltraumobservatoriums XMM-Newton, das seit dem Jahr 2000 viele Röntgenquellen am Himmel überwacht. Die Suche nach den wenigen relevanten Photonen in dem gigantischen Datensatz war dabei alles andere als einfach, wie Zolotukhin schildert: »Die Detektoren von XMM-Newton registrieren nur alle fünf Sekunden ein Photon dieses Pulsars. Deshalb lässt sich die Suche nach Pulsaren in den umfangreichen Daten von XMM-Newton mit der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen vergleichen.« Hierfür entwickelten die Wissenschaftler neue mathematische Werkzeuge, die auch außerhalb der Astronomie Verwendung finden könnten.

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