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News: Ein Film für dunkle Stunden

Haben Sie ihn schon hervorgeholt, den ständigen Begleiter besonderer Gelegenheiten? Gerade zu den Feiertagen, wenn der ganze Besuch ins Haus strömt, wird er wieder aus dem Schrank hervorgekramt - der Fotoapparat. Nur schlecht, wenn die Wohnung in gemütliches Kerzenlicht getaucht ist und der Blitz fehlt. Dann wird es nichts mit fotografieren - es sein denn, Sie haben noch ein wenig Geduld. Denn Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, das Filme deutlich lichtempfindlicher macht als bisher. Dazu versetzten sie die Silber-Emulsion, welche sich auf den Filmstreifen befindet, mit Formiat-Ionen. Das Ergebnis ist erstaunlich, denn die höhere Lichtempfindlichkeit geht nicht auf Kosten der Korngröße.
Drückt man auf den Auslöser eines Fotoapparates, öffnet sich seine Blende und Photonen strömen durch die Kameralinse. Sie kollidieren mit Silberionen, die in Form von Silberbromid die lichtempfindliche Schicht auf dem Filmstreifen bilden. Beim Aufprall löst jedes Photon eine Kettenreaktion aus: Zunächst entfernen sie Elektronen aus ihrem Verband und es bleiben positive "Löcher" auf der Schicht zurück. Doch ihre Freiheit ist kurz, denn gemeinsam mit den Silberionen bilden sie elementares Silber. Wieviele Silberatome dabei entstehen, hängt von der Anzahl der Photonen ab, die auf die jeweilige Stelle des Filmstreifens auftreffen. Daher bildet sich auf dem Film das gleiche Muster ab, das der Fotograf durch den Sucher wahrnimmt. Allerdings ist das "Filmbild" negativ, denn Stellen auf die viele Photonen treffen (also helle Bereiche in der Umgebung), sind auf dem Film dunkel und umgekehrt.

Theoretisch sollte durch jedes Photon, das durch die Blende eintritt, ein Silberatom entstehen. Doch achtzig Prozent aller freigesetzten Elektronen fallen, bevor sich ein Silberatom bilden konnte, in ein positives Loch zurück. Das beeinträchtigt die Sensitivität des Films ganz erheblich und die Kamerablende muß deutlich länger geöffnet bleiben, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Nun gibt es zwar lichtempfindlichere Filme, doch bei diesen enthält die lichtempfindliche Schicht größere Salzkörnchen. Dadurch kommt die gröbere Körnung bei diesen Filmen zustande, die manchmal erwünscht, häufig aber auch lästig ist.

Jacqueline Belloni und ihre Kollegen von der Université Paris-Sud und das AGFA-Gevaert N.G. R&D Laboratory in Orsay, Frankreich, brachten, gestützt auf Untersuchungen mit unterschiedlichen Ionen, Formiat-Ionen in die Silberbromid Kristalle ein. Dabei stellten sie fest, daß die negativ geladenen Formiat-Ionen die positiven Löcher besetzten, welche durch die Photonen entstanden waren. Dadurch konnten die Elektronen nicht mehr zurückfallen und die Ausbeute an Silberatomen war deutlich höher. Zusätzlich setzte das Formiat weitere Elektronen frei, aus denen dann zusätzlich Silberatome entstanden. "Wir hatten eine Ausbeute von zwei Silberatomen für jedes Photon. Ohne Formiat waren es 0,2 Atome pro Photon", sagt Belloni (nature vom 23. Dezember 1999, Volltext).

Die Wissenschaftler hoffen, daß diese Arbeit zur Entwicklung von schnelleren Filmen führt, bei denen dann keine Qualitätsverluste durch grobere Körnung auftreten.

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