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Schulbarometer: Ein Fünftel der Schülerinnen und Schüler fühlt sich psychisch belastet

Erstmals wurde in einer Umfrage der Robert Bosch Stiftung auch die psychische Gesundheit von Schülerinnen und Schülern in Deutschland untersucht. Die Ergebnisse sind Besorgnis erregend.
Traurige Jugendliche steht auf einem Gang in der Schule, im Hintergrund andere Schüler
Seit der Coronapandemie leiden Kinder und Jugendliche vermehrt unter psychischen Auffälligkeiten.

21 Prozent sind psychisch belastet, 27 Prozent empfinden ihre Lebensqualität als gering, 39 Prozent machen sich Sorgen wegen der weltweiten Kriege: Das sind die Ergebnisse einer bundesweiten repräsentativen Befragung von 1530 Schülerinnen und Schülern, die zwischen 8 und 17 Jahre alt sind. Seit 2019 veröffentlicht die Robert Bosch Stiftung das »Deutsche Schulbarometer«, das die Situation an deutschen Schulen untersucht. Nun wurden erstmals auch Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern zu ihrem psychischen und schulischen Wohlbefinden befragt. Die Ergebnisse hat die Stiftung am 20. November 2024 zusammen mit Handlungsempfehlungen veröffentlicht.

Etwa ein Fünftel der befragten Schülerinnen und Schüler leidet demnach unter psychischer Belastung: Zwölf Prozent beschrieben sich als psychisch auffällig, während weitere neun Prozent angaben, im Grenzbereich zu psychischen Auffälligkeiten zu liegen. Die jeweilige Schulform der Kinder schien dabei keine Rolle zu spielen, allerdings berichtete der Teil der Befragten, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben, vermehrt von Sorgen und Ängsten: Unter ihnen gaben 28 Prozent an, psychische Auffälligkeiten zu haben. Ebenso ließ sich eine höhere Belastung bei Personen feststellen, deren Eltern finanzielle Schwierigkeiten haben (insgesamt 32 Prozent). Vor der Coronapandemie beschrieben sich in der so genannten COPSY-Umfrage nur etwa 17,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen als psychisch belastet.

Von den nun befragten Schülerinnen und Schüler bewerteten 66 Prozent ihre Lebensqualität als mittel, 27 Prozent sogar als gering. Zwar hat sich der Wert im Vergleich zu den Pandemiejahren verbessert (damals empfanden 48 Prozent ihre Lebensqualität als gering), doch vom Niveau vor 2020 (15 Prozent) ist man noch weit entfernt. Auch in dieser Hinsicht scheinen Kinder aus Familien mit geringem Einkommen (37 Prozent) oder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (45 Prozent) stärker belastet.

Die Robert Bosch Stiftung fragte die Kinder und Jugendlichen darüber hinaus, welche Sorgen sie plagen. Die Hauptsorge der Befragten sind die weltweit tobenden Kriege (39 Prozent), gefolgt von schulischem Leistungsdruck (26 Prozent). Auch die Klimakrise (25 Prozent) und ihre persönliche Zukunft (20 Prozent) treibt Schülerinnen und Schüler um. 14 Prozent gaben zudem an, sich oft darüber Sorgen zu machen, dass Menschen wegen ihrer Herkunft oder Hautfarbe ungerecht behandelt werden. Auch das Thema Geld (zehn Prozent) und Einsamkeit (neun Prozent) bereitet den jungen Menschen Probleme.

All das zeigt eine hohe psychische Belastung der Kinder und Jugendlichen in Deutschland an. Das haben auch ihre Eltern gemerkt. 24 Prozent der befragten Erziehungsberechtigten glauben, dass ihr Kind im vergangenen Jahr deswegen professionelle Hilfe benötigt hätte. Allerdings sind Therapieplätze rar: Derzeit beträgt die durchschnittliche Wartezeit für einen Therapiebeginn etwa fünf Monate. Wichtig sei es deshalb, offene therapeutische Hilfsangebote an Schulen zu schaffen und die Eltern und Kinder darauf aufmerksam zu machen.

Im Schulbarometer wird allerdings auch deutlich, dass sich die Befragten in der Schule nicht besonders wohl fühlen. 20 Prozent gaben an, ein geringes schulisches Wohlbefinden zu haben, 71 Prozent bewerteten es als »mittel«. Verstärkt äußert sich das Unwohlsein bei Kindern aus Familien mit geringem Einkommen sowie bei Mädchen und Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 17 Jahren. Eine wichtige Rolle spielen für die Befragten insbesondere gute Beziehungen zu Mitschülern und Lehrkräften.

Daher hat die Robert Bosch Stiftung Maßnahmen untersucht, um das Schulklima zu verbessern. Denn Kinder und Jugendliche verbringen sehr viel Zeit in der Schule – damit sei es vernünftig, dort anzusetzen, um das Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler zu steigern, heißt es in der Studie. Dafür müsse unter anderem die Unterrichtsqualität gesteigert werden: Schülerinnen und Schüler brauchen regelmäßige Rückmeldungen der Lehrkräfte, aus denen bei Bedarf individuelle Förderkonzepte folgen sollen. Zudem wird dazu geraten, vermehrt »Klassenleitungsstunden« einzurichten, in denen die Kinder schulbezogene Probleme besprechen und lösen können.

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